Verfahrensgang

AG Recklinghausen (Urteil vom 24.05.2011; Aktenzeichen 13 C 91/11)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 26.07.2012; Aktenzeichen VII ZR 262/11)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Amtsgerichts Recklinghausen vom 24.05.2011 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Klägerin bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch die Beklagten gegen Sicherheit in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I.

Die Klägerin betreibt das "gewerbliche Verzeichnis für Handwerk Handel und Industrie" im Internet. Sie versendet vorgefertigte Offerten über die Eintragung des angeschriebenen Gewerbetreibenden in ihr Verzeichnis unter der Internetdomain "www.#.org".

Ein solches Schreiben übersandte sie auch an die Beklagte, eine GmbH in Oberhausen. Als Anlage waren die AGB der Klägerin beigefügt. Die Laufzeit des Vertrags beträgt zwei Jahre, bei jährlichen Kosten von 650,00 € netto. Wegen der Gestaltung des Schreibens wird auf die Anlage A 1 zur Anspruchsbegründung vom 15.04.2011, Bl. 14 d. A. Bezug genommen.

Der Geschäftsführer der Beklagten füllte das Formular aus und sandte es an die Klägerin zurück. Diese trug die Beklagte in ihr Verzeichnis ein und erteilte am 30.11.2010 eine Rechnung über 650,00 € zuzüglich 123,50 € Umsatzsteuer, mithin 773,50 €.

Die Klägerin begehrt mit der Klage die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung dieses Betrages.

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit der Entgeltabrede.

Nachdem die Beklagte im schriftlichen Vorverfahren keine Verteidigungsanzeige abgab, hat das Amtsgericht die Klage durch das am 24.05.2011 im schriftlichen Verfahren erlassene und der Klägerin am 11.06.2011 zugestellte unechte Versäumnisurteil abgewiesen. Dazu hat es ausgeführt, ein Vertrag sei nicht zustande gekommen, da die Klausel über die Entgeltlichkeit nach § 305 C BGB unwirksam, da überraschend sei.

Mit der rechtzeitig eingelegten und begründeten Berufung rügt die Klägerin die prozessuale Zulässigkeit des Versäumnisurteils. Inhaltlich macht sie unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags geltend, das Amtsgericht gehe zu Unrecht von der Unwirksamkeit wegen eines Verstoßes gegen § 305 c BGB aus. Die Vergütungspflicht sei hinreichend erkennbar und daher nicht überraschend. Die Klausel sei auch nicht ungewöhnlich, da es üblich sei, die Veröffentlichung in Gewerbeverzeichnissen gegen Entgelt anzubieten. Zudem entfalle jeglicher Überraschungscharakter, da von einem Kaufmann zu erwarten sei, dass dieser den Vertragstext vor Unterzeichnung zur Kenntnis nehme.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des am 24.05.2011 ergangenen Urteils des Amtsgerichts Recklinghausen, Az: 13 C 91/11 die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 773,50 € nebst Zinsen in Höhe von 8 % über dem Basiszinssatz seit dem 11.01.2011 zu zahlen;

und

die Revision zuzulassen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angegriffene Urteil und führt weiter zu § 305 c BGB aus.

Wegen des weiteren Sachvortrags sowie der erstinstanzlich gestellten Anträge wird auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung und wegen des der Klägerin erteilten Hinweises auf das Protokoll zur Sitzung vom 15.11.2011 Bezug genommen.

II.

Die Berufung ist statthaft im Sinne des § 511 ZPO sowie form- und fristgemäß im Sinne der §§ 517, 519 ZPO eingelegt und fristgemäß nach § 520 Abs. 2 ZPO begründet worden.

Die Berufung ist unbegründet.

Zwar lagen die Voraussetzungen für den Erlass eines unechten Versäumnisurteils nicht vor. Denn nach § 331 Abs. 2 Halbsatz 2 ZPO darf ein solches nur ergehen, wenn die Klägerin zuvor durch das Gericht oder durch die Beklagte auf die Bedenken zur Schlüssigkeit hingewiesen worden wäre. Da dies nicht der Fall ist, liegt ein Verstoß gegen die Gewährung rechtlichen Gehörs vor. Zudem ist ein klageabweisendes unechtes Versäumnisurteil im schriftlichen Vorverfahren unzulässig. Dies ergibt sich aus dem Umkehrschluss aus § 331 Abs. 3 S. 3 ZPO, der im schriftlichen Vorverfahren die Abweisung von Nebenforderungen nach Hinweis ermöglicht. Eine Zurückverweisung nach § 538 ZPO kam jedoch nicht in Betracht, da keine der Parteien dies beantragt hat und der Rechtstreit auch zur Entscheidung reif war.

Der Klägerin steht gegen die Beklagte kein Anspruch auf Zahlung von 773,50 € zu. Die Entgeltabrede im Vertrag vom 10.01.2011 ist gemäß § 305 c Abs. 1 BGB unwirksam, da sie überraschend ist.

Zwischen den Parteien findet gemäß §§ 310, 14 BGB die Vorschrift des § 305 c BGB Anwendung. Bei der im Streit befindlichen Entgeltregelung handelt es sich um eine AGB.

Zwar befindet sie sich nicht in dem rückseitig abgedruckten Passus "Allgemeine Geschäftsbedingungen". Da es sich bei dem vorliegenden Vertragsformular jedoch um ein solches handelt, welches mit einem im wes...

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