Nachgehend

BVerfG (Beschluss vom 22.03.2004; Aktenzeichen 2 BvR 1097/02)

 

Tenor

Gegen den Betroffenen … wird die unbefristete Unterbringung in einer Justizvollzugsanstalt angeordnet, Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 2 BayStrUBG.

 

Tatbestand

I.

Der Betroffene verbüßt derzeit in der Justizvollzugsanstalt St. Georgen-Bayreuth eine Gesamtfreiheitsstrafe von 4 Jahren 6 Monaten wegen sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen in 10 Fällen und jeweils zugleich des sexuellen Missbrauchs von Kindern in 9 Fällen zugleich mit sexueller Nötigung gemäß Urteil des Landgerichts Weiden vom 23.07.1998 (Az.: KLs 12 Js 15001/97 jug.), auf das Bezug genommen wird (Bl. 11 ff. d.A.). Das Strafende ist auf den 27.05.2002 vorgemerkt.

Mit Schreiben vom 04.03.2002, auf das Bezug genommen wird (Bl. 1 ff. d.A.), hat die Justizvollzugsanstalt St. Georgen-Bayreuth beantragt, hinsichtlich des Betroffenen das Verfahren nach dem Bayerischen Gesetz zur Unterbringung von besonders rückfallgefährdeten hochgefährlichen Straftätern (BayStrUBG) durchzuführen. Zur Begründung hat die Justizvollzugsanstalt im Wesentlichen ausgeführt, dass die formellen Voraussetzungen zur Durchführung dieses Verfahrens vorlägen. Des Weiteren habe der Betroffene nicht an einer für ihn notwendigen Sexual- und Sozialtherapie teilgenommen, so dass von ihm eine gegenwärtige erhebliche Gefahr für die sexuelle Selbstbestimmung anderer ausgehe.

Die Strafvollstreckungskammer hat zwei Sachverständigengutachten zur weiteren Gefährlichkeit des Betroffenen eingeholt. Auf die schriftlichen Gutachten des Diplompsychologen Dr. R. vom 28.03.2002 (Bl. 34 ff. d.A.) und des Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. … B. vom 15.04.2002 (Bl. 77 ff. d.A.) wird Bezug genommen. Beide kommen übereinstimmend zum Ergebnis, dass beim Betroffenen ein sehr hohes Rückfallrisiko für Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung anderer bestehe.

Beide Sachverständige haben übereinstimmend beim Betroffenen eine Pädophilie diagnostiziert, die mit einer Suchterkrankung einhergehe. Zudem sei es zu einer Verhaltensstörung bei der sexuellen Entwicklung des Betroffenen hin zu einer homosexuellen Ausrichtung gekommen.

Aufgrund dieser psychischen Erkrankung ergebe sich nach übereinstimmender Einschätzung beider Sachverständiger ein erhebliches Rückfallrisiko, welches bei über 50 % liege. Der Betroffene gehöre aufgrund der bei ihm vorliegenden Konstellation zum Hochrisikobereich. Im Zuge einer Sexual- und Sozialtherapie könne eine entsprechende Aufarbeitung erfolgen, wobei ein wesentliches Therapieziel darin zu sehen wäre, dass der Betroffene eine normale homosexuelle Beziehung zu Erwachsenen aufbauen könne. Der Betroffene sei auch trotz schwankender Therapiemotivation in der Lage, eine solche Therapie zu absolvieren. Durch diese könne das Rückfallrisiko auf ein vertretbares Maß reduziert werden.

Die Strafvollstreckungskammer hat in der öffentlichen Sitzung vom 06.05.2002 den Betroffenen, seinen Beistand, die Vertreter der Justizvollzugsanstalt St. Georgen-Bayreuth, die beiden Sachverständigen sowie die Zeugen O. E., I. F., F. F. und F. M. B. angehört. Auf die Niederschrift wird insoweit Bezug genommen.

Der Betroffene hat dabei angegeben, dass er immer bereit gewesen sei, eine Therapie zu absolvieren. Ihm sei jedoch in Bayreuth eine entsprechende Therapie nicht angeboten worden. Er sei lediglich vor die Alternative gestellt worden, nach München zu gehen oder Endstrafe zu machen. Eine Therapie in der sozialtherapeutischen Anstalt in München habe er letztlich deshalb nicht angetreten, weil er sonst den Kontakt zu seinen Familienangehörigen, die in der Oberpfalz ansässig seien, verloren hätte. Obwohl er immer wieder nachgefragt habe, sei ihm erst im Herbst 2001 die Möglichkeit eröffnet worden, in Bayreuth eine Therapie zu absolvieren. Diese habe er dann wegen des nahen Strafendes aber nicht mehr begonnen. Ihm sei gesagt worden, dass es sich nicht mehr rentiere. Er sei sich jedoch sicher, dass er in Zukunft nichts mehr anstellen werde. Er werde im Falle der Entlassung zu einem Bruder in die Nähe von Weiden ziehen und sich dort auch um eine ambulante Therapie kümmern. Bislang habe er jedoch noch nichts unternommen, um zeitnah nach der Haft eine solche Therapie antreten zu können.

Die Vertreter der Justizvollzugsanstalt St. Georgen-Bayreuth und die dort beschäftigten Zeugen F. (Abteilungsleiterin für den Betroffenen) und B. (zuständiger Psychologe für den Betroffenen zum Zeitpunkt seines Haftantritts) haben übereinstimmend und glaubhaft ausgeführt, dass der Betroffene in den Jahren 1998/1999 eindringlich auf die Notwendigkeit einer therapeutischen Behandlung seiner Sexualproblematik in der sozialtherapeutischen Anstalt der Justizvollzugsanstalt München hingewiesen worden sei. Dies habe der Betroffene aber letztlich abgelehnt.

Insbesondere der zuständige Psychologe, der Zeuge B., hat hierzu ausgeführt, dass aufgrund der problematischen Entwicklung des Betroffenen bereits im Kindes- und Jugendalter einzig eine längerfristig...

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