Entscheidungsstichwort (Thema)

Aufrechnung mit Kaution gegen Mietzinsforderung des Zwangsverwalters

 

Orientierungssatz

Der Mieter kann gegenüber der Forderung des Zwangsverwalters auf Zahlung während der Zwangsverwaltung rückständig gewordenen Mietzinses nach Beendigung des Mietverhältnisses nicht mit seinem Anspruch auf Rückzahlung der Kaution aufrechnen (gegen LG Stuttgart, NJW 1977, 1885).*Z

 

Tatbestand

Der Beklagte war gemäß Mietvertrag vom 30. September 1975 Mieter eines Einzimmer-Neubau-Appartements im Hause P. Str in B., dessen Eigentümerin die Firma A.S. am S. ist. Im Mietvertrag war ein monatlicher Kaltmietzins von 280,50 DM und ein Warmwasserkostenvorschuß und Heizkostenvorschuß von 35,20 DM vereinbart. Der Beklagte zahlte zu Beginn des Mietverhältnisses eine Kaution von 950,-- DM. Der Kläger ist durch Beschluß des Amtsgerichts Schöneberg vom 29. April 1976 zum Zwangsverwalter über das Grundstück bestellt worden. Er hat das Mietverhältnis durch Schreiben seines Prozeßbevollmächtigten vom 30. November 1976 fristlos gekündigt und den Beklagten zur Räumung und Herausgabe der Wohnung bis zum 6. Dezember 1976 aufgefordert, weil dieser seit Juli 1976 keine Miete mehr gezahlt habe und mit dem Betrag von 1.578,50 DM in Rückstand geraten sei. Der Kläger hat im vorliegenden Rechtsstreit Klage auf Zahlung des oben genannten Mietzinsrückstandes erhoben und die Klage später um 174,08 DM Anwaltskosten, die ihm durch die Inanspruchnahme seines Prozeßbevollmächtigten zwecks Kündigung des Mietverhältnisses enstanden seien, erweitert. Der Beklagte hat dem Prozeßbevollmächtigten des Klägers mit Schreiben vom 6. Dezember 1976 mitgeteilt, daß er das Appartement geräumt habe. Von der rückständigen Miete von insgesamt 1.402,50 DM (= 5 Monate mit je 280,50 DM) habe er die Kaution von 950,-- DM abgesetzt und den Restbetrag von 452,50 DM an den Kläger überwiesen. Die Nebenkosten werde er nach Erhalt der Abrechnung bezahlen.

Im vorliegenden Rechtsstreit hat der Beklagte einen Teilbetrag der Forderung von 452,50 DM anerkannt und ist insoweit antragsgemäß durch Anerkenntnisteilurteil des Amtsgerichts Schöneberg vom 6. Januar 1977 zur Zahlung verurteilt worden.

Der Kläger hat im übrigen beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an ihn weitere 1.300,08 DM nebst 4% Zinsen von 1.126,-- DM seit dem 10. Dezember 1976 sowie von weiteren 174,08 DM seit dem 27. Dezember 1976 zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die ... Klage abzuweisen.

Durch das am 24. Februar 1977 verkündete Urteil, auf dessen Tatbestand und Entscheidungsgründe Bezug genommen wird, hat das Amtsgericht Schöneberg der Klage auch im übrigen stattgegeben.

Gegen dieses - im Parteibetrieb nicht zugestellte - Urteil hat der Beklagte am 9. März 1977 Berufung eingelegt, die er am 6. April 1977 begründet hat.

Nach Eingang der Berufung haben die Parteien übereinstimmend den Zahlungsanspruch in Höhe von 176,-- DM nebst Zinsen (= Heizkostenvorschüsse für die Zeit von Juli bis November 1976) in der Hauptsache für erledigt erklärt und insoweit mit widerstreitenden Kostenanträgen verhandelt.

Zur Begründung seiner Berufung im übrigen macht der Beklagte erneut geltend, die Klageforderung sei in Höhe von 950,-- DM durch Aufrechnung mit seinem Anspruch auf Rückzahlung der Kaution erloschen. Er habe sich nach Kenntnis von der Anordnung der Zwangsverwaltung im Juni 1976 an den Kläger gewandt und um Mitteilung gebeten, ob seine Kaution sichergestellt sei. Nachdem der Kläger dieses Schreiben nicht beantwortet habe, sei er davon ausgegangen, daß seine Kaution nicht mehr vorhanden sei und habe ab Juli 1976 gegen die Mietzinsforderung des Klägers mit dem Anspruch auf Rückzahlung der Kaution aufgerechnet. Nach Erhalt des Kündigungsschreibens habe er den Restbetrag von 452,50 DM an den Kläger bezahlt. Wenn er auch die Aufrechnung vor seinem Schreiben vom 6. Dezember 1976 nicht ausdrücklich erklärt habe, so habe sie sich doch schlüssig aus seinem Schreiben vom 22. Juni 1976 in Verbindung mit der jeweiligen Nichtzahlung der Miete ergeben. Er sei berechtigt, dem Zwangsverwalter gegenüber auch Einwendungen geltend zu machen, die aus seinem Verhältnis zum Vermieter herrührten. § 572 BGB könne im Verhältnis von Zwangsverwalter und Mieter keine Anwendung finden, wie auch das Landgericht Stuttgart in seiner in NJW 1977/S 1885f veröffentlichten Entscheidung vom 25. April 1977 entschieden habe. Für das Verhältnis zwischen Mieter und Zwangsverwalter gelte die Sondervorschrift des § 152 Abs 2 ZVG, danach sei ein Mietvertrag bzw Pachtvertrag zum Zwangsverwalter gegenüber wirksam. Daraus folge, daß er berechtigt sei, Einwendungen und Einreden, die ihm aus dem Mietvertrag zustünden, auch gegenüber dem Zwangsverwalter geltend zu machen. Die Vorschrift des § 572 BGB stehe in keinem Fall der insoweit bestehenden Aufrechnungslage entgegen; sie betreffe lediglich den Rückzahlungsanspruch hinsichtlich der Kaution. Selbst wenn man diese Vorschrift für das Verhältnis des Zwangsverwalters zum Mieter für anwendbar halten sollte,...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge