Entscheidungsstichwort (Thema)

Tarifliche Ausschlussfrist. Hemmung nach Treu und Glauben. Kinderbezogener Ortszuschlag

 

Leitsatz (amtlich)

Eine an die Fälligkeit des Zahlungsanspruchs (hier auf kindbezogenen Ortszuschlag) anknüpfende Ausschlussfrist wird bei unsicherer Rechtslage nicht bis zur höchstrichterlichen Entscheidung der Rechtsfrage (hier durch das BVerfG) gehemmt.

 

Normenkette

MTA-BA § 67 Abs. 1, § 29B Abs. 3; BGB § 242

 

Verfahrensgang

ArbG Detmold (Urteil vom 12.07.2006; Aktenzeichen 1 Ca 2093/05)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 13.12.2007; Aktenzeichen 6 AZR 222/07)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Detmold vom 12.07.2006 – 1 Ca 2093/05 – wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um einen Anspruch auf Zahlung von kindbezogenem Ortszuschlag in Höhe von monatlich 84,68 EUR für die Zeit von Oktober 1999 bis Juni 2001.

Der am 02.06.1944 geborene, verheiratete Kläger ist bei der Beklagten als Verwaltungsangestellter angestellt. Auf das Arbeitsverhältnis finden die Regelungen des Manteltarifvertrages für die Angestellten der Beklagten vom 21.04.1961 (MTA-BA) Anwendung.

Der am 30.09.1981 geborene Sohn des Klägers befand sich in dem streitgegenständlichen Zeitraum in einer Berufsausbildung und erzielte ein eigenes Einkommen. Mit Bescheid vom 27.03.2000 setzte die F5xxxxxxxxxxx der Beklagten das Kindergeld gemäß § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Abgabenordnung mit Ablauf des Monats September 1999 auf „0” DM fest. Der Bescheid ist bestandskräftig.

Die Verweigerung der Zahlung von Kindergeld führte dazu, dass der Kläger auch keinen kindbezogenen Ortszuschlag nach § 29 MTA-BA bezog.

Mit Beschluss vom 11.01.2005 (2 BvR 167/02, NJW 2005, 1923) stellte das Bundesverfassungsgericht fest, dass die Einbeziehung von Sozialversicherungsbeiträgen des Kindes in die Bemessungsgröße für den Jahresgrenzbetrag gemäß § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG zu Lasten der unterhaltsverpflichteten Eltern gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Artikel 3 Abs. 1 GG verstößt.

Unter Zugrundelegung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bestand von Oktober 1999 bis Juni 2001 ein Kindergeldanspruch des Klägers für seinen Sohn R1xxx. Mit Schreiben vom 30.05.2005 beantragte er entsprechend Kindergeld rückwirkend für die Zeit von Oktober 1999 bis Januar 2002. Mit Schreiben vom 22.06.2005 bat er in Abänderung seines Antrages um eine Entscheidung über den Kindergeldanspruch nur für die Zeit von Januar bis Juni 2001 und um Neuberechnung des Ortszuschlages für die gleiche Zeit. Wegen der Einzelheiten seiner Schreiben wird auf die mit der Klageschrift vorgelegte Kopie des Schreibens vom 30.05.2005 (Bl. 5 d.A.) und auf die von der Beklagten mit Schriftsatz vom 27.03.2006 vorgelegte Kopie des Schreibens vom 22.06.2005 (Bl. 24 d.A.) Bezug genommen.

Der Kindergeldanspruch wurde dem Kläger für die Zeit von Januar 2001 bis Juni 2001 zuerkannt.

Entsprechend einem Erlass des Bundesministeriums des Innern vom 31.03.2006 (Bl. 35, 36 d.A.) verweigerte die Beklagte dem Kläger jedoch mit Schreiben vom 02.09.2005 und 28.10.2005 die Zahlung des kindbezogenen Ortszuschlages rückwirkend für die Zeit bis zum 30.06.2001. Nach der Erlasslage war eine rückwirkende Zahlung des kindbezogenen Ortszuschlages bei Antragstellung bis zum 30.06.2006 rückwirkend bis einschließlich Juni 2005 vorzunehmen. Wegen der Einzelheiten der Ablehnungsschreiben der Beklagten wird auf die von dem Kläger mit der Klageschrift vorgelegten Kopien (Bl. 6 bis 8 d.A.) verwiesen.

Mit seiner am 15.12.2005 bei dem Arbeitsgericht Detmold eingegangenen Klage begehrt der Kläger die Zahlung von 1.778,28 EUR brutto nebst Zinsen.

Er hat die Auffassung vertreten, ihm sei die Einhaltung der tariflichen Ausschlussfrist nach § 67 MTA-BA unmöglich gewesen, da für ihn angesichts des Bescheids der Beklagten vom 27.03.2000 vor der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 11.01.2005 nicht im Ansatz erkennbar gewesen sei, dass ein Kindergeldanspruch und daraus folgend auch ein Anspruch auf kindbezogenen Ortszuschlag bestanden habe.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn ein 1.778,28 EUR brutto nebst 5 Prozent Zinsen über dem Basiszinssatz aus je 84,68 EUR seit dem 01.11.1999, 01.12.1999, 02.01.2000, 01.02.2000, 01.03.2000, 01.04.2000, 02.05.2000, 01.06.2000, 01.07.2000, 01.08.2000, 01.09.2000, 01.10.2000, 01.11.2000, 01.12.2000, 02.01.2001, 01.02.2001, 01.03.2001, 01.04.2001, 01.05.2001, 01.06.2001 sowie 01.07.2001 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Einrede der Verjährung erhoben und sich auf die tarifliche Ausschlussfrist bezogen.

Mit Urteil vom 12.07.2006 hat das Arbeitsgericht Detmold die Klage abgewiesen.

Es hat ausgeführt:

Der klägerische Anspruch auf Zahlung eines kindbezogenen Ortszuschlages für Zeit von Oktober 1999 bis Dezember 2000 sei gemäß § 67 MTA verfallen, da der Kläger nicht konkret unter Beweisantritt dargelegt habe, dass er den Ortszusc...

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