Verfahrensgang

AG Berlin-Neukölln (Urteil vom 24.01.1995; Aktenzeichen 6 C 315/94)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das am 24. Januar 1995 verkündete Urteil des Amtsgerichts Neukölln – 6 C 315/94 – abgeändert:

  1. Es wird festgestellt, daß die Klägerin zur Minderung der Bruttokaltmiete in Höhe von 10 % ab Dezember 1993 bis zum 30. Juni 1995 berechtigt ist.
  2. Die Beklagte wird verurteilt, in der Wohnung in … Berlin, … Vorderhaus, 3. OG rechts den offenen Lüftungsschacht in der Küche zu verschließen oder verschließbar zu machen.
  3. Es wird festgestellt, daß die Klage in der Hauptsache erledigt ist, soweit wegen der Taubenplage Beseitigung und Feststellung der Minderung der Miete ab April 1994 begehrt wurde.
  4. Auf die Widerklage wird die Klägerin verurteilt, an die Beklagte weitere 989,52 DM nebst 13,5 % Zinsen daraus seit dem 18. Mai 1995, sowie weitere 1.754,22 DM nebst 13,5 % Zinsen aus jeweils 152,23 DM seit dem 1.8.1994, 1.9.1994, 1.10.1994, 1.11.1994, 1.12.1994, aus weiteren 166,85 DM seit dem 1.1.1995 sowie aus weiteren 826,22 DM seit dem 27. März 1995 zu zahlen.
  5. Die Klägerin wird ferner verurteilt, an die Beklagte weitere 9,5 % Zinsen aus 297,23 DM seit dem 18. Mai 1994 zu zahlen.

Im übrigen werden Klage und Widerklage abgewiesen. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

II. Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz haben die Klägerin zu 8/15, die Beklagte zu 7/15 zu tragen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens haben die Klägerin zu 5/9, die Beklagte zu 4/9 zu tragen.

 

Tatbestand

Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.

 

Entscheidungsgründe

I.

Die an sich statthafte (§ 511 ZPO), den notwendigen Wert der Beschwer erreichende (§ 511a ZPO), form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung (§ 516, 518, 519) ist zulässig.

II.

A. Klage

Die Berufung hat teilweise Erfolg.

1. Die Berufung hat Erfolg, soweit sie sich gegen die Verurteilung auf Einsetzen der Tür zwischen Küche und Flur richtet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf das Einhängen der Tür aus § 536 BGB, weil sie die Wohnung in Kenntnis oder jedenfalls infolge grobfahrlässiger Unkenntnis der fehlenden Verbindungstür angemietet hat. Der Zustand, in dem sich die Wohnung bei der Besichtigung befand, galt als der geschuldete Zustand (BGH WuM 1987, 306, 310; Emmerich/Sonnenschein, Miete 6. Aufl. 1991, § 539 Rn. 2). Zwar hat die Beklagte in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, bei der Wohnungsbesichtigung habe es bereits gedämmert und außerdem hätten sich etwa 15 Personen zur Besichtigung in der Wohnung aufgehalten. Jedoch geht die Kammer davon aus, daß es trotz der Vielzahl der in der Wohnung befindlichen Personen ohne weiteres möglich war, zu bemerken, daß die Verbindungstür zwischen Küche und Flur fehlte. Aus einer entsprechenden Anwendung des § 539 BGB folgt, daß die Klägerin das Fehlen der Tür nicht mehr geltend machen kann, wenn sie es infolge grober Fahrlässigkeit nicht bemerkte und die Wohnung daraufhin vorbehaltlos annahm (Urteil der Kammer vom 8. November 1994 – 64 S 189/94 –).

2. Die Berufung hat indessen keinen Erfolg, soweit sie sich gegen die Verurteilung richtet, die Lüftungsklappe in der Küche zu verschließen. Die Klägerin hat Anspruch auf das Verschließen des Lüftungsschachtes aus § 536 BGB. Unstreitig war die Klappe bei Überlassung der Wohnung nicht verschließbar. Der Mangel ist nicht entsprechend § 539 BGB ausgeschlossen, weil die Kammer davon ausgeht, daß die Beklagte den Mangel bei der Besichtigung der Wohnung nicht bemerken konnte. Denn die Klägerin hat vorgetragen, daß die Klappe offensteht, sich aber nicht mehr verschließen läßt. Bei einer kurzzeitigen Wohnungsbesichtigung, bei der sich auch eine Vielzahl anderer Personen in der Wohnung aufhielten, konnte es von der Klägerin nicht erwartet werden, daß sie die gesamte Ausstattung der Wohnung auf ihre Funktionsfähigkeit untersucht. Somit kann auch nicht davon ausgegangen werden, daß durch die Anmietung der Wohnung in dem mangelhaften Zustand dieser insoweit als vertragsgemäß vereinbart angesehen werden kann.

Der Anspruch der Klägerin ist auch nicht dadurch ausgeschlossen, daß sie diesen Mangel über längere Zeit hinnahm und damit diesen Zustand als vertragsgemäß billigte (vgl. dazu BGH WuM 1987, 306, 310; LG Berlin GE 1990, 1039; 1991, 989, 1993 991; 1993, 263). Denn die Klägerin hat dazu unwidersprochen vorgetragen, daß ihr der Mangel erst aufgefallen sei, als sich die Küche im Winter wegen einströmender Kaltluft durch den Lüftungsschacht nicht hinreichend beheizen ließ. Darauf zeigte sie den Mangel durch Schreiben des … Vereins e.V. vom 18. April 1994 gegenüber der Beklagte an. Daraus ergibt sich, daß die Klägerin den Mangel nicht über längere Zeit hingenommen hat.

3. Die Berufung ist teilweise erfolgreich, soweit sie sich gegen die Feststellung der Minderung der Miete um 30 % wegen des im Erdgeschoß des Hauses befindlichen Bordells richtet. Unstreitig befindet sich im Erdgeschoß des Hauses … ein Bordell, das seinen Eingang im Hausflur des Hau...

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