Entscheidungsstichwort (Thema)

Änderungskündigung. Vorbehaltsannahme. Vorprozess. Einigung. Klagrücknahme. Erneute Klagerhebung. Klagabweisung. Teilweise Stattgabe II. Instanz. Wirksamkeit

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Vorbehaltsannahme gem. § 2 KSchG hat materiell-rechtliche Bedeutung; die Annahme unter Vorbehalt stellt sich dabei als Annahme unter einer auflösenden Bedingung dar. Es ist eine privatrechtsgestaltende Willenserklärung, durch die der Arbeitnehmer kraft Gesetzes einen Vertrag unter einer Bedigung annehmen kann.

2. Die Rücknahme einer Änderungskündigungsschutzklage bewirkt gem. § 7 2. Halbsatz KSchG das Erlöschen eines nach § 2 KSchG erklärten Vorbehalts. Wenn nach der Anordnung dieser Norm der erklärte Vorbehalt erlischt, so bedeutet dies, dass die Annahme unter Vorbehalt nunmehr ohne Vorbehalt, d.h. vorbehaltlos erfolgte. Es heißt nicht, dass damit die Annahme des Änderungsangebotes insgesamt gegenstandslos geworden ist.

 

Normenkette

KSchG § 2 S. 1, § 7; BGB § 158

 

Verfahrensgang

ArbG Lübeck (Urteil vom 20.07.2004; Aktenzeichen 6 Ca 435/04)

 

Tenor

Das Urteil des Arbeitsgerichts Lübeck vom 20.07.2004 – 6 Ca 435/04 – wird teilweise abgeändert:

Es wird festgestellt, dass das Beschäftigungsverhältnis der Klägerin mit der Beklagten zu den Bedingungen der Änderungskündigung vom 15.10.03 über den 31.12.03 hinaus fortbesteht. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Die Klägerin und die Beklagte tragen je 50 % der Kosten des Rechtsstreits.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Wirkungen einer Änderungskündigung und um die sich aus der Rücknahme der Änderungskündigungsschutzklage ergebenden rechtlichen Folgen.

Die Klägerin trat am 4. Oktober 1994 als Auslieferungsfahrerin in die Dienste der Beklagten ein und ist seit Januar 1998 als kaufmännische Mitarbeiterin tätig, und zwar auf der Grundlage des schriftlichen Arbeitsvertrages vom 1. Januar 1998 (Bl. 9 – 11 d. A.). Ausweislich eines Nachtrages zum Arbeitsvertrag vom 31. Januar 2001 ist die Klägerin seit 1. Februar 2002 als kaufmännische Mitarbeiterin in der Buchhaltung eingesetzt.

Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis der Klägerin mit Schreiben vom 15. Oktober 2003 aus betriebsbedingten Gründen fristgemäß zum 31. Dezember 2003 und bot ihr gleichzeitig an, das Arbeitsverhältnis zu veränderten Bedingungen fortzusetzen, wobei sich die näheren Einzelheiten aus einer dem Kündigungsschreiben beigefügten Zusatzvereinbarung ergaben (Bl. 14 – 17 d. A.). In der der Änderungskündigung beigefügten Zusatzvereinbarung wurde als Aufgabengebiet der Klägerin u. a. erwähnt die „Kassierung des Bargeldes in R. und S. „.

Die Klägerin hat gegen diese Änderungskündigung vor dem Arbeitsgericht Lübeck (5 Ca 3710/03) Klage erhoben mit dem Antrag, die Änderungskündigung der Beklagten für unwirksam zu erklären. In der Klage, die der Beklagten am 24. Oktober 2003 zugestellt wurde, nahm die Klägerin das Änderungsangebot unter Vorbehalt an. Sie wies weiterhin in der Klageschrift auf ein von ihr der Beklagten unterbreitetes Vermittlungsangebot hin.

Die Beklagte teilte mit Schreiben vom 23. Dezember 2003 den Prozessbevollmächtigten der Klägerin mit, es habe zwischenzeitlich ein Gespräch mit der Klägerin stattgefunden, bei dem die Parteien eine Einigung hinsichtlich der offenen Punkte erreicht hätten. Die Klägerin habe sich mit wesentlichen Punkten der vorgelegten Zusatzvereinbarung zum Arbeitsvertrag einverstanden erklärt. Diesem Schreiben fügte die Beklagte eine neue Fassung der Zusatzvereinbarung zum Arbeitsvertrag bei mit der Bitte, diese von der Klägerin unterschreiben zu lassen und schnellstmöglich zurückzusenden. Die Beklagte ihrerseits hatte die Zusatzvereinbarung bereits unterschrieben. Dieses Schreiben ging den Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 29. Dezember 2003 zu. Mit Schreiben vom 6. Januar 2004 übersandten sie der Klägerin das Schreiben der Beklagten vom 23. Dezember 2003 mit der Zusatzvereinbarung zum Arbeitsvertrag im Original und einer Ausfertigung und der Bitte, eines der bereits unterzeichneten Exemplare zurückzusenden. Mit Schreiben vom 9. Januar 2004 erinnerte die Beklagte die Prozessbevollmächtigten der Klägerin an die Erledigung des Schreibens vom 23. Dezember 2003.

Die Klägerin leitete ihren Prozessbevollmächtigten am 13. Januar 2004 die von ihr unterzeichnete Zusatzvereinbarung zu, wobei sie dort unter § 1 „Tätigkeit” unter Ziff. 1 das Wort „S.” gestrichen hatte. Ihre Prozessbevollmächtigten leiteten diese unterschriebene Zusatzvereinbarung an die Beklagte weiter, die sie noch am 13. Januar 2004 erhielt.

Mit Schriftsatz vom 14. Januar 2004 nahmen die Prozessbevollmächtigten der Klägerin im Vorprozess vor dem Arbeitsgericht Lübeck (5 Ca 3710/03) die Änderungskündigungsschutzklage unter Hinweis auf die außergerichtliche Einigung zurück. Die Prozessbevollmächtigten der Beklagten bestätigten ebenfalls mit Schriftsatz vom 14. Januar 2004 die außergerichtliche Einigung.

Die Beklagte reagierte mit Schreiben vom 27. Januar 2004 a...

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