rechtskräftig

 

Tenor

1. Der Angeklagte Hashem N. ist schuldig des versuchten Mordes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung.

2. Er wird deshalb zu einer Freiheitsstrafe von 8 Jahren und 9 Monaten verurteilt.

3. Im Übrigen wird der Angeklagte freigesprochen.

4. Die in der Türkei erlittene Auslieferungshaft ist im Maßstab 1:2 auf die unter Ziff. 2 verhängte Freiheitsstrafe anzurechnen.

5. Der Angeklagte wird verurteilt, an den Nebenkläger Shekho R. ein Schmerzensgeld in Höhe von 6.000,– EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.04.2021 zu zahlen.

6. Der Angeklagte trägt die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Nebenklägers Shekho R. sowie die durch den Adhäsionsantrag des Nebenklägers entstandenen besonderen Kosten und notwendigen Auslagen des Nebenklägers. Soweit der Angeklagte freigesprochen wurde, trägt die Staatskasse die ausscheidbaren Kosten des Verfahrens und notwendigen Auslagen des Angeklagten.

7. Das Urteil ist in Ziffer 5. gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Angewendete Vorschriften:

§§ 211 Abs. 1 und 2, 223 Abs. 1, 224 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 5, 22, 23 Abs. 1, 52 StGB

 

Tatbestand

A. Zu den persönlichen Verhältnissen

I. Zu der Biographie des Angeklagten

Der im Zeitpunkt der Hauptverhandlung 46 Jahre alte Angeklagte wurde 1974 in Aleppo in Syrien geboren. Er ist verheiratet und syrischer Staatsangehöriger.

Der Angeklagte hat fünf Brüder und eine Schwester. Davon leben (Stand Februar 2019) zwei Brüder im Irak, ein Bruder in den Niederlanden, ein Bruder in Syrien und ein Bruder und die Schwester in Istanbul in der Türkei.

Zur Kindheit und Jugend des Angeklagten konnte die Kammer keine Feststellungen treffen. Im Jahr 1998 heiratete der Angeklagte die 1973 in Aleppo/Syrien geborene Zeugin Hevin S.-M.. Aus dieser Ehe ging zunächst die Tochter Mezgin N. hervor, die amtlich 2000, möglicherweise tatsächlich auch schon ein oder zwei Jahre früher, geboren wurde. Nachdem es in der Ehe – auch während der Schwangerschaft der Zeugin S.-M. mit der Mezgin N. – mehrfach zu Gewalttätigkeiten des Angeklagten gegenüber seiner Ehefrau kam, trennte sich diese noch während der Schwangerschaft von ihm. Etwa sechs Monate nach der Trennung wurde die Ehe geschieden. Die gemeinsame Tochter Mezgin N. wuchs in der Folge etwa zwölf Jahre lang bei ihrer Mutter, der Zeugin S.-M., und deren Familie auf.

Nach der Scheidung von seiner ersten Ehefrau heiratete der Angeklagte eine weitere Ehefrau namens Ahmna N.. Aus dieser Ehe gingen drei Kinder hervor, zwei Jungen und ein Mädchen. Bei einem der Söhne handelt es sich um den Abdalahed N., der 2004 in Aleppo in Syrien geboren wurde. Der weitere Sohn heißt Mohamed und die Tochter heißt Najwa.

Etwa im Jahr 2012 heirateten der Angeklagte und die Zeugin S.-M., nachdem sie sich zuvor wieder angenähert hatten, erneut. Aus dieser Ehe gingen dann zwei weitere Kinder hervor, ein Junge namens Rounak (geboren 2014 in Aleppo/Syrien) und ein Mädchen namens Farida (geboren 2013 in Aleppo/Syrien).

Die Ehe zu der genannten Ahmna N. besteht weiter fort. Diese wohnt in Istanbul, vermutlich mit dem gemeinsamen Sohn, dem Zeugen Abdalahed N., und den weiteren Kindern Mohamed und Najwa.

Zur Berufstätigkeit des Angeklagten in Syrien konnte die Kammer keine gesicherten Feststellungen treffen.

Im August 2015 kam der Angeklagte gemeinsam mit seiner Tochter aus erster Ehe, Mezgin N., und seinem Sohn aus zweiter Ehe, Abdalahed N., und einem Neffen namens Mohamed im Rahmen der sogenannten „Flüchtlingskrise” nach Deutschland. Die Fluchtroute verlief durch die Türkei, mit einem Boot über das Mittelmeer nach Griechenland und von dort aus auf dem Landweg über Österreich nach Deutschland.

In Deutschland lebte der Angeklagte mit seiner Tochter Mezgin, seinem Sohn Abdalahed und seinem Neffen Mohamed zunächst in Haibach, zuerst in einer Gemeinschaftsunterkunft, später in einer Wohnung in der Findbergstraße.

Im Dezember 2016 kam die Ehefrau des Angeklagten, die Zeugin S.-M., mit den gemeinsamen Kindern Rounak und Farida nach Deutschland.

Seit etwa Ende Januar/Anfang Februar 2017 wohnte der Angeklagte mit seiner Ehefrau S.-M. und den gemeinsamen Kindern Mezgin, Rounak und Farida N. und seinem Sohn aus zweiter Ehe Abdalahed N. in einer Wohnung in Goldbach.

Wenige Wochen vor dem 04.05.2017 nahm der Angeklagte über eine Zeitarbeitsfirma eine Tätigkeit in einem Paketlager bei der Firma G. in Schaafheim auf, die er bereits am 16.05.2017 wieder beendete.

II. Zu der Vorahndung des Angeklagten

Der Angeklagte ist wie folgt vorbestraft:

Mit Urteil des Amtsgerichts Aschaffenburg, Az. 304 Ds 102 Js 8291/16, vom 17.05.2017 wurde der Angeklagte der gefährlichen Körperverletzung in Tatmehrheit mit Misshandlung von Schutzbefohlenen in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Bedrohung schuldig gesprochen und zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 9 Monaten verurteilt.

Dieses Urteil ist seit dem 25.05.2017 recht...

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