Verfahrensgang

AG Sangerhausen (Urteil vom 20.05.2009; Aktenzeichen 1 C 63/08)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das am 20. Mai 2009 verkündete Urteil des Amtsgerichts Sangerhausen teilweise abgeändert: Der Beschluss der Eigentümerversammlung vom 16. Januar 2008 zu Tagesordnungspunkt 3 (Jahresabrechnung für 2006) wird für ungültig erklärt

Die Beigeladene trägt die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens.

Die im Berufungsverfahren entstandenen Gerichtskosten sowie die im Berufungsverfahren angefallenen außergerichtlichen Kosten des Klägers tragen die Beigeladene zu 2/3 und die Beklagten als Gesamtschuldner zu 1/3. Im Übrigen tragen die Beteiligten ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Ferner wird beschlossen:

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf zunächst 2.927,48 EUR festgesetzt. Ab dem Zeitpunkt der Rücknahme der Anschlussberufung am 25.09.2009 beträgt der Streitwert 1.842 EUR.

 

Tatbestand

I.

Die Parteien sind jeweils anteilige Inhaber eines Erbbaurechtsanteils, verbunden mit einem Sondererbbaurecht an dem Grundstück … in …, OT …. Der Kläger wendet sich im Wege der Anfechtungsklage gegen mehrere Beschlüsse der Eigentümerversammlung vom 16.01.2008, die jeweils mit den Stimmen der Beklagten gegen die Stimme des Klägers gefasst worden sind. Unter TOP 3 hat die Eigentümerversammlung eine als „Betriebskostenabrechnung” bezeichnete Abrechnung als Jahresabrechnung für 2006 beschlossen. Unter TOP 4 hat die Eigentümerversammlung rückwirkend einen Wirtschaftsplan für 2007 beschlossen. Unter TOP 5 hat sie einen – identischen – Wirtschaftsplan 2008 beschlossen. Beide Wirtschaftspläne erfassen inhaltlich jeweils nur die Betriebskosten.

Für das Jahr 2006 hat die Verwalterin eine Abrechnung in der Weise vorgenommen, dass den einzelnen Eigentümern nur jeweils eine als „Betriebskostenabrechnung” bezeichnete Abrechnung erstellt worden ist, aus welcher sich lediglich die auf sie entfallenden Einzelkosten und nur zu einigen Kostenpositionen auch die Gesamtkosten des Hauses ergeben. Die Umlage ist teilweise nach Wohnflächenanteil, teilweise auch nach der Anzahl der Personen sowie hinsichtlich der Heizkosten durch eine beigefügte Abrechnung erfolgt, wobei unstreitig ist, dass die auf den Kläger entfallenden Verbrauchswerte nur geschätzt worden sind.

Der Kläger hat geltend gemacht, die Abrechnung sei schon deshalb formell nicht ordnungsgemäß, weil keine Trennung zwischen Gesamtabrechnung und Einzelabrechnung vorgenommen und eine Gesamtabrechnung überhaupt nicht vorgelegt worden sei. Zudem entspreche der angewandte Verteilungsschlüssel nicht den gesetzlichen Regelungen, denn nach § 16 Abs. 1, Abs. 2 S. 1 WEG sei in Ermangelung einer abweichenden Bestimmung in der Teilungsordnung eine Aufteilung nach Miteigentumsanteilen vorzunehmen. Auch sei die Verwalterin zu einer Schätzung der Verbrauchskosten nicht befugt gewesen, da er ihr die Ablesewerte rechtzeitig, erstmalig Mitte 2007 und letztmalig nochmals am Tag der Eigentümerversammlung, mitgeteilt habe. Es treffe auch nicht zu, dass er vergangenen Abrechnungen nicht widersprochen habe; vielmehr habe er der Abrechnung 2005 durch Schreiben vom 03.01.2007 widersprochen.

Die Beklagten haben sich damit verteidigt, die Abrechnung in der vorliegenden Weise beruhe auf einem entsprechenden Beschluss der Eigentümerversammlung vom 06.03.2000, der auf Wunsch des Klägers gefasst worden sei. Danach sollte, da alle übrigen Wohnungen vermietet seien, nur in Form einer Betriebskostenabrechnung Rechnung gelegt werden. So sei auch in allen nachfolgenden Jahren verfahren worden, ohne dass der Kläger dem widersprochen habe. Mit der Betriebskostenabrechnung 2006 sei ihm auch das als Anlage B 6 vorgelegte Zahlenkonvolut übersandt worden, aus dem sich die Ablesedaten und Übersichten über die weiteren Kosten ergeben hätten. Zu einer Schätzung der Verbrauchskosten sei die Verwalterin genötigt gewesen, da der Kläger den Zutritt zu seiner Wohnung verweigert und die Ablesedaten auch nicht rechtzeitig mitgeteilt habe.

Das Amtsgericht hat die Klage hinsichtlich des Beschlusses zu TOP 3 abgewiesen. Es hat zur Begründung die Auffassung vertreten, eine Abänderung des in § 16 Abs. 1 S.2 WEG bestimmten Verteilungsschlüssels sei im Wege der Vereinbarung, auch durch konkludentes Handeln, möglich. Unerheblich sei, dass dem Protokoll der Versammlung vom 06.03.2000 der von den Beklagten behauptete Änderungsbeschluss nicht zu entnehmen sei, da unstreitig geblieben sei, dass der veränderte Verteilungsschlüssel über Jahre unbeanstandet verwendet worden sei. Dem stehe auch nicht entgegen, dass es zur Wirksamkeit einer abändernden Vereinbarung nach § 10 Abs. 3 WEG deren Eintragung im Grundbuch bedürfe, denn es habe lediglich hinsichtlich anderer Wohnungen ein Eigentumswechsel stattgefunden, während der Kläger auch im Jahr 2000 schon Eigentümer gewesen sei.

Hinsichtlich des Beschlusses zu TOP 4 (Wirtschaftsplan 2007) hat es dessen Nichtigkeit festgestellt. Den Beschluss zu TOP 5 (W...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge