Verfahrensgang

AG Braunschweig (Entscheidung vom 03.12.2010; Aktenzeichen 8 Ls 114 Js 38199/05)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde des Freigesprochenen vom 10.12.2010 wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichts Braunschweig vom 03.12.2010 (Aktenzeichen: 8 Ls 114 Js 38199/05) wie folgt abgeändert:

In der Strafsache gegen xxx werden die aufgrund des vollstreckbaren Urteils des Landgerichts Braunschweig vom 21.01.2010 (Geschäftsnummer: 4 Ns 57/09) von der Landeskasse dem Freigesprochenen zu erstattenden notwendigen Auslagen auf

11729,73 EUR

nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 21.04.2010 festgesetzt.

Im Übrigen wird die sofortige Beschwerde als unbegründet verworfen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Freigesprochene. Jedoch wird die Beschwerdegebühr um 60% ermäßigt; die dem Freigesprochenen in diesem Beschwerdeverfahren entstandenen notwendigen Auslagen werden der Staatskasse zu 60% auferlegt.

 

Gründe

I.

Dem Freigesprochenen waren durch Anklage der Staatsanwaltschaft Braunschweig vom 31.03.2006 zwei vorsätzliche gefährliche Eingriffe in den Straßenverkehr, ein vollendeter und ein versuchter Versicherungsbetrug durch zwei fingierte Verkehrsunfälle und Abrechnung der dadurch entstandenen Schäden gegenüber seiner Versicherung zur Last gelegt worden,

Durch Urteil des Amtsgerichts Braunschweig vom 28.03.2007 wurde der Freigesprochene erstinstanzlich zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 1 Jahr und 4 Monaten mit Bewährung verurteilt.

Gegen das Urteil des Amtsgerichts Braunschweig vom 28.03.2007 legten sowohl der Freigesprochene als auch die Staatsanwaltschaft Berufung ein. Durch Urteil des Landgerichts Braunschweig vom 09.07.2008 wurde die Berufung des Angeklagten verworfen. Auf die Berufung der Staatsanwaltschaft wurde dem Verurteilten zusätzlich zur erstinstanzlich verhängten Strafe die Fahrerlaubnis entzogen und eine Sperre für die Neuerteilung derselben von 9 Monaten verhängt.

Auf die Revision des Freigesprochenen hob das Oberlandesgericht Braunschweig das Urteil des Landgerichts Braunschweig vom 09.07.2008 durch Beschluss vom 28.01.2009 auf und verwies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an eine andere Kammer des Landgerichts Braunschweig zurück.

Durch Urteil des Landgerichts Braunschweig vom 21.01.2010 wurde der Freigesprochene sodann freigesprochen und die Verfahrenskosten aller Instanzen und die dem Angeklagten entstandenen notwendigen Auslagen der Staatskasse auferlegt. Dieses Urteil ist seit dem 25.03.2010 rechtskräftig.

Mit dem angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschluss vom 03.12.2010, der dem Verteidiger des Freigesprochenen am 08.12.2010 zugestellt worden ist, hat das Amtsgericht Braunschweig die dem Freigesprochenen zu erstattenden notwendigen Auslagen auf 8.412,71 EUR nebst Zinsen festgesetzt. Beantragt hatte der Freigesprochene die Erstattung von 14.023,45 EUR. Mit Schriftsatz vom 10.12.2010, der am 14.12.2010 beim Amtsgericht Braunschweig eingegangen ist, legt er deshalb Erinnerung und sofortige Beschwerde gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss ein.

Der Bezirksrevisor bei dem Landgericht Braunschweig beantragt,

die Beschwerde des Freigesprochenen als unbegründet zu verwerfen.

II.

1.

Der Schriftsatz vom 10.12.2010 ist als sofortige Beschwerde gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichts Braunschweig vom 03.12.2010 auszulegen, Hierbei handelt es sich gemäß §§ 464b S. 3 StPO, 104 Abs. 3 ZPO, 11 Abs. 1 RPflG um den statthaften Rechtsbehelf, den der Freigesprochene erkennbar einlegen wollte.

Diese sofortige Beschwerde ist zulässig. Insbesondere wurde sie innerhalb der Frist des § 311 Abs. 2 StPO eingelegt.

2.

Sie ist auch teilweise begründet.

a)

Entgegen den Ausführungen im Kostenfestsetzungsbescheid kann der Verteidiger des Freigesprochenen für einen im zweiten Berufungsverfahren wahrgenommenen, von einem gerichtlich bestellten Sachverständigen anberaumten Ortstermin eine Terminsgebühr von 250,00 EUR nebst MwSt. gemäß Nr. 4102 VV RVG verlangen. Zwar sieht Nr. 4102 VV RVG eine Terminsgebühr für die Wahrnehmung eines von einem gerichtlich bestellten Sachverständigen anberaumten Termins nicht vor. Vergütet werden nach dem Wortlaut dieser Vorschrift nur die Teilnahme an richterlichen Vernehmungen und Augenscheinseinnahmen, Vernehmungen durch die Staatsanwaltschaft oder eine andere Strafverfolgungsbehörde, Terminen außerhalb der Hauptverhandlung, in denen über die Anordnung oder Fortdauer der Untersuchungshaft oder der einstweiligen Unterbringung verhandelt wird, Verhandlungen im Rahmen des Täter-Opfer-Ausgleichs sowie Sühneterminen nach § 380 StPO. Auf die Wahrnehmung anderer außergerichtlicher Termine ist diese Vorschrift entgegen einer in der Literatur vertretenen Auffassung (vgl. Burhoff, RVQ Straf- und Bußgeldsachen, 2. Aufl. 2007, Nr. 4102 VV Rn. 45) aber analog anwendbar (vgl. LG Offenburg, Beschluss vom 31.05.2006 - 1 KLs 16 Js 10008/05, NStZ-RR 2006, 358 ff.; AG Freiburg (Breisgau), Beschluss vom 21.12.2010 - 20 Ls 620 Js 8165/08...

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