Entscheidungsstichwort (Thema)

Eröffnung. Insolvenzverfahren. rechtliches Interesse. vorausgegangenes Insolvenzverfahren

 

Leitsatz (amtlich)

Die Vorraussetzungen des § 14 Abs. 1 Satz 2 InsO sind nur dann erfüllt, wenn ein vorausgegangenes Insolvenzverfahren abgeschlossen ist.

 

Normenkette

InsO § 14 Abs. 1 S. 2

 

Verfahrensgang

AG Aachen (Entscheidung vom 07.07.2011; Aktenzeichen 91 IN 68/11)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 12.07.2012; Aktenzeichen IX ZB 18/12)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts vom 07.07.2011 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

 

Gründe

I.

Der Schuldner betreibt mit zwei Vollzeitkräften und einer Teilzeitkraft ein Einzelunternehmen mit dem Geschäftszweig Blumeneinzelhandel, Friedhofsgärtnerei und Landschaftsbau an zwei Betriebsstätten in N und L.

Mit Antrag vom 22.02.2011, beim Amtsgericht eingegangen am 26.02.2011, Aktenzeichen XY/11, beantragte die Antragstellerin zu 1) die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners, weil der Schuldner mit der Zahlung der Gesamtsozialversicherungsbeiträge für den Zeitraum vom 01.04.2010 bis zum 31.01.2011 in Höhe von 4.086,76 Euro in Rückstand geraten war. Der Eröffnungsantrag wurde dem Schuldner zugestellt. Mit Antrag vom 09.03.2011 beantragte zudem die Antragstellerin zu 2), Aktenzeichen 91 IN 85/11, die Eröffnung des Insolvenzverfahrens, weil der Schuldner Beiträge zur Kranken-, Pflege-, und Renten- und Arbeitslosenversicherung, zur Umlage, sowie einschließlich der Nebenkosten des Zwangsversteigerungsverfahrens für die Zeit vom 01.07.2010 bis 28.02.2011 in Höhe von 3.676,60 Euro schuldete. Auch dieser Antrag wurde dem Schuldner zugestellt. Das Amtsgericht ordnete mit Beschluss vom 28.04.2011 Beweiserhebungen u.a. zum Vorliegen eines Insolvenzgrundes an. Der Sachverständige M erstattete unter dem 05.05.2011 dahin Bericht, dass im Hinblick auf die offenstehenden Forderungen der Antragstellerinnen und dem Nichtvorhandensein von flüssigen Mitteln von einer Zahlungsunfähigkeit auszugehen sei. Mit Beschluss vom 09.05.2011 ordnete das Amtsgericht auf Anregung des Sachverständigen die vorläufige Insolvenzverwaltung an.

Die Lebensgefährtin des Schuldners leistete in der Zeit vom 11.05.2011 bis zum 16.05.2011 insgesamt Zahlungen in Höhe von 15.147,08 EUR an Gläubiger des Schuldners, deren Forderungen fällig waren. Unter diesen Gläubigern befinden sich auch die Antragstellerinnen. Der Schuldner ist nach den zwischen ihm und seiner Lebensgefährtin geschlossenen Vereinbarungen jedenfalls derzeit nicht zur Rückzahlung des geleisteten Betrages verpflichtet. Mit der S, der Grundpfandrechtsgläubigerin, vereinbarte der Schuldner einen Aufschub der Verwertung der Sicherheiten bis zum 30.09.2011. Den beiden in der Betriebsstätte in N beschäftigten Arbeitnehmerinnen sprach der Schuldner zum Ende des Monats Mai die Kündigung aus und meldete die bei der Antragstellerin zu 2) versicherte Vollzeitkraft zum Ende des Monats Mai ab. Weitere Arbeitnehmer des Schuldners sind bei der Antragstellerin zu 2) derzeit nicht gemeldet.

Der vorläufige Insolvenzverwalter erstattete mit Datum vom 19.05.2011 sein Abschlussgutachten und kam zu dem Ergebnis, dass im Zeitpunkt der Antragstellung eine Zahlungsunfähigkeit vorgelegen habe, diese aber nicht mehr bestehe. Wegen der Einzelheiten wird auf das zu den Akten gereichte Abschlussgutachten (XY/11, Bl. 98 ff d.A.) Bezug genommen. Die Antragstellerin zu 1) hat den Antrag mit Schreiben vom 17.05.2011, eingegangen beim Amtsgericht am 20.05.2011, für erledigt erklärt und beantragt, dem Schuldner die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen. Die Antragstellerin zu 2) berief sich hingegen auf § 14 Abs. 1 S. 2 InsO und erklärte mit Schreiben vom 28.05.2011, dass sie um Entscheidung des Gerichts über den Antrag auf Eröffnung des Verfahrens bitte; eine Erledigung wurde ausdrücklich nicht erklärt.

Der Schuldner hat sich mit Schreiben vom 06.06.2011 der Erledigungserklärung der Antragstellerin zu 1) angeschlossen und beantragte, der Antragstellerin zu 1) die Kosten aufzuerlegen.

Mit Beschluss vom 07.07.2011 hat das Amtsgericht die Verfahren XY/11 und XY/11 unter Führung des zuerst genannten Verfahrens verbunden, den Eröffnungsantrag der Antragstellerin zu 2) als unzulässig abgewiesen und die Gerichtskosten sowie die außergerichtlichen Kosten des Schuldners diesem und der Antragstellerin zu 2) zu gleichen Teilen auferlegt; die Kosten der Antragstellerin zu 1) wurden dem Schuldner auferlegt. Zur Begründung hat das Amtsgericht ausgeführt, dass

die Voraussetzungen des § 14 Abs. 1 S. 2 InsO, der die Weiterverfolgung des Eröffnungsantrags trotz Befriedigung des Gläubigers ermöglicht, nicht vorlägen. § 14 Abs. 1 S. 2 InsO setzt voraus, dass in einem Zeitraum von zwei Jahren vor der Antragstellung bereits ein Antrag auf Eröffnung des Verfahrens gestellt worden ist. Dabei ergäbe sich sowohl aus dem Wortlaut, als auch aus der Entstehungsgeschichte der Vorschrift, dass lediglich ein bereits abgeschlossenen Antragsverfahren gemeint ...

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