Leitsatz (amtlich)

1. Die bei einer Vorerbschaft angefallene Erbschaftssteuer ist eine außerordentliche Last im Sinne des § 2126 BGB.

2. Wird die Steuer erst nach dem Eintritt der Nacherbfolge festgesetzt, muss der Nacherbe den Vorerben von dieser Verbindlichkeit freistellen.

3. Tritt die Nacherbfolge mit dem Tod des Vorerben ein, muss der Nacherbe dessen Erben freistellen.

 

Normenkette

BGB §§ 2124, 2126; ErbStG § 20

 

Tenor

Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin von der vom Finanzamt D-Süd durch Steuerbescheid vom ##.7.2010, Steuernummer ###/#####/####, festgesetzten Erbschaftsteuer in Höhe von 57.042 € freizustellen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 10 % und die Beklagte zu 90 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die Klägerin jedoch nur gegen Sicherheitsleistung, und zwar hinsichtlich der Freistellung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 65.000 € und hinsichtlich der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages. Die Klägerin darf die gegen sie gerichtete Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des insgesamt gegen sie vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Der Beklagten bleibt als Nacherbin die Beschränkung ihrer Haftung auf dasjenige vorbehalten, was sie aus der Erbschaft der am ##.8.20## verstorbenen C einschließlich der ihr gegen die Klägerin als Vorerbin zustehenden Ansprüche erlangt hat. Dieser Vorbehalt betrifft nicht die Kostenentscheidung.

 

Tatbestand

Mit notariellem Testament vom ##.5.19## setzte Frau C ihre Schwester N G zu ihrer "Erbin, und zwar als befreite Vorerbin" ein. Für den Fall des Vorversterbens ihrer Schwester setzte sie die Beklagte und zwei eingetragene Vereine zu gleichen Teilen als Ersatzerben und im Übrigen als Nacherben ein. Des Weiteren ordnete sie Testamentsvollstreckung an. Dem Testamentsvollstrecker machte sie zur Auflage,

"meine als Erbin bedachte Schwester [...] aus der Vorerbschaft so zu versorgen, dass sie unter Einbeziehung ihrer eigenen Rente jederzeit die Wohnung nebst Verpflegung im Haus M bezahlen kann und ihr monatlich ein Taschengeld von DM 1.000,00 [...] darüber hinaus verbleibt. Für den Fall, dass sie zum Pflegefall wird, ist sie aus meinem Nachlass in jedem Fall so zu versorgen, dass alle Pflegekosten unter Einbeziehung ihrer eigenen Mittel abgedeckt werden und ihr überdies ebenfalls ein Taschengeld von DM 1.000,00 [...] monatlich verbleibt. Soweit die Erträgnisse aus meinem Vermögen dazu nicht ausreichen, setzte ich die weitergehenden Versorgungsleistungen als Voraus-Vermächtnis für meine Schwester N aus und ist in diesem Umfang erforderlichenfalls die Substanz meines Nachlasses anzugreifen."

Unter dem #.3.20## errichtete Frau G ihrerseits ein handschriftliches Testament, wonach nach ihrem Tod und dem Tod ihrer Schwester die Klägerin ihre Alleinerbin sein sollte. Unter dem ##.5.20## ließ die damalige Betreuerin der Frau C für diese ein notarielles Schenkungsversprechen beurkunden. Darin erklärte sie vorab, während sie - Frau C - noch sehr vermögend sei, würden die noch vorhandenen - geringen - Ersparnisse ihrer in einem Seniorenheim wohnenden Schwester durch Zahlung der Heimkosten kurzfristig aufgebraucht sein. Sie fühle sich deshalb verpflichtet, ihrer Schwester als ihrer einzigen nahen Verwandten zu helfen und werde dieser einen Betrag von 50.000 € zur Verfügung stellen, damit diese einen Teil der von ihr zu tragenden Heimkosten sowie die zur Beibehaltung ihres bisherigen Lebensstandards erforderlichen Kosten bezahlen könne. Nach § 1 der nachfolgenden Erklärung versprach Frau C sodann, ihrer Schwester 50.000 € zu schenken. Dieser Betrag wurde an Frau G ausgezahlt; darüber hinaus übernahm Frau C die auf diesen Erwerb entfallende Erbschaftsteuer in Höhe von 5.328 €.

Am ##.8.20## verstarb Frau C. In der Folgezeit bestritt der Testamentsvollstrecker aus ihrem Nachlass die durch die eigene monatliche Rente und die Pflegeversicherung nicht gedeckten Kosten der Heimunterbringung der pflegebedürftigen Frau G und ein an diese ausgezahltes monatliches Taschengeld von 511,29 € (1.000 DM), insgesamt höchstens 22.122,76 €. Beim Finanzamt D-Süd wurde für Frau G eine den Erwerb von Todes wegen nach Frau C betreffende Erbschaftssteuererklärung eingereicht. Am ##.12.20## verstarb auch Frau G.

Mit an die Klägerin als deren Gesamtrechtsnachfolgerin gerichtetem Bescheid vom ##.7.20## setzte das Finanzamt für den Erwerb von Todes wegen nach Frau C 57.042 € Erbschaftsteuer fest. Dabei legte es auf Grund einer detaillierten Berechnung nach Abzug der Nachlassverbindlichkeiten einen Nachlasswert von 249.241 € zu Grunde (Anlage 1 zum Erbschaftsteuerbescheid, Anlage K 2 zur Klageschrift). Unter zusätzlicher Berücksichtigung eines Vorerwerbs von 54.764 € und nach Abzug eines Freibetrags von 10.300 € ging es von einem steuerpflichtigen Erwerb von 293.7...

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