Verfahrensgang

AG Berlin-Neukölln (Urteil vom 25.11.1993; Aktenzeichen 6 C 115/90)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das am 25. November 1993 verkündete Urteil des Amtsgerichts Neukölln – 6 C 115/90 – wird auf ihre Kosten mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß die Unwirksamkeit des zwischen dem Kläger und der Beklagten am 4. März 1989 abgeschlossenen Mietvertrages mit allen darin enthaltenen vertraglichen Regelungen festgestellt wird.

 

Tatbestand

Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.

 

Entscheidungsgründe

I.

Die statthafte (§ 511 ZPO), den notwendigen Wert der Beschwer (§ 511a ZPO) erreichende, form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung (§§ 516, 518, 519 ZPO) der Beklagten ist zulässig. Das Rechtsmittel hat aber in der Sache keinen Erfolg und mußte zurückgewiesen werden.

II.

Das Amtsgericht hat auf das zulässige Feststellungsbegehren (1.) des Klägers zu Recht erkannt, daß der zwischen den Parteien am 4. März 1989 über die Wohnung im 2. Obergeschoß rechts des Vorderhauses … in … abgeschlossene Mietvertrag keinerlei Rechte und Pflichten begründet (2.).

1. Der Kläger hat gegenüber der Beklagten ein schutzwürdiges Interesse i.S.v. § 256 Abs. 1 ZPO an der richterlichen Feststellung des Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, wie erstinstanzlich bereits ausgeführt worden ist. Insbesondere ist er nicht verpflichtet gewesen, eine Leistungsklage auf Rückerstattung etwaiger aufgrund der neu eingeführten Staffelmiete überzahlter Mieten zu erheben.

Zwar wird im Interesse der endgültigen Klärung des Streitstoffes in einem Prozeß das abstrakte Feststellungsinteresse regelmäßig dann fehlen, wenn eine Klage auf Leistung möglich und zumutbar ist, so daß eine Feststellungsklage mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig ist (Stephan in Zöller, 18. Auflage 1993, § 256 ZPO. Rd. 7).

Allerdings ist, die Feststellung der Unwirksamkeit des zwischen den Parteien neu vereinbarten Mietvertrages in der Rechtswirkung nicht auf die Mietzinsabrede beschränkt, sondern bezieht sich auf insgesamt alle Vertragsklauseln. Die bloße Möglichkeit, daß den Parteien aus der vertraglichen Abrede über die Mietzahlung hinaus weitere Ansprüche erwachsen, genügt für das Feststellungsinteresse (BGH Urteil vom 04.05.1994 – XII ZR 24/93, NJW 1994, 2759).

Eine andere Beurteilung rechtfertigt sich auch nicht aus der in § 3 Abs. 1 HausTWG niedergelegten Rechtsfolge, wonach bei einer Anfechtung des Vertrages lediglich Rückgewähr- und damit Leistungspflichten begründet werden. Denn die materiell-rechtliche Folge ist von der prozessualen Frage der Zulässigkeit des Klageverfahrens zu trennen. Die gerichtliche Feststellung der nach § 1 Abs. 1 HausTWG maßgebenden Frage der Wirksamkeit des Vertrages bleibt zulässig (vgl nur OLG Koblenz Rechtsentscheid vom 9.02.94 – 4 WE RE 456/93, GE 1994, 335).

2. Das Feststellungsbegehren des Klägers ist auch begründet, denn der mit der Beklagten am 04.03.1989 vereinbarte neue Mietvertrag ist unwirksam. Zwar ist er nicht gemäß § 142 Abs. 1 BGB nichtig, denn die unter Berufung auf eine arglistige Täuschung auf § 123 BGB gestützte Anfechtungserklärung des Klägers blieb erfolglos (2.1.): der Kläger hat aber seine auf den Vertragsschluß gerichtete Willenserklärung wirksam widerrufen (2.2.).

2.1. Der Vortrag des Klägers, der Zeuge … habe ihm im Namen der Beklagten beim Neuabschluß des Mietvertrags am 04. März 1989 erklärt, sein bisheriger Mietvertrag sei durch den Wechsel des Eigentums am streitbefangenen Grundstück unwirksam bzw. nichtig geworden, weshalb er, um seine Rechte als Mieter zu behalten, den vorbereiteten neuen Mietvertrag habe abschließen müssen, rechtfertigt die erklärte Anfechtung des Mietvertrages wegen Täuschung im Ergebnis deswegen nicht, weil der Kläger die behauptete Täuschung nicht beweisen konnte.

oder ob der Zeuge … „Dritter” i.S.v. § 123 Abs. 2 BGB gewesen ist, mithin zu prüfen gewesen wäre, ob die Beklagte die etwaige Täuschung kannte oder hätte kennen müssen. Jedenfalls ist der Vortrag des Klägers durch die Beklagte bestritten worden. Der Kläger hat den Nachweis der arglistigen Täuschung nicht geführt.

Der zum Beweis dieses Vortrages benannte Zeuge hat nämlich im Termin zur mündlichen Verhandlung von seinem Zeugnisverweigerungsrecht nach § 384 Ziffer 2 ZPO Gebrauch gemacht. Ihm drohte durch die Beantwortung der an ihn zu richtenden Fragen über vorbenannte Behauptungen unmittelbar die Strafverfolgung.

Dem stand nicht entgegen, daß das wegen der Umstände der Vertragsabschlüsse mit dem Kläger und weiterer Mieter des streitbefangenen Hauses gegen den Zeugen vor dem Amtsgericht Berlin-Tiergarten eröffnete Strafverfahren – (278) 66 Js 982/90 (104/91) – durch Beschluß vom 14.07.1992 vorläufig eingestellt worden ist. Denn für § 384 Nr. 2 ZPO genügt auch die Gefahr der Wiederaufnahme eines früheren Strafverfahrens (Stephan in Zöller, a.a.O., § 384 ZPO Rd. 6).

2.2. Der Kläger hat seine auf den Abschluß des neuen Mietvertrages gerichtete Willenserklärung aber wirksam nach §§ 1 Abs...

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