Entscheidungsstichwort (Thema)

Gleichbehandlungsgrundsatz. Willkür. Gruppenbildung, sachfremd. Stichtag. Gleichbehandlung und rückwirkende Stichtagsregelung

 

Leitsatz (amtlich)

Bei der Gewährung einer freiwilligen übertariflichen Einmalzahlung wird die Grenze zur Willkür nicht dadurch überschritten, dass sie als Anspruchsvoraussetzung eine Stichtagsregelung mit Rückwirkung enthält.

 

Normenkette

TV UmBw (Tarifvertrag über sozialverträgliche Begleitmaßnahmen im Zusammenhang mit der Umgestaltung der Bundeswehr) § 11; BGB § 242

 

Verfahrensgang

ArbG Kiel (Urteil vom 14.06.2006; Aktenzeichen öD 4 Ca 2775 b/05)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 12.12.2007; Aktenzeichen 10 AZR 24/07)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Kiel vom 14.06.2006 – ÖD 4 Ca 2775 b/05 – abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtstreits einschließlich der Kosten erster Instanz trägt der Kläger.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um einen Anspruch des Klägers auf eine übertarifliche zusätzliche Einmalzahlung für – jetzt noch – 104 Monate.

Der Kläger ist am …1947 geboren und war seit dem 22.11.1966 als Zivil-Kraftfahrer bei der Beklagten und dort im Bereich des Bundesministeriums der Verteidigung beschäftigt. Er erhielt durchschnittlich 2.617,00 EUR brutto monatlich.

Die beklagte Bundesrepublik Deutschland legte mit dem Kabinettbeschluss vom 14.06.2000 „Die Bundeswehr auf dem Weg ins 21. Jahrhundert, Eckpfeiler für eine Erneuerung von Grund auf” unter anderem die Reduzierung des zivilen Personals auf 80.000 – 90.000 Mitarbeiter fest (Anlage BB 1 – S. 2 – Bl. 119 d. A.). Im Nachgang hierzu wurde seit 2001 ein kontinuierlich voranschreitender Prozess der Vgerung, Verkleinerung und Umstrukturierung von Dienststellen, der Moderund Privatisierung von Aufgaben und damit verbunden des Personalabbaus nen. Um diesen Personalabbau sozialverträglich und ohne den Ausspruch betriebsbedingter Kündigungen voranzubringen, vereinbarten die Tarifvertragsparteien am 18.07.2001 den „Tarifvertrag über sozialverträgliche Begleitmaßnahmen im Zumenhang mit der Umgestaltung der Bundeswehr” (TV UmBw). Im Zuge der Umstrukturierungen wurden auch die Aufgaben der Zivilkraftfahrer privatisiert. Es wBw-Fuhrparkservice GmbH gegründet, die die Zivilkraftfahrer und den Fuhrpark der Beklagten übernahm und anschließend selbständig unternehmerisch für die Beklaalle Transportaufgaben erfüllt. Der Arbeitsplatz des Klägers wurde, nachdem diesBereitschaft zu vorzeitigem Ausscheiden aus der aktiven Tätigkeit signalisiert absprachegemäß nicht verlagert, sondern ersatzlos gestrichen. In diesem Zusammenhang schlossen die Parteien am 27.11.2002 – gestützt auf § 11 des TV UmBweine Vereinbarung, wonach der Kläger ab 01.12.2002 bis zum Rentenbezug von Arbeitsleistung gegen Zahlung von 72 % des letzten Bruttogehaltes freigestellt wu(Anlage K 2 – Bl. 7 d. A.).

Am 01.10.2003 erließ der Bundesminister der Verteidigung eine „Weisung für die Weiterentwicklung der Bundeswehr” (Anlage BB 1 – Bl. 118 – 125 d. A.), die unter anderem eine weitere Reduzierung des Umfangs des zivilen Personals als unumgänglich festlegte. Ausweislich Ziff. 16 dieser Anordnung war nunmehr Ziel, den zivilen Personalumfang bis 2010 auf 75.000 Dienstposten zu reduzieren (Bl. 124 d. A.).

Am 5. November 2004 erging ein Erlass des Bundesministeriums der Verteidigung, der unter ausdrücklicher Bezugnahme auf die Ministerweisung vom 1. Oktober 2003 und die dort vorgegebene Zielgröße für das zivile Personal bis 2010 über die im TV UmBw zur Verfügung stehenden Instrumente hinausgehend weitere Anreize zur Stellenreduzierung schaffen sollte (Anlage 13 – Bl. 9 – 11 d. A.). Dieser Erlass sieht unter III. in Verbindung mit IV. eine Aufstockung der in § 11 Abs. 2 TV UmBw festgelegten Ausgleichszahlung von 72 % auf 80 % in Form einer Einmalzahlung für solche Arbeitnehmer vor, die nach dem 30.09.2003 auf Basis von § 11 TV UmBw ausscheiden (Bl. 10, 11 d. A.).

Mit Schreiben vom 29.12.2004 begehrte der Kläger außergerichtlich die Zahlung des Differenzbetrages von 8 % unter dem Gesichtspunkt des Gleichbehandlungsgrundsatzes. Die Beklagte lehnte ab, mit der Folge, dass der Kläger am 02.12.2005 Klage auf eine solche Einmalzahlung, deren Höhe zwischenzeitlich unstreitig ist, einreichte.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger 25.499,58 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Mit Urteil vom 14.06.2006 hat das Arbeitsgericht der Klage stattgegeben. Das geschah im Wesentlichen mit der Begründung, es verstoße gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz, dass in dem Erlass vom 05.11.2004 die Gewährung der zusätzlichen Einmalzahlung an das Merkmal geknüpft ist, dass der Arbeitsplatz nach dem 30.09.2003 wegfiel. Für eine Rückwirkung des Erlasses lediglich bis zum 30.09.2003 gebe es keinen sachlichen Grund. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgrü...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge