Verfahrensgang

AG Berlin-Pankow/Weißensee (Urteil vom 02.09.2003; Aktenzeichen 101 C 127/03)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des AG Parkow/Weißensee vom 02.09.2003 – 101 C 127/03 – abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des gesamten Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrages zuzüglich 10 % hiervon abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des zu vollstreckenden Betrages zuzüglich 10 % hierzu leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

Auf die Feststellungen im erstinstanzlichen Urteil wird gemäß § 540 ZPO ergänzend verwiesen.

Das Amtsgericht hat der Klage auf Zahlung von 2.556,46 EUR nebst Zinsen stattgegeben mit der Begründung, dass dem Kläger ein Anspruch auf Auszahlung der geleisteten Versicherungsprämien (Januar–Oktober 2001) für eine Kapitallebensversicherung in Form einer Rentenversicherung aus § 812 BGB zusteht, da der Kläger wirksam dem Vertrag nach § 5 a Abs. 1 und 2 VVG widersprochen hat.

Das Amtsgericht ging davon aus, dass die Widerspruchsfrist gemäß § 5 a Abs. 2 S. 4 VVG ein Jahr betrug, da die Verbraucherinformationen auch bei Intransparenz der Angaben zu Überschussermittlungen – und auszahlungen sowie der Angabe von Rückkaufswerten im Falle einer Kündigung nicht vollständig im Sinne der Regelung vorliegen.

Mit der zulässigen Berufung wendet sich die Beklagte gegen diese Würdigung und ist der Ansicht, dass die Entscheidung des Amtsgerichts auf einem Rechtsfehler beruht: Es habe die Vorschriften des § 5 a VVG und § 10 a VAG falsch angewandt. Zudem seien die Angaben zur Überschussermittlung – und beteiligung sowie zu den Abschlusskosten bei vorzeitiger Kündigung ausreichend transparent und mithin wirksam.

Die Berufung ist begründet, so dass die erstinstanzliche Entscheidung abzuändern und die Klage abzuweisen war. Dem Kläger steht ein Anspruch auf Rückzahlung der Versicherungsprämien aus § 812 BGB nicht zu.

Die Zahlungen des Klägers erfolgten nicht rechtsgrundlos sondern aufgrund des nach dem sogenannten Policenmodell zustande gekommenen Rentenversicherungsvertrages. Dem steht der Widerspruch des Klägers vom 23.11.2001 nicht entgegen, denn der Widerspruch erfolgte verspätet.

Die maßgebliche Reglung des § 5 a VVG sieht vor, dass der Versicherungsvertrag als abgeschlossen gilt, wenn der Versicherungsnehmer nicht innerhalb von vierzehn Tagen nach Überlassung der Unterlagen (= Versicherungsbedingungen und Verbraucherinformationen nach § 10 a VAG) schriftlich widerspricht.

Dem Kläger wurden bei Antragstellung keine Unterlagen überlassen. Das führt aber nicht dazu, dass das Widerspruchsrecht nach § 5 a Abs. 2 VVG ab Erhalt der übersandten Unterlagen bis zum Zeitpunkt eines Jahres nach Zahlung der ersten Prämie bestand.

Der Versicherungsschein wurde am 20.12.2000 ausgefertigt und dem Kläger zusammen mit den geltenden Versicherungsbedingungen übersandt. Die Widerspruchsfrist betrug ab diesem Zeitpunkt vierzehn Tage.

Unstreitig entsprach die Belehrung hinsichtlich des Widerspruchsrechts der gesetzlich vorgesehenen Form.

Die Unterlagen lagen auch vollständig vor. Es kann dahin gestellt bleiben, ob die Angaben zu Überschussermittlungen – und auszahlungen sowie der Angabe von Rückkaufswerten im Falle einer Kündigung intransparent waren.

Denn die behauptete Intransparenz stellt keine Unvollständigkei: im Sinne des § 5 a Abs. 2 S. 1 VVG dar. Wie etwa das OLG Nürnberg in seiner Entscheidung vom 14.07.2003 (hier Anlage BB 1; s. auch VersR 2004, 182) ausgeführt hat, spricht für diese Auffassung bereits der Gesetzeswortlaut, in dem lediglich auf das Unterlassen der Verbraucherinformation bzw. auf die fehlende Übergabe der Versicherungsbedingungen abgestellt wird. Eine direkte Anwendung des § 5 a VVG scheidet aus. Werden bei Antragstellung intransparente Verbraucherinformationen oder Versicherungsbedingungen übergeben, wird man dies nicht einem Unterlassen oder der fehlenden Übergabe gleichstellen können. Die Vorschrift regelt nicht die Folgen der Verwendung teilweise unklarer, lückenhafter und unwirksamer Versicherungsbedingungen.

Ein entsprechendes Widerspruchsrecht auch bei Verwendung nicht transparenter und deshalb unwirksamer Versicherungsbedingungen wird zwar erwogen, jedoch überwiegend nicht bejaht (dagegen E. Lorenz VersR 1995, 616 [618]; Römer in Römer/Langheid, VVG 2. Aufl. 2003 § 5 a Rdn. 16; Wandt, Ersetzung unwirksamer AVB der Lebensversicherung im Treuhänderverfahren gemäß § 172 VVG 2001 S. 47 Fn. 46; vgl. auch ders. VersR 2001, 1449 [1455], vgl. ferner Schirmer VersR 1996, 1045 [1047]; jeweils m.w.N.; nicht eindeutig insofern Prölss/Martin, VVG 26. Aufl. 1998 § 5 a Rdn. 20, 38 und Vorbem. I Rdn. 80, anders wohl Schimikowski r+s 1996,1 [5 f.]).

Für eine erweiternde Auslegung des Widerspruchsrechts nach § 5 a VVG besteht in diesen Fällen kein Bedarf. Es gibt spezielle Regelungen wie § 6 AGBG bzw. § 306 BGB n.F. der Vertragsanpass...

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