Entscheidungsstichwort (Thema)

Vergütung. Vergütungsabrede. Chefarzt. Dienstvertrag. Tarifvertrag. Bezugnahmeklausel. Vertragsauslegung

 

Leitsatz (redaktionell)

Eine arbeitsvertragliche Bezugnahmeklausel in einem Chefarztvertrag, die auf den BAT verweist, ist nach Wegfall des BAT so auszulegen, dass auf den TV-Ärzte-VKA verwiesen wird, wenn die Parteien Mitglied der Tarifvertragsparteien sind.

 

Normenkette

BGB §§ 133, 157; TVÜ-VKA § 2 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Lübeck (Urteil vom 14.02.2008; Aktenzeichen öD 1 Ca 2986 b/07)

 

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Lübeck vom 14.02.2008, Az. öD 1 Ca 2986 b/07, wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Höhe der dem Kläger vertraglich zugesicherten Chefarzt-Vergütung.

Der 53-jährige Kläger ist bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin seit 01.05.2001 als leitender Abteilungsarzt (Chefarzt) der chirurgischen Abteilung der Klinik E… beschäftigt. Neben dem Recht der Privatliquidation vereinbarten die Parteien in dem zugrundliegenden Dienstvertrag folgende Regelung (Bl. 6 ff., 14 d. A.):

㤠8

Vergütung im dienstlichen Aufgabenbereich und Einräumung des Liquidationsrechtes

(1) Der Arzt erhält für seine Tätigkeit im dienstlichen Aufgabenbereich eine Vergütung entsprechend der Vergütungsgruppe I BAT der Anlage 1a zum BAT (VKA), d. h. Grundvergütung nach § 27 BAT, Ortszuschlag nach Maßgabe des § 29 BAT sowie Zulagen, eine Zuwendung und ein Urlaubsgeld entsprechend den tariflichen Regelungen zum BAT in der jeweils gültigen Fassung.

Wird der BAT oder der maßgebende Vergütungstarifvertrag im Bereich der VKA durch einen anderen Tarifvertrag ersetzt, so tritt an die Stelle der vereinbarten BAT-Vergütungsgruppe die entsprechende Vergütungsgruppe des neuen Tarifvertrages unter Berücksichtigung etwaiger Überleitungsbestimmungen.

Die dem Arzt zuletzt nach BAT (VKA) zustehende Vergütung bleibt der Höhe nach unangetastet.

…”

Die Regelungen des Bundesangestelltentarifvertrages (BAT) sind durch den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst vom 13.09.2005 (TVöD) ersetzt worden. Gemäß § 4 Abs. 1 TVÜ-VKA wird die Vergütungsgruppe (§ 22 BAT) nach der Anlage 1 den Entgeltgruppen des TVöD zugeordnet. Nach dieser Anlage entspricht die VergGr. I BAT der EntgGr. 15 Ü TVöD. Im Bereich der kommunalen Krankenhäuser gilt neben dem TVöD der „Besondere Teil Krankenhäuser” (TVöD-BT-K), der konkrete Regelungen für Ärztinnen und Ärzte enthält. Nach § 44 Abs. 1 TVöD-BT-K beträgt die regelmäßige Wochenarbeitszeit für Ärzte 40 Stunden. Die Eingruppierungsgrundsätze sind in § 51 TVöD-BT-K i. V. m. § 4 Abs. 1 S. 2 TVÜ-VKA geregelt.

Der TVöD sowie der TVÜ-VKA wurde abgeschlossen zwischen der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) sowie der Gewerkschaft ver.di sowie der dbb Tarifunion. Bei Abschluss des TVöD war die Tarifgemeinschaft mit dem Marburger Bund bereits zerbrochen. Der Marburger Bund vereinbarte mit dem VKA am 17.08.2006 einen eigenen Tarifvertrag für Ärztinnen und Ärzte an kommunalen Krankenhäusern im Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (TVÄrzte/VKA), der am 01.08.2006 in Kraft trat. Gemäß § 7 Abs. 1 TV-Ärzte/VKA beträgt die Wochenarbeitszeit durchschnittlich 40 Stunden. Die Eingruppierungsgrundsätze ergeben sich aus § 16 TV-Ärzte/VKA i. V. m. § 4 TVÜ-Ärzte/VKA.

Seit Inkrafttreten des TVöD, d.h. seit dem 01.10.2005, vergütet die Beklagte den Kläger nach der Entgeltgruppe (EntgGr.) 15 TVöD zzgl. einer individuellen Zwischenstufe. Zuletzt zahlte die Beklagte an den Kläger ein Monatsgehalt über EUR 5.625,00 brutto zzgl. einer individuellen Zwischenstufe in Höhe von EUR 118,28 brutto. Demgegenüber beträgt die Vergütung nach EntgGr. IV TV-Ärzte/VKA EUR 6.500,00 monatlich.

Mit an alle Ärzte und Ärztinnen gerichteten Schreiben vom 20.11.2006 (Bl. 28 d. A.), welches auch der Kläger erhielt, teilte die Beklagte mit, sie gehe davon aus, dass der TVöD bis zum Inkrafttreten des neuen Tarifvertrags zwischen dem Marburger Bund und der Vereinigung der Kommunalen Arbeitgeber übergangsweise weiter gelte. Sobald der neue Tarifvertrag vorliege und vom Rechenzentrum eingespielt worden sei, werde sie, die Beklagte, die Zahlungen rückwirkend nach dem Ärztetarifvertrag berichtigen. Dem Schreiben lag ein entsprechender Beschluss des Vorstands der Beklagten zugrunde. Ob dieser auch für den Kläger als Chefarzt gelten sollte, ist streitig.

Mit Schreiben vom 29.06.2007 (Bl. 29 d. A.) beantragte der Kläger rückwirkend eine Eingruppierung nach der Entgeltgruppe IV TV-Ärzte/VKA.

Am 20.11.2007 hat der Kläger Klage erhoben mit den Anträgen

  1. die Beklagte zu verurteilen an den Kläger EUR 11.350,80 brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz auf jeweils EUR 756,72 seit dem 31.08.2006, 30.09.2006, 31.10.2006, 30.11.2006, 31.12.2006, 31.01.2007, 28.02.2007, 31.03.2007, 30.04.2007, 31.05.2007, 30.06.2007, 31.07.2007, 31.08.2007, 30.09.2007 und 31.10....

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