Tenor

Die Beklagten zu 1) und 3) werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 450.000 Euro sowie vorgerichtliche Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 10.921,23 Euro, jeweils nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 26.09.2013 zu zahlen.

Es wird festgestellt, dass die Beklagten zu 1) und 3) als Gesamtschuldner verpflichtet sind, dem Kläger alle vergangenen und zukünftigen materiellen und sämtliche zukünftigen nicht vorhersehbaren immateriellen Schäden zu ersetzen, die ihm aus der Verzögerung seiner Geburt am 26.05.2013 entstanden sind oder noch entstehen werden, soweit diese Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind bzw. noch übergehen werden.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden wie folgt verteilt:

Die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten des Klägers tragen dieser zu 59 % und die Beklagten zu 1) und 3) als Gesamtschuldner zu 41 %. Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1) und 3) tragen der Kläger zu 19 Prozent und die Beklagten zu 1) und 3) als Gesamtschuldner zu 81 Prozent. Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2) und 4) trägt der Kläger.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

 

Tatbestand

Der am 26.05.2013 geborene Kläger macht vertreten durch seine Eltern gegen die Beklagte zu 1) als Trägerin des St. Y in F sowie die Beklagten zu 2) bis 4) als behandelnde Ärzte Schadensersatzansprüche wegen einer behauptet fehlerhaften Behandlung anlässlich seiner Geburt am 26.05.2013 geltend.

Die damals 38 Jahre alte Mutter des Klägers wurde anlässlich ihrer Schwangerschaft durch den niedergelassenen Frauenarzt T in F-S betreut. Sie wog vor der Schwangerschaft bei einer Größe von 1,60 m 53,7 kg und nahm im Verlauf lediglich um 7,5 kg auf 61,2 kg zu. Am Sonntag, den 26.05.2013 gegen 11:20 Uhr stellte sich die Mutter des Klägers in der 38.

Schwangerschaftswoche im St. Y mit beginnender Wehentätigkeit vor. Die Eingangsuntersuchung führte die Beklagte zu 2) durch. Das Aufnahme-CTG war unauffällig, das Geburtsgewicht des Klägers wurde auf 2.944 Gramm geschätzt.

Gegen 16:30 Uhr stellte sie sich erneut mit verstärkter Wehentätigkeit im Kreissaal vor. Um 16:56 Uhr wurden Herztöne mit 60 SpM (Schläge pro Minute) abgeleitet und als fraglicher Mutterpuls befundet, differentialdiagnostisch als kindliche Bradykardie. Daraufhin erfolgte die Gabe von 2 ml und nochmals 1 ml des wehenhemmenden Medikamentes Partusisten. Im Folgenden besserte sich das CTG. Die Hintergrunddienst habende Oberärztin, die Beklagte zu 3), wurde um 17:15 Uhr informiert, als das CTG den kindlichen Puls mit einer Baseline von 119-125 SpM zeigte, und erschien um 17:20 Uhr. Nachdem das CTG um 18 Uhr erneut normalisiert war, begab sich die Mutter des Klägers wiederum auf die Station. Sie stellte sich um 19:00 Uhr mit Wehentätigkeit alle 2 bis 3 Minuten und einer Öffnung des Muttermundes von 4 bis 5 cm erneut im Kreißsaal vor. Gegen 20:30 Uhr wünschte die Mutter des Klägers eine Periduralanästhesie (PDA). Um 20:35 Uhr war der Muttermund auf 6 bis 7cm eröffnet, die Fruchtblase prall, die Anlage einer PDA wurde vorbereitet. Um 20:41 Uhr zeigten sich im CTG wiederum Dezelerationen (Absinken der fetalen Herzfrequenz), und zwar beginnend mit DIP II auf 70 SpM. Die Beklagte zu 2) war ab 20:50 Uhr wieder im Kreissaal anwesend, das CTG wurde neu angelegt und zeigte wieder tiefe DIP's Typ II. Nach der erneuten Gabe von 2 ml Partusisten 1:4 erholten sich die kindlichen Herztöne. Zur Anlage des Periduralkatheters wurde das CTG um 20:57 Uhr entfernt; es zeigte zu diesem Zeitpunkt DIP II bis 70 SpM. Um 21:03 Uhr übernahm die Hebamme P. Die Hebamme veranlasste die sofortige Umlagerung der Mutter des Klägers sowie eine Neuanlage des CTG, das ab 21:06 Uhr wiederum Dezelerationen mit 65 SpM zeigte. Nachdem um 21:15 Uhr die PDA lag, wurden um 21:19 Uhr wiederum tiefe Dezelerationen festgestellt und der Mutter des Klägers weitere 2 ml Partusisten gegeben. Die Beklagte zu 3) wurde wiederum informiert und erschien um 21:21 Uhr. Sie untersuchte die Mutter des Klägers, stellte fest, dass der Muttermund bis auf einen Saum vollständig eröffnet war und die Fruchtblase stand, nahm deshalb um 21:25 Uhr eine Amniotomie (Durchstechen der Fruchtblase von außen zur Erleichterung/Beschleunigung der Geburt) vor, um eine Mikroblutuntersuchung durchführen zu können. Es entleerte sich reichlich klares Fruchtwasser und der Kopf des Klägers trat danach tiefer, der Muttermund-Saum war vollständig zurückschiebbar. Eine Mikroblutuntersuchung fand in der Folge nicht statt. Die Beklagte zu 3) legte der Mutter des Klägers um 21:41 Uhr einen Katheter. Um 21:46 Uhr fiel die fetale Herzfrequenz bis auf 60 Schläge pro Minute ab. Ab 21:51 Uhr ist eine fetale Braykardie von minimal 60 Schlägen pro Minute bei silenter Oszillation aufgezeichnet. Sodann stellte die Beklagte zu 3) um 21:55 Uhr (so di...

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