Entscheidungsstichwort (Thema)

OT-Mitgliedschaft. Gleichstellungsabrede

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Maßgebend für die Feststellung der Tarifgebundenheit ist der Zeitpunkt der wirksamen und verbindlichen Tarifvereinbarung.

2. Die Begründung einer OT-Mitgliedschaft in einem Arbeitgeberverband setzt voraus, dass es für diese Mitgliedschaftsform zu dem Zeitpunkt, in dem ein bisheriges Vollmitglied eine OT-Mitgliedschaft begründen will, eine wirksame satzungsmäßige Grundlage gibt. Es reicht nicht aus, wenn die Satzung des Arbeitgeberverbands für die Mitglieder ohne Tarifbindung lediglich die Rechtsfolge der Tarifgebundenheit nach § 3 Abs. 1 TVG abbedingt.

 

Normenkette

TVG § 3

 

Verfahrensgang

ArbG Lübeck (Aktenzeichen 2 Ca 465/09)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Lübeck – 2 Ca 465/09 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, die tarifliche Lohnerhöhung aufgrund des Tarifabschlusses vom 19. November 2008 im Einzelhandel in Schleswig-Holstein an die Klägerin weiterzugeben.

Die Klägerin ist seit dem 01.09.1993 auf der Grundlage eines schriftlichen Arbeitsvertrags (Bl. 3 f. d. A.) bei der Beklagten als Verkäuferin in deren Einzelhandelsgeschäft beschäftigt. § 18 des Arbeitsvertrags der Parteien lautet wie folgt:

Tarifverträge und Betriebsordnung

Bestandteil dieses Anstellungsvertrages sind die für das Land abgeschlossenen Tarifverträge für Arbeitnehmer im Einzelhandel in ihrer jeweils gültigen Fassung sowie eine etwa vorhandene Betriebsordnung. Der Arbeitnehmer erklärt, daß ihm diese Vereinbarungen bekannt sind.

Bei 22 Wochenarbeitsstunden verdient die Klägerin EUR 1.103,30 brutto. Die Klägerin ist spätestens seit 1990 Mitglied bei der Gewerkschaft ver.di bzw. deren Rechtsvorgängerin.

Die Beklagte betreibt ein Einzelhandelsgeschäft und ist seit Januar 1981 Mitglied im Unternehmerverband Einzelhandel in Schleswig-Holstein. Seit Mai 2005 besitzt die Beklagte eine Mitgliedschaft ohne Tarifbindung i. S. v. § 4 a der Satzung des Einzelhandelsverbands (Kopie der Satzungsbestimmung auf Bl. 49 d. A.).

Zum Zeitpunkt des Arbeitsvertragsschlusses im August 1993 wurden die Gehaltstarifverträge im Einzelhandel in Schleswig-Holstein regelmäßig für allgemeinverbindlich erklärt. Im August 1993 befand sich ein bis zum 31.05.1993 geltender Gehaltstarifvertrag in der Nachwirkung. Im Mai 1994 wurde der sich anschließende Gehaltstarifvertrag vom 02.07.1993 mit Wirkung ab 01.06.1993 für allgemeinverbindlich erklärt.

Im November 2008 vereinbarten die Tarifvertragsparteien des Einzelhandels eine tarifliche Gehaltserhöhung. Diese Gehaltserhöhung (anteiliger Einmalbetrag sowie Tariflohnerhöhung ab Mai bis Dezember 2008) in unstreitiger Höhe machte die Klägerin mit Schreiben vom 13.01.2009 geltend. Die Beklagte wies die Ansprüche mit Schreiben vom 20.01.2009 zurück. Diesen Anspruch verfolgt die Klägerin mit ihrer Klage weiter.

Sie hat vorgetragen, angesichts der Allgemeinverbindlichkeit der Gehaltstarifverträge habe es einer Gleichstellungsabrede im Sinne der Rechtsprechung des BAG bei Abschluss des Arbeitsvertrags der Parteien nicht mehr bedurft. Entsprechend sei die Regelung in § 18 des Arbeitsvertrags auch nicht als Gleichstellungsabrede, sondern als konstitutive Vereinbarung der Geltung der jeweiligen Tarifverträge des Einzelhandels zu verstehen.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, EUR 1.104,67 brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab dem 18.02.2009 an die Klägerin zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat vorgetragen, bei der Bezugnahmeklausel handele es sich um eine Gleichstellungsabrede. Nach Wechsel in eine Mitgliedschaft ohne Tarifbindung fänden auf sie die danach abgeschlossenen Tarifverträge, wie die Tarifeinigung Einzelhandel aus November 2008 keine Anwendung mehr. Der von ihr verwendete vorformulierte Arbeitsvertrag enthalte eine typische Gleichstellungsabrede, für die das Bundesarbeitsgericht in einer Vielzahl von Fällen bereits entschieden habe, dass nach Beendung der Tarifbindung zukünftige Tarifänderungen keine Anwendung mehr fänden.

Das Arbeitsgericht hat die Klage durch Urteil vom 03.09.2009 abgewiesen. Wegen der Begründung des Arbeitsgerichts wird auf das angefochtene Urteil verwiesen.

Gegen dieses ihr am 15.10.2009 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 12.11.2009 durch Telefax und am 13.11.2009 durch Originalschriftsatz Berufung eingelegt und diese mit am 14.12.2009 eingegangenem Originalschriftsatz begründet.

Sie trägt vor: Das Arbeitsgericht habe außer Acht gelassen, dass im Arbeitsvertrag eine verständliche, klare, nachvollziehbare und auch aus diesem Arbeitsvertrag allein heraus auszulegende Vereinbarung getroffen worden sei. Die Parteien hätten unabhängig von der Frage, ob sie tarifgebunden seien oder nicht, den Arbeitsvertrag abgeschlossen auf Grundlage tarifvertraglicher Regelungen. Über die Frage der T...

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