Verfahrensgang

AG Berlin-Tempelhof-Kreuzberg (Urteil vom 02.04.1986; Aktenzeichen 17 C 55/86)

 

Tenor

1. Auf die Berufung des Beklagten zu 2) wird das am 2. April 1986 verkündete Urteil des Amtsgerichts Tempelhof-Kreuzberg – 17 C 55/86 – geändert:

Die Klage wird gegenüber dem Beklagten zu 2) abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits der ersten Instanz haben die Parteien wie folgt zu tragen:

Die Gerichtskosten tragen die Kläger und die Beklagte zu 1) je zur Hälfte. Von den außergerichtlichen Kosten tragen die Kläger die des Beklagten zu 2) voll und 1/2 der eigenen, die Beklagte zu 1) die eigenen und 1/2 der den Klägern erwachsenen. Die durch die Säumnis der Beklagten zu 1) entstandenen Kosten trägt dieser allein.

Die Kosten der Berufung haben die Kläger zu tragen.

 

Tatbestand

Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 2 ZPO abgesehen.

 

Entscheidungsgründe

Die von dem Beklagten zu 2) frist- und formgerecht eingelegte Berufung ist zulässig und auch begründet. Die Klage gegen den Beklagten zu 2) als Zwangsverwalter war in Abänderung des angefochtenen Urteiles abzuweisen. Den Klägern steht ein Anspruch auf Rückzahlung der bei Beginn des Mietverhältnisses an den damaligen Vermieter geleisteten Kaution von 1.600,– DM gegen den Beklagten zu 2) als den Zwangs Verwalter des Grundstückes nicht zu. Ein solcher Anspruch wäre nach § 572 Satz 2 BGB nur dann gegeben, wenn dem Beklagten zu 2) die Kaution von der Beklagten zu 1) als der Vollstreckungsschuldnerin und Vermieterin ausgehändigt worden wäre. Zwischen den Parteien ist unstreitig, daß der Beklagte zu 2) die 1.600,– DM von der Beklagten zu 1) nicht erhalten hat, ein Rückzahlungsanspruch ist ihm gegenüber deshalb nicht begründet.

Entgegen der Meinung der Kläger findet die Vorschrift des § 572 BGB auch auf die Rechtsbeziehungen des Zwangsverwalters zum Mieter Anwendung. Das Gesetz enthält zwar anders als bei der Zwangsversteigerung in § 57 ZVG für die Zwangsverwaltung keine ausdrückliche Verweisung auf § 572 BGB. Die Vorschrift des § 146 Abs. 1 ZVG regelt nur die Anordnung der Zwangsverwaltung und erklärt insoweit die Vorschriften über die Anordnung der Zwangsversteigerung für entsprechend anwendbar. Zu diesen Vorschriften gehören die §§ 1527 ZVG, jedoch nicht die Vorschrift des § 57 ZVG.

Die Anwendung der Vorschrift des § 572 BGB ergibt sich jedoch daraus, daß § 152 Abs. 2 ZVG als eine die erweiterte Wirksamkeit des Miet- und Pachtverhältnisses nach den §§ 571 ff. BGB ausbauende Sonderbestimmung anzusehen ist (RGZ 142/85, 89). Gemäß § 571 BGB tritt der Erwerber eines Grundstückes kraft Gesetzes aufgrund eines selbständigen Rechtes in die sich aus dem bisherigen Mietvertrag ergebenden Rechte und Pflichten ein. Dies hat zur Folge, daß ein Forderungsübergang nicht vorliegt, die Rechte und Pflichten entstehen vielmehr in der Person des Erwerbers nach Maßgabe des bisherigen Mietvertrages neu (BGH NJW 1962, … 1390). Die gleiche Wirkung hat die Vorschrift des § 152 Abs. 2 ZVG. Ein zum Zeitpunkt der Beschlagnahme eines Grundstückes bestehender Mietvertrag ist dem Zwangsverwalter gegenüber wirksam, sofern das Mietobjekt dem Mieter auch bereits überlassen war. Der Vertrag bindet den Zwangsverwalter mit seinem Gesamtinhalt unmittelbar kraft Gesetzes, ohne daß allerdings wie bei der Veräußerung eines Grundstückes nach § 571 BGB oder der Zwangsversteigerung nach § 57 ZVG ein Wechsel auf der Vermieterseite stattfindet, das Vertragsverhältnis zwischen Mieter und Vollstreckungsschuldner als Vermieter bleibt bestehen (RGZ 142/85, 89; Kammergericht JW 1937, Seite 1073). Auch die Vorschrift des § 152 Abs. 2 ZVG bewirkt keinen Forderungsübergang. Der Zwangsverwalter ist an den Mietvertrag aufgrund der ihm von Gesetzes wegen übertragenen Verwaltungsbefugnis gebunden, wobei er sich nicht um die dem Vollstreckungsschuldner nach § 148 Abs. 2 ZVG entzogene Verwaltungsbefugnis handelt, sondern um eine kraft Gesetzes in seiner Person neu entstehende Befugnis.

Die Forderung der Kläger gegen die Beklagte zu 1) als der Vermieterin auf Rückzahlung der bei Beginn des Mietverhältnisses geleisteten Kaution von 1.600,– DM ist somit auf den Beklagten zu 2) als dem Zwangsverwalter des Grundstückes nicht übergegangen. Ohne einen Forderungsübergang ist der gegenüber dem Beklagten zu 2) geltend gemachte Rückzahlungsanspruch nicht begründet. Die Voraussetzungen des § 572 Satz 2 BGB liegen nicht vor, so daß sich ein Anspruch auch hieraus nicht ergeben kann. Der Anspruch kann auch nicht wegen Vermögenslosigkeit der Beklagten zu 1) aus § 242 BGB hergeleitet werden. Bei Anordnung der Zwangsverwaltung eines Grundstückes wird der Vollstreckungsschuldner in der Regel vermögenslos sein, eine Ausnahme – die allein die Anwendung des § 242 BGB rechtfertigen könnte – bedeutet dies also gerade nicht. Dem Mieter bleibt in einem solchen Falle nur der Weg, sich als Gläubiger nach Erlangung eines rechtskräftigen Titels gegenüber dem Vollstreckungsschuldner dem Zwangsverwaltungsverfahren anzuschließen.

Die Kostenentsch...

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