Entscheidungsstichwort (Thema)

Zurückweisung einer sofortigen Beschwerde eines Betreibers einer Schank- und Speisewirtschaft durch das zuständige Gericht im Insolvenzverfahren

 

Normenkette

InsO § 34 Abs. 1, 4, § 287 Abs. 1; ZPO §§ 567, 569-570

 

Verfahrensgang

AG Berlin-Charlottenburg (Beschluss vom 04.11.2009; Aktenzeichen 36s IN 4120/09)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Amtsgerichts Charlottenburg vom 4. November 2009 – 36s IN 4120/09 – wird auf seine Kosten zu einem Beschwerdewert von 7.000,– EUR zurückgewiesen.

 

Tatbestand

I.

Der Antragsteller hat mit dem Schriftsatz seiner Verfahrensbevollmächtigten vom 14. September 2009 (Bl. 1-5) die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über sein Vermögen als Regelinsolvenzverfahren gemäß §§ 27ff InsO beantragt. Gleichzeitig hat der Antragsteller Restschuldbefreiung gemäß § 287 Abs. 1 InsO sowie die Stundung der Verfahrenskosten gemäß § 4a InsO beantragt.

Der Antragsteller betrieb eine Schank- und Speisewirtschaft und war alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer mit 50% der Geschäftsanteile.

Gegen den Antragsteller werden von vier Gläubigern Forderungen in Höhe von insgesamt 47.564,08 EUR geltend gemacht.

Zu den Gläubigern gehören auch Krankenkassen bzw. Sozialversicherungsträger mit Forderungen in Höhe von 2.574,41 EUR bzw. 2.735,54 EUR.

Nach dem Hinweis an die Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers vom 23. September 2009 (Bl. 40) hat das Amtsgericht durch Beschluss vom 14. Oktober 2009 – 36s IN 4120/09 – (Bl. 45-49) die Anträge auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens als Regelinsolvenzverfahren, auf Stundung der Verfahrenskosten sowie auf Restschuldbefreiung auf seine Kosten zu einem Verfahrenswert von 7.000,– EUR als unzulässig zurückgewiesen.

Gegen den am 19. Oktober 2009 (Bl. 50) zugestellten Beschluss hat der Antragsteller unter dem 2. November 2009 (Bl. 51) sofortige Beschwerde eingelegt.

Das Amtsgericht hat der sofortigen Beschwerde in dem Beschluss vom 4. November 2009 – 36s IN 4120/09 – (Bl. 59) nicht abgeholfen.

Die Beteiligten erhielten Gelegenheit zur Stellungnahme.

 

Entscheidungsgründe

II.

1.

Die sofortige Beschwerde des Antragstellers ist nach § 34 Abs. 1, 4 InsO in Verbindung mit §§ 567, 569, 570 ZPO zulässig.

2.

Die sofortige Beschwerde des Antragstellers ist aber unbegründet, da sein Antrag auf Durchführung eines Regelinsolvenzverfahrens bereits unzulässig ist.

Folglich sind auch die Anträge auf Stundung der Verfahrenskosten sowie auf Restschuldbefreiung unzulässig und die diesbezügliche Beschwerde unbegründet. Im Einzelnen gilt:

a)

Der Antrag der Antragstellers auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über sein Vermögen als Regelinsolvenzverfahren im Sinne der §§ 27ff insO ist bereits unzulässig, da das Regelinsolvenzverfahren nicht die einschlägige Verfahrensart ist.

Einschlägige Verfahrensart für das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Antragstellers ist vielmehr das Verbraucherinsolvenzverfahren im Sinne von § 304 InsO.

aa)

Das Beschwerdegericht folgt den zu § 304 InsO entwickelten Kriterien.

Danach ist anhand der in § 304 Abs. 1 und 2 InsO genannten Kriterien im Wege einer typisierten Betrachtungsweise ohne eine weitere detaillierte Prüfung zu ermitteln, ob der Anwendungsbereich des Verbraucherinsolvenzverfahrens eröffnet ist (vgl. BGH, Beschluss vom 12. Februar 2009 -IX ZB 215/08–, zitiert nach […]).

Für die Anwendung des Regelinsolvenzverfahrens und gegen die Anwendung des Verbraucherinsolvenzverfahrens können zum Beispiel sprechen eine hohe Anzahl von Gläubigern (vgl. § 304 Abs. 2 InsO), das Bestehen von Forderungen aus Arbeitsverhältnissen (vgl. § 304 Abs. 1 S. 2 InsO), unüberschaubare Vermögensverhältnisse, eine unübersichtliche Verschuldensstruktur in Form von zahlreichen Forderungen in beträchtlicher Höhe, eine selbständige wirtschaftliche Tätigkeit des Schuldners (vgl. § 304 Abs. 1 S. 1 InsO) sowie die Wahrscheinlichkeit von Anfechtungssachverhalten (vgl. Kreft-Landfermann, 5. Aufl. 2008, § 304 InsO Rn. 4-12).

bb)

Die Anwendung der vorgenannten Kriterien auf das vorliegende Verfahren ergibt, dass das Verbraucherinsolvenzverfahren die für den Antrag des Antragstellers allein einschlägige Verfahrensart ist:

Die Anzahl der Gläubiger des Antragstellers ist mit vier Gläubigern überschaubar.

Die Forderungen der zwei Sozialversicherungsträger stammen zwar aus Arbeitsverhältnissen. Das Beschwerdegericht folgt aber der Auffassung, dass nur privatrechtliche Forderungen aus Arbeitsverhältnissen, nicht jedoch Forderungen der Sozialversicherungsträger als „Forderungen aus Arbeitsverhältnissen” im Sinne von § 304 Abs. 1 S. 2 InsO anzusehen sind (vgl. LG Köln, Beschluss vom 25. Juni 2002 -19 T 70/02- = NZI 2002, 505, zitiert nach […]; Kreft-Landfermann, a.a.O., § 304 InsO Rn. 11; anders: BGH, Beschluss vom 22. September 2005 – IX 2B 55/04 –, zitiert nach […]). Diese enge Auslegung des Gesetzes ergibt sich vor dem Hintergrund der Motive und Materialien sowie aus der Entstehungsgeschichte des § 304 InsO (Kreft-Landfermann, a.a.O., § 304 ...

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