Entscheidungsstichwort (Thema)

Kindergeld. kinderbezogener Teil des Ortszuschlages. Gehaltsanspruch. Ausschlussfrist. Fälligkeit. Geltendmachung. derselbe Sachverhalt. unzulässige Rechtsausübung. Rechtsmissbrauch. Anspruch auf kinderbezogenen Teil des Ortszuschlages. Treuwidrigkeit

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der Anspruch auf den kinderbezogenen Teil des Ortszuschlages ist Gehaltsbestandteil. Er ist fällig am Monatsende. Wenn er nicht nach dieser Fälligkeit schriftlich geltend gemacht wurde, verfällt er gem. § 67 des Manteltarifvertrages für die Angestellten der Bundesagentur für Arbeit (MTA-BA) nach sechs Monaten.

2. Der Kindergeldanspruch ist ein öffentlich-rechtlicher Anspruch, der nicht den tariflichen Ausschlussfristen unterliegt.

3. Der Antrag auf Bewilligung von Kindergeld beinhaltet nicht zwangsläufig gleichzeitig eine schriftliche Geltendmachung des kinderbezogenen Teils des Ortszuschlages im Sinne der Ausschlussfrist des § 67 MTA-BA/ § 70 BAT/ § 37 Abs. 1 TVöD.

4. Trotz möglicher nachträglicher Bewilligung von Kindergeld durch Nachweis der tatsächlich in der Vergangenheit erzielten Einkünfte, läuft die tarifliche Ausschlussfrist für den kinderbezogenen Teil des Ortszuschlages bereits ab dessen Fälligkeit im Sinne des Leitsatzes 1.

5. Wird Kindergeld wegen prognostizierter zu hoher Einkünfte des Kindes – vorerst – abgelehnt und anschließend auch der kinderbezogene Teil des Ortszuschlages wegen fehlender Kindergeldberechtigung nicht mehr gezahlt, muss dieser kinderbezogene Gehaltsbestandteil durch einfaches Anspruchsschreiben innerhalb der Ausschlussfrist beim Arbeitgeber geltend gemacht werden, um nicht zu verfallen.

6. Einem öffentlichen Arbeitgeber kann nicht ausschließlich deshalb die Berufung auf eine tarifliche Ausschlussfrist verwehrt werden, weil er neben der Vergütung kraft Gesetzes das Kindergeld selbst prüft und unmittelbar auszahlt. Es ist weder treuwidrig, noch eine unzulässige Rechtsausübung, wenn er sich auf die auch für ihn geltende Ausschlussfrist beruft.

 

Normenkette

§ 29 des Manteltarifvertrages für die Angestellten der Bundesagentur für Arbeit (MTA-BA); § 67 des Manteltarifvertrages für die Angestellten der Bundesagentur für Arbeit (MTA-BA); BGB § 242

 

Verfahrensgang

ArbG Elmshorn (Urteil vom 12.07.2007; Aktenzeichen 3 Ca 97 d/07)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Elmshorn vom 12.7.2007 – 3 Ca 97 d/07 – abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger (beide Instanzen).

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob der kinderbezogene Teil des Ortszuschlages (im Folgenden: KOZ) des Klägers für den Zeitraum 1.1.2004 bis 30.11.2004 verfallen ist.

Der Kläger ist Angestellter der Beklagten in E.. Auf das Arbeitsverhältnis findet der Manteltarifvertrag für Angestellte der B. für A. (MTA-BA) Anwendung. Der Kläger hat eine Tochter namens M., geboren 1983. Seit deren Geburt erhielt er stets das Kindergeld sowie den kinderbezogenen Anteil des tariflichen Ortszuschlages (KOZ) für M. als Gehaltsbestandteil entsprechend § 29 MTA-BA. Im Sommer 2003 beendete die Tochter die Schule. Vom 1.8.2003 bis Juli 2006 befand sie sich in einem Ausbildungsverhältnis zur Industriekauffrau.

Aufgrund dieser veränderten Verhältnisse füllte der Kläger am 17.7.2003 das Formblatt „Erklärung zu den Einkünften und Bezügen eines über 18 Jahre alten Kindes” aus (Anlage1 – Bl. 32 ff d.A.). Mit Datum vom 3.9.2003 belegte er die voraussichtliche monatliche Ausbildungsvergütung für die Dauer des Ausbildungsverhältnisses (Anlage2 – Bl. 34 d.A.). Am 11.9.2003 berechnete die Familienkasse die Einkünfte (Anlage3 – Bl. 35 d.A.) und teilte dem Kläger sodann mit Bescheid vom 17.9.2003 mit, dass die Tochter ab Januar 2004 die maximale Einkommensgrenze überschreite, so dass kein Kindergeldanspruch bestehe. Der Bescheid war mit einer Rechtsmittelbelehrung sowie einem „wichtigen Hinweis” versehen. Letzter lautete wie folgt:

Wichtiger Hinweis

Falls die tatsächlichen Einkünfte niedriger sind als der maßgebliche Grenzbetrag (z.B. durch tatsächlich geltend gemachte höhere Werbungskosten), können Sie diese unter Vorlage von Nachweisen geltend machen, in diesem Fall ist eine Nachzahlung des Kindergeldes möglich.(Anlage K1 – Bl. 6 f d.A.).

Folgerichtig kürzte die Beklagte dann auch ab 1.1.2004 das Gehalt des Klägers um den KOZ für M. in Höhe von monatlich 90,75 EUR. Mit Schreiben vom 30.5.2005 begehrte der Kläger unter Beifügung der tatsächlichen Einkommensnachweise für 2004 die Nachzahlung des Kindergeldes ab 1.1.2004 (Bl. 47, 54 – 58 d.A.). Daraufhin wurde mit Datum vom 27.9.2005 Kindergeld antragsgemäß nachträglich für die Zeit ab 1.1.2004 bewilligt. Den KOZ erhielt der Kläger ab 1.12.2004 nachgezahlt. Mit Schreiben vom 4.11.2005 (Anlage 5 – Bl. 38 d.A.) forderte der Kläger die Beklagte auf, für M. auch für die Zeit vom 1.1.2004 bis 30.11.2004 den KOZ zu zahlen. Nach Erinnerung vom 12.3.2006 (Anlage K2 – Bl. 8 d.A.) lehnte die Beklagte mit Bescheid vo...

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