Verfahrensgang

AG Berlin-Lichtenberg (Urteil vom 18.03.2010; Aktenzeichen 72 C 156/09)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Lichtenberg vom 18.03.2010 – 72 C 156/09 WEG teilweise geändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beschlüsse der Eigentümerversammlung vom 20.09.2011 zu TOP 5 (Entlastung der Verwaltung für 2010) und zu TOP 3a (Jahresgesamt- und -einzelabrechnung 2010) hinsichtlich der Jahresgesamtabrechnung bezüglich der Darstellung der Entwicklung der Instandhaltungsrücklage werden für ungültig erklärt.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

II. Von den Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen haben die Kläger 72%, die Beklagten 18 % zu tragen.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

Von der Darstellung der tatsächlichen Feststellungen wird abgesehen, § 540 Absatz 2, § 313 a Abs.1 Satz 1 ZPO.

Die Berufung der Beklagten ist form- und fristgerecht eingelegt, §§ 513, 517, 519, 520 ZPO. Sie hat in der Sache den aus dem Tenor ersichtlichen Erfolg.

Wenn die Kläger rügen, dass einige Beklagte – also alle außer der Beklagten zu 12 – kein Interesse an der Berufung haben, weil der Sieg der Kläger ihnen Vorteile bringt, und bestreiten, dass die Verwaltung Prozessvollmacht erteilt habe, weil sie diese bei dieser Lage gar nicht erteilen dürfte, dann vermögen sie sich damit nicht durchzusetzen. Der Verwalter ist vielmehr uneinschränkbar berechtigt, § 27 Abs.2 Ziffer 2 WEG, Berufung einzulegen, wenn er mehrheitlich gefasste Beschlüsse verteidigen will. Er ist als Vollzugsorgan der Mehrheitsbeschlüsse gesetzlich berufen, den Mehrheitswillen gegen eine Anfechtungsklage zu verteidigen (siehe Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten WEG 9. Auflage RN 65 zu § 27).

A. Eigentümerversammlung vom 20.09.2011

1. TOP 3a Jahresabrechnung 2010

a) Die Frist des § 46 Abs. 1 WEG wurde eingehalten. Diese Vorschrift ist ein Bestandteil der materiell-rechtlichen Ausschlussfrist (BGH ZMR 2009, 296 mwN). Es ist unerlässlich, dass sich der Lebenssachverhalt, auf den die Anfechtungsklage gestützt wird, zumindest in seinem wesentlichen Kern aus den innerhalb der Begründungsfrist eingegangenen Schriftsätzen selbst ergibt, wobei wegen der Einzelheiten auf Anlagen verwiesen werden kann. Die Begründung darf also nicht so allgemein gehalten werden, dass ein individueller Bezug zum Anfechtungsantrag nicht erkennbar ist. Es muss eine einzelfallbezogene, auf den Streitfall zugeschnittene Begründung vorliegen, aus der erkennbar wird, aus welchen Gründen die Beschlüsse für ungültig erklärt werden sollen (Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten WEG 9. Auflage RN 58 zu § 46 mwN).

Die Kläger haben mit ihrer Klagebegründung ihre Beanstandungen gegen die sogenannte EinzelHausgeldabrechnung für Großeigentümer 2010 vom 25.07.2011 gerichtet, die in der EinzelHausgeldabrechnung für Großeigentümer 2010 vom 17.10.2011 entsprechend der Vorgabe des Genehmigungsbeschlusses korrigiert worden war.

In dem Protokoll der Eigentümerversammlung vom 12.9.2011 heißt es, dass über die Gesamt- und Einzelwohngeldabrechnung 2010 beschlossen worden ist. Die Kläger zu 1 und 2 haben hierzu wiederholt vorgetragen, ihnen seien nie die Einzeljahresabrechnungen für jede einzelne der 75 Wohnungen in ihrem Eigentum überreicht worden. Nur eine Mustereinzeljahresabrechnung sei ihnen übersandt worden. Der Kläger zu 3 konnte seine gleichgerichtete Behauptung nicht aufrecht erhalten, nachdem die Beklagten seine Mieterabrechnungen vorgelegt hatte, welche die Einzeljahresabrechnung der jeweiligen Einheit enthielt.

Nachdem der Verwalter dem Kläger zu 2 unter dem 17.10.2011 mitgeteilt hat, er könne die Informationen nach § 35 EStG nur erteilen, indem er die Einzelabrechnungen übersende, das würde er lieber per mail machen, sind Zweifel angebracht, ob die Einzelabrechnungen vorgelegen haben, dies kann aber angesichts des Umstands, dass die Fehler der Großeigentümerabrechnung auf die Einzeljahresabrechnungen durchschlagen, dahingestellt bleiben.

Denn die beanstandeten Großeigentümerabrechnungen beinhalten nichts anderes als eine Zusammenfassung der Einzeljahresabrechnungen der Einheiten, die die Kläger halten. Dann aber muss jede Beanstandung, die sie anhand der Großabrechnung vornehmen, auch die Einzelabrechnungen erfassen, ohne dass es auf die 75 und mehr Einzeljahresabrechnungen ankommen kann. Einen Verstoß gegen § 46 Abs. 1 WEG vermag die Kammer dann nicht zu erkennen, wenn die Kläger im Verlauf des Verfahrens ihre Argumente auch auf das Rechenwerk der eingereichten Einzeljahresabrechnung gestützt haben.

Die Kläger haben innerhalb der genannten Frist den Kern des Lebenssachverhalts ebenso dargetan, wie den Kern ihrer Beanstandungen. Sie haben die Eigentümerversammlung benannt und die Beschlüsse, die sie anfechten wollen. Sie haben vorgetragen, welche Positionen der Jahresabrechnung und des Wirtschaftsplans nach ihrer Ansicht nicht in Ordnung sind. Damit haben sie erkennbar gemacht, aus welchen Gründen sie das Verfahren betreiben und ...

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