Entscheidungsstichwort (Thema)

DO-Angestellter. Versetzung in den vorzeitigen Ruhestand. widersprüchliches ärztliches Gutachten. Ablehnung einer Wiedereingliederung. Direktionsrecht. Versetzung in den vorzeitigen Ruhestand eines DO-Angestellten

 

Leitsatz (amtlich)

1. Im Rahmen der Versetzung eines DO-Angestellten in den vorzeitigen Ruhestand ist darauf abzustellen, ob die Behörde nach den ihr zur Verfügung stehenden Erkenntnissen annehmen durfte, dass der DO-Angestellte dauerhaft dienstunfähig ist.

2. Der der Behörde nach § 42 Abs. 1 S. 2 BBG a. F. (heute: § 44 Abs. 1 S. 2 BBG) insoweit zustehende Beurteilungsspielraum unterliegt der vollen gerichtlichen Kontrolle. Diese bezieht sich nicht nur auf den von der Behörde sorgfältig zu ermittelnden Sachverhalt, sondern auch darauf, ob dieser Sachverhalt die Feststellung der dauernden Dienstunfähigkeit rechtfertigt. Das schließt etwaige Feststellungen oder Schlussfolgerungen in ärztlichen Gutachten mit ein. Auch diese sind vom Gericht – in den Grenzen erforderlicher Sachkenntnis – nicht ungeprüft zu übernehmen, sondern selbstverantwortlich zu überprüfen und nachzuvollziehen (OVG Nordrhein-Westfalen Urt. v. 29.10.2009 – 1 A 3598/07 –).

 

Normenkette

BBG § 42 Abs. 1 a.F.

 

Verfahrensgang

ArbG Neumünster (Urteil vom 27.03.2009; Aktenzeichen 1 Ca 1354 d/08)

 

Tenor

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Neumünster vom 27.03.2009, Az.: 1 Ca 1354 d/08, abgeändert und der Bescheid der Beklagten vom 26.09.2008, dem Kläger zugegangen am 01.10.2008, mit welchem die Versetzung des Klägers in den vorzeitigen Ruhestand mit Wirkung vom 01.10.2008 angeordnet wurde, wird aufgehoben und es wird festgestellt, dass das Dienstverhältnis zwischen den Parteien weiterhin zu unveränderten Bedingungen fortbesteht.

2. Die Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz trägt die Beklagte.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger wendet sich mit der Klage gegen seine Versetzung in den Ruhestand vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze.

Der am … 1950 geborene, verheirate Kläger ist seit dem 01.10.1984 bei der Beklagten als DO-Angestellter in der Funktion eines arbeitsmedizinischen Assistenten beschäftigt. Der Kläger ist eingruppiert in die Besoldungsgruppe A8 BBesO, sodass sein derzeitiges Monatsgehalt rund EUR 2.626,00 brutto beträgt. Der Kläger ist mit einem GdB von 30 % schwerbehindert.

Seit 1988 arbeitet der Kläger im Zentrum des A. (ADM) in N.. Dort verrichtet er ganz überwiegend Innendienst. Für die Zeiten vom 21.01. bis zum 25.01.2008 und vom 04.02. bis 08.02.2008 war der Kläger für Einsätze in dem Temporären Untersuchungszentrum auf der Insel S. eingeplant. Nachdem der Kläger seinem Vorgesetzten Dr. B. gegenüber angegeben hatte, aus gesundheitlichen Gründen an den Einsätzen nicht teilnehmen zu können, ließ die Beklagte den Kläger am 16.01.2008 betriebsärztlich untersuchen. Nach dem Untersuchungsergebnis bestanden bei dem Kläger keine wesentlichen Einschränkungen seiner Einsatzfähigkeit als arbeitsmedizinischer Assistent. Dies gelte auch für die Tätigkeit an wechselnden Einsatzorten in Schleswig-Holstein inklusive S. (Bl. 27 d. A.). Der Kläger erklärte daraufhin, dass er sich krank melden werde, wenn die Beklagte an dem vorgesehenen Einsatz auf S. festhalte. In der Folgezeit reichte er fünf Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen für den Zeitraum vom 17.01. bis 20.02.2008 ein. Vom 26.02. bis 29.02.2008 teilte die Beklagte den Kläger wiederum zum Außendienst auf S. ein. Diesen Einsatz konnte der Kläger auch nicht wahrnehmen und legte eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung für die Zeit vom 26.02. bis 07.03.2008 vor. Die Beklagte leitete daraufhin ein Disziplinarverfahren ein und beauftragte parallel dazu den Sozialmedizinischen Dienst der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft B. S., die vertrauensärztliche Begutachtung zur Überprüfung der Dienstfähigkeit des Klägers durchzuführen. Wegen des Ergebnisses der am 01.04.2008 durchgeführten Untersuchung wird auf das ärztliche Gutachten für die gesetzliche Rentenversicherung vom 03.04.2008 (Bl. 43 – 47 d. A.), die Mitteilung des Ergebnisses der Begutachtung zur Überprüfung der Dienstfähigkeit gemäß § 42 Abs. 1 BBG vom 08.04.2008 (Bl. 48 – 51 d. A.) und die zusammenfassende Stellungnahme vom 22.04.2008 (Bl. 52 – 54 d. A.) Bezug genommen. Dem Gutachten lag u. a. ein Befundbericht der Fachärztin für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie, Frau Dr. F., vom 12.03.2008 zugrunde (Bl. 173 d. A.). Bei der Anamnese hatte der Kläger angegeben, sowohl beruflich durch ein erhöhtes Arbeitsaufkommen als auch privat durch die Betreuung seines behinderten Bruders und die Pflege seines kranken Vaters bis zu dessen Tod erheblich belastet gewesen zu sein. Seit Oktober 2007 sei er zunehmend antriebslos, leicht gereizt, sehr unruhig, müde und vergesslich. Wegen seiner psychischen Probleme traue er sich nicht, mehrere Tage von zu Hause fort zu sein. Er brauche die Nähe seiner Ehefrau, die ihn stabilisiere. Man habe ihm jetz...

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