Entscheidungsstichwort (Thema)

Mietkaution für Gewerberaum: Zugriffsmöglichkeit des Vermieters im laufenden Mietverhältnis und Vermieteranspruch auf Wiederauffüllen

 

Orientierungssatz

Dem Vermieter steht auch im laufenden Mietverhältnis wegen seiner (Mietzahlungs-)Ansprüche ein Zugriffsrecht auf die Kaution (hier: Bankbürgschaft) zu. Dieses Zugriffsrecht ist nicht auf unbestrittene oder rechtskräftig festgestellte Forderungen beschränkt. Der Vermieter kann auch ein Wiederauffüllen der Sicherheit in Höhe des entnommenen Betrages verlangen.

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen das am 30. September 2002 verkündete Teilurteil des Amtsgerichts Mitte - 18 C 171/02 - geändert und neu gefasst:

1. Die Klägerin wird auf die Widerklage hin verurteilt, an den Beklagten 3.173,08 Euro nebst 2 % Zinsen hierauf ab dem 8. August 2002 zu zahlen.

2. Die Klägerin wird weiter verurteilt, an den Beklagten 287,60 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit dem 13. August 2002 zu zahlen.

3. Die Klägerin wird weiterhin verurteilt, dem Beklagten Zinsen in Höhe von 2 % über dem Basiszinssatz aus 3.173,08 DM vom 8. Juli 2002 bis zum 28. Juli 2002 zu zahlen.

4. Im übrigen wird die Widerklage abgewiesen.

Die Entscheidung über die Kosten des ersten Rechtszuges bleibt dem Schlußurteil des Amtsgerichts vorbehalten.

Die Kosten des zweiten Rechtszuges hat die Klägerin zu tragen.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 313 a Abs. 1 Satz 1 ZPO abgesehen.

 

Entscheidungsgründe

I. Die Berufung der Klägerin ist gemäß § 511 Abs. 1 ZPO statthaft und die gemäß § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO erforderliche Mindestbeschwer ist erreicht. Die Form- und Fristvorschriften der §§ 517, 519 und 520 ZPO sind erfüllt. Die Berufung ist damit insgesamt zulässig.

Sie hat jedoch nur in geringem Umfang Erfolg.

II. 1. Der Beklagte kann von der Klägerin im Wege der Widerklage gemäß § 4 Nr. 1 Satz 1 des am 18. November 1999 geschlossenen Mietvertrages über Büroräume im Hause ... Straße ..., ... Berlin, die Zahlung eines Betrages von 3.173,08 Euro verlangen. In dieser Klausel des schriftlichen Mietvertrages hat sich die Klägerin dazu verpflichtet, dem Beklagten zur Sicherstellung der Ansprüche aus dem Mietvertrag eine einmalige Einzahlung in Höhe von drei Monatsmieten = 13.380,00 DM zur Verfügung zu stellen. Diese Zahlung sollte bei Abschluss des Mietvertrages fällig werden, § 4 Nr. 1 Satz 2. Sie sollte mit 2 % pro Jahr verzinst werden, § 4 Nr. 1 Satz 3. Der Klägerin wurde weiterhin die Möglichkeit eingeräumt, die Bareinzahlung durch eine Bankbürgschaft zu ersetzen, § 4 Nr. 1 Satz 4. Mit Schreiben vom 6. Januar 2000 hat die ... bank AG gegenüber dem Beklagten die selbstschuldnerische und unbefristete Bürgschaft für sämtliche Ansprüche aus dem Mietverhältnis bis zu einem Betrag von 15.520,80 DM übernommen. Mit Schreiben vom 17. Juli 2002 hat der Beklagte unstreitig die ... bank AG aus der Bürgschaft in Höhe eines Betrages von 3.173,08 Euro in Anspruch genommen, weil die Klägerin die Miete für den Monat Juli 2002 in Höhe dieses Betrages nicht gezahlt hatte. Am 25. Juli 2002 hat die ... bank AG die verlangte Zahlung geleistet und dem Beklagten eine neue Bürgschaftsurkunde nur noch über einen Betrag von 4.762,58 Euro ausgestellt. Die Buchung erfolgt am 29. Juli 2002.

a) Der Beklagte kann von der Klägerin die Wiederauffüllung der Sicherheit in Höhe des Betrages von 3.173,08 Euro verlangen. Dieser Anspruch ergibt sich aus § 4 Nr. 1 Satz 1 des Vertrages in Verbindung mit § 240 BGB. Nach dieser Vorschrift ist eine geleistete Sicherheit zu ergänzen, wenn sie ohne Verschulden des Berechtigten unzureichend wird. Es entspricht herrschender Auffassung, dass während des Mietverhältnisses ein Anspruch auf Auffüllung der Kaution gegeben ist, wenn der Vermieter in berechtigter Weise auf die Kaution zur Befriedigung wegen eines Anspruches zugegriffen hat (Schmidt-Futterer/Blank; Mietrecht, 7. Aufl., § 550 b a. F.; Rdnr. 49; Bub/Treier/von Martius, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 3. Aufl., III. A Rdnr. 768; Wolf/Eckert/Ball, Handbuch des gewerblichen Miet- und Pachtrechts, 7. Aufl., Rdnr. 769; Sternel, Mietrecht, 3. Aufl., III Rdnr. 250). Eine Sicherheit, die dadurch verringert wird, dass der Vermieter während des Mietverhältnisses wegen eines bestehenden Anspruches, den der Mieter nicht erfüllt, auf sie zugreift, wird damit ohne Verschulden des Vermieters unzureichend im Sinne des § 240 BGB. Denn der Zugriff ist der Kautionsabrede zufolge gestattet. Eine Einschränkung des Rechtes des Vermieters dahingehend, dass er Befriedigung aus der Kaution während des Mietverhältnisses nur dann suchen darf, wenn die von ihm geltend gemachte Forderung unbestritten oder rechtskräftig festgestellt ist, kann nicht anerkannt werden (Schmidt-Futterer/Blank, a.a.O. Rdnr. 50; und Sternel, a.a....

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