Leitsatz

Minderjährige Kinder machten ggü. ihrem Vater Kindesunterhalt ab 1.6.2007 geltend. Sie waren die Kinder des Beklagten aus dessen geschiedener Ehe mit ihrer Mutter, von der sie betreut und versorgt wurden.

Der Beklagte war erneut verheiratet und hatte aus dieser Ehe zwei weitere in den Jahren 2004 und 2007 geborene Kinder. Er und seine zweite Ehefrau waren nicht berufstätig. Die Familie lebte von Arbeitslosengeld II. Zeitweise hatte der Beklagte eine Nebenbeschäftigung im Umfang eines 400,00 Euro-Jobs.

Durch Urteil des FamG vom 14.9.2007 wurde der Beklagte unter teilweiser Aufrechterhaltung des Versäumnisurteils vom 18.7.2007 (Verurteilung zu 100 % des Regelbetrages) für Juni 2007 zu einem Kindesunterhalt von jeweils 123,00 EUR, für die Monate Juli bis Oktober 2007 zu einem monatlichen Kindesunterhalt von jeweils 120,00 EUR und ab 1.11.2007 für die Klägerin zu 1) zu einem Kindesunterhalt i.H.v. 132,00 EUR monatlich und für den Kläger zu 2) zu einem Kindesunterhalt von 113,00 EUR monatlich verurteilt. Im Übrigen wurde das Versäumnisurteil aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Gegen das erstinstanzliche Urteil legte der Beklagte Berufung ein. Sein Rechtsmittel war teilweise erfolgreich.

 

Sachverhalt

Siehe Kurzzusammenfassung

 

Entscheidung

Ebenso wie das AG ging auch das OLG davon aus, dass den Klägern gegen den Beklagten ein Anspruch auf Kindesunterhalt gemäß § 1601 BGB zusteht. Ohne weitere Darlegung vonseiten der Kläger sei von einem Bedarf der Kinder nach der Einkommensgruppe 1 der Düsseldorfer Tabelle auszugehen (BGH FamRZ 2002, 536).

Vorliegend sei eine Leistungsfähigkeit zur Zahlung des Unterhalts aufgrund der tatsächlichen Einkommensverhältnisse des Beklagten nicht gegeben. Der 42-jährige Beklagte sei seit Februar 2004 arbeitslos und beziehe Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Ferner habe er vorübergehend ab dem 1.8.2007 eine Nebenbeschäftigung gehabt, bei der er monatlich 400,00 EUR verdient habe. Bei der Beurteilung der Leistungsfähigkeit komme es auf die unterhaltsrechtlich relevanten Einkünfte an. Keine Einnahmen in diesem Sinne seien Sozialleistungen, die nicht Lohnersatzfunktion, sondern Unterhaltsersatzfunktionen hätten wie die frühere Sozialhilfe. Arbeitslosengeld II sei die Zusammenführung von Sozialhilfe und Arbeitslosenhilfe. Seiner Struktur nach sei das Arbeitslosengeld II Sozialhilfe für bedürftige, aber arbeitsfähige Personen. Die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach §§ 19 ff. SGB II seien daher kein unterhaltsrechtlich relevantes Einkommen. Das von dem Beklagten bezogene Arbeitslosengeld II sei ausschließlich bedarfsabhängige Sozialleistung, die daher bei ihm eine Leistungsfähigkeit nicht begründen könne.

Lediglich das zeitweise erzielte Einkommen aus Nebenbeschäftigung i.H.v. 400,00 EUR sei unterhaltsrelevantes Einkommen. Dies liege jedoch unter dem Selbstbehaltssatz der Düsseldorfer Tabelle und begründe damit keine Leistungsfähigkeit.

Das OLG folgte der Auffassung des AG, wonach die Leistungsfähigkeit eines Unterhaltsschuldners nicht nur durch das tatsächlich vorhandene Einkommen bestimmt werde, sondern auch durch seine Arbeits- und Erwerbsfähigkeit. Der Unterhaltsverpflichtete müsse seine Arbeitskraft entsprechend seiner Vorbildung, seinen Fähigkeiten und der Arbeitsmarktlage in zumutbarer Weise bestmöglich einsetzen. Dem Beklagten, der keine Berufsausbildung habe, sei zur Zahlung des Kindesunterhalts jede Art von Hilfstätigkeit zumutbar.

Die geringe Anzahl der von dem Beklagten vorgelegten Bewerbungen zeige, dass er sich nicht mit der erforderlichen Intensität um eine Arbeitsstelle bemüht habe. Es sei ihm daher ein fiktives Einkommen anzurechnen, das - ebenso wie vom AG angenommen - mit einem möglichen Stundenlohn von 9,00 EUR brutto anzusetzen sei.

Das OLG errechnete ein fiktives monatliches Einkommen von brutto 1.557,00 EUR (173 × 9,00 EUR). Hiervon sei abweichend von dem erstinstanzlichen Urteil jedoch eine 5 %ige Erwerbspauschale in Abzug zu bringen. Diese sei auch im Mangelfall zu berücksichtigen. Zur Ermittlung der geschuldeten Unterhaltsleistungen sei sodann eine Mangelfallberechnung durchzuführen. Nach neuem Recht seien gemäß § 1609 Ziff. 1 BGB minderjährige Kindern den Elternteilen vorrangig, so dass die zweite Ehefrau nicht zu berücksichtigen sei.

Als Gesamtbedarf der vier Kinder errechnete das OLG einen Betrag von insgesamt 937,00 EUR. Da lediglich 275,15 EUR für Unterhaltszwecke zur Verfügung ständen, seien die Unterhaltsansprüche auf 29,36 % zu kürzen. Hieraus ergab sich für den Kläger zu 1) zu zahlender Unterhalt von 85,00 EUR und für den Kläger zu 2) solcher von 72,00 EUR monatlich.

 

Link zur Entscheidung

OLG Stuttgart, Urteil vom 05.02.2008, 18 UF 225/07

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