REVISION / RECHTSBESCHWERDE / REVISIONSBESCHWERDE ZUGELASSEN JA

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Berufsausbildungsverhältnis. Stufenausbildung. erneute Probezeit

 

Leitsatz (amtlich)

1. Befristet die Ausbildungsverordnung bei der Stufenausbildung jede Stufe der Ausbildung, ist für jede Stufe der Ausbildung erneut eine Probezeit zu vereinbaren, wenn die Parteien für jede Stufe einen neuen befristeten Berufsausbildungsvertrag schließen.

2. Es bleibt unentschieden, ob die zweite und dritte Probezeit noch auf die Maximaldauer von 3 Monaten festgelegt werden darf.

 

Normenkette

BBiG §§ 13, 26

 

Verfahrensgang

ArbG Lübeck (Urteil vom 04.12.1990; Aktenzeichen 3 Ca 2425/90)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 27.11.1991; Aktenzeichen 2 AZR 263/91)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Lübeck vom 04.12.1990 – 3 Ca 2425/90 – geändert:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte das Berufsausbildungsverhältnis mit der Klägerin wirksam während einer Probezeit gekündigt hat.

Die Beklagte bildete die Klägerin aufgrund eines Berufsausbildungsvertrages vom 5. August 1988 (Hülle Bl. 42 d. A.) zur Bekleidungsnäherin aus. In dem Berufsausbildungsvertrag ist festgelegt, daß das Berufsausbildungsverhältnis am 1. September 1988 beginnt und am 31. August 1989 endet. Die Probezeit ist auf drei Monate festgelegt. Aufgrund eines weiteren Berufsausbildungsvertrages vom 18. September 1989 (Hülle Bl. 42 d. A.) bildete die Beklagte die Klägerin sodann zur Bekleidungsfertigerin aus. Gemäß A. des Berufsausbildungsvertrages beträgt die Ausbildungszeit nach der Ausbildungsordnung unter Anrechnung der zwölfmonatigen Berufsausbildung zum Bekleidungsnäher zwei Jahre. Das Berufsausbildungsverhältnis wurde vom 1. September 1989 bis 31. August 1990 befristet, wobei erneut eine Probezeit von drei Monaten festgelegt worden ist. Mit Wirkung ab 1. September 1990 schlössen die Parteien einen weiteren auf zwölf Monate befristeten Berufsausbildungsvertrag mit dem Berufsziel Bekleidungsschneider. Auch in diesem Berufsausbildungsvertrag ist eine Probezeit von drei Monaten vorgesehen. Der schriftliche Berufsausbildungsvertrag liegt zur Zeit bei der Industrie- und Handelskammer zu Lübeck.

Grundlage für die Berufsausbildung der Klägerin bildete die Verordnung über die Berufsausbildung in der Bekleidungsindustrie vom 25. Mai 1971 (BGBl. I 1971, S. 703 f). In der Verordnung heißt es u. a.:

§ 1 Staatliche Anerkennung der Ausbildungsberufe im Rahmen einer Stufenausbildung

Folgende aufeinander aufbauende Ausbildungsberufe werden staatlich anerkannt:

  • Bekleidungsnäher
  • Bekleidungsfertiger und
  • Bekleidungsschneider

§ 2 Ausbildungsdauer

Die Ausbildungsdauer für den Ausbildungsberuf Bekleidungsnäher beträgt zwölf Monate, für den darauf aufbauenden Ausbildungsberuf Bekleidungsfertiger weitere zwölf Monate und für den darauf aufbauenden Ausbildungsberuf Bekleidungsschneider weitere zwölf Monate.

Im zweiten Teil der Verordnung sind das Ausbildungsberufsbild und der Ausbildungsrahmenplan für den Ausbildungsberuf Bekleidungsnäher, im dritten Teil für den Ausbildungsberuf Bekleidungsfertiger und im vierten Teil für den Ausbildungsberuf Bekleidungsschneider gesondert festgelegt. Gem. § 9 der Verordnung ist am Ende jeder Ausbildung eine Abschlußprüfung durchzuführen.

§ 10 legt fest, daß diese Abschlußprüfungen bei Fortsetzung der Berufsausbildung als Zwischenprüfungen gelten. Schließlich sind in den §§ 11 bis 13 jeweils die Prüfungsanforderungen für die einzelnen Ausbildungsberufe gesondert geregelt.

Die Beklagte sprach unter Berufung auf die in dem dritten Berufsausbildungsvertrag festgelegte Probezeit gegenüber der Klägerin mit Schreiben vom 27. September 1990 eine nicht weiter begründete Kündigung aus. Die Klägerin wandte sich gegen diese Kündigung mit Schreiben vom 10. Oktober 1990 an den bei der Industrie- und Handelskammer zu Lübeck gebildeten Ausschuß zur Beilegung von Streitigkeiten zwischen Ausbildenden und Auszubildenden. Der Ausschuß hat sich in seiner Sitzung am 30. Oktober 1990 nicht zu einem Schiedsspruch entschieden. Daraufhin hat die Klägerin am 5. November 1990 Klage erhoben.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die Vereinbarung der Probezeit im zweiten und dritten Ausbildungsvertrag verstoße gegen § 13 Satz 2 BBiG und sei somit nichtig. Die Parteien hätten eine einheitliche Stufenausbildung vereinbart, innerhalb derer nur eine einmalige Probezeit in Betracht komme.

Die Klägerin hat beantragt

festzustellen, daß der Lehrvertrag der Parteien durch die am 28.09.1990 zugestellte Kündigung vom 27.09.1990 nicht aufgelöst ist, sondern unverändert fortbesteht.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, sie habe aufgrund der Ausbildungsverordnung die Wahl gehabt, mit der Klägerin entweder einen einheitlichen Vertrag über alle drei Ausbildungsstufen oder einzelne und in sich abgeschlossene Berufsausbi...

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