Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosmeldung. Hinweispflicht. Schadensersatz. Schutzgesetz. Informationspflicht des Arbeitgebers

 

Leitsatz (amtlich)

Der Arbeitnehmer kann vom Arbeitgeber in der Regel keinen Schadensersatz verlangen, wenn dieser seiner Verpflichtung nach § 2 Abs. 2 Ziff. 3 SGB III nicht nachgekommen ist, darauf hinzuweisen, dass sich der Arbeitnehmer unverzüglich nach Kenntnis der Beendigung seines Arbeitsverhältnisses arbeitssuchend melden muss.

Bei § 2 Abs. 2 Ziff. 3 SGB III handelt es sich um eine öffentlich-rechtliche Bestimmung, die dem Arbeitnehmer nach ihrem Schutzzweck keine zivilrechtlichen Ansprüche einräumen soll.

 

Normenkette

SGB III § 2 Abs. 2 Ziff. 3, § 37b

 

Verfahrensgang

ArbG Lübeck (Urteil vom 10.12.2004; Aktenzeichen 4 Ca 2762 b/04)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichtes Lübeck vom 10.12.2004 – 4 Ca 2762 b/04 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über das Bestehen eines Schadensersatzanspruches des Klägers wegen unterlassenem Hinweis auf die Verpflichtung zur frühzeitigen Arbeitslosmeldung.

Der Kläger stand bis zum 30.09.2003 bei der Beklagten in einem Arbeitsverhältnis. Mit Schreiben vom 17.07.2003 kündigte die Beklagte zum 30.09.2003 (Bl. 3 d. A.). Eine Belehrung über die Verpflichtung zur unverzüglichen Arbeitslosmeldung gem. § 37b SGB III enthielt das Kündigungsschreiben nicht.

Der Kläger meldete sich erst am 01.10.2003 arbeitslos. Mit Bescheid vom 01.12.2003 setzte die Agentur für Arbeit deshalb eine Leistungsminderung für 30 Tage á 35,00 EUR fest und kürzte dementsprechend den Arbeitslosengeldanspruch des Klägers um 1.050,00 EUR (Bl. 4 d. A.).

Mit Schreiben vom 30.03.2004 machte der Kläger gegenüber der Beklagten diesen Betrag außergerichtlich als Schadensersatz wegen Verletzung der Hinweispflicht aus § 2 Abs. 2 Ziff. 3 SGB III in Verbindung mit § 37b SGB III (Bl. 5 d. A.) geltend. Die Beklagte lehnte jegliche Zahlung ab. Daraufhin machte der Kläger den Betrag in Höhe von 1.050,00 EUR mit der am 16.08.2004 beim Arbeitsgericht Lübeck eingegangenen Klage anhängig. Das Arbeitsgericht hat die Klage im Wesentlichen mit der Begründung abgewiesen, die Beklagte habe keine Pflichtverletzung begangen. Auch stellten die Vorschriften von § 2 Abs. 2 Ziff. 3 SGB III in Verbindung mit § 37b SGB III kein Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB dar. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die Begründung des Urteils des Arbeitsgerichts Lübeck vom 10.12.2004 Bezug genommen.

Gegen diese dem Kläger am 20.01.2005 zugestellte Entscheidung legte er am 07.02.2005 Berufung ein, die am 10.02.2005 begründet wurde.

Der Kläger ergänzt und vertieft im Wesentlichen sein erstinstanzliches Vorbringen. Seines Erachtens stellt § 2 Abs. 2 Ziff. 3 SGB III nicht nur eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung des Arbeitgebers gegenüber der Bundesagentur für Arbeit dar, regele vielmehr gleichzeitig das privatrechtlich ausgestaltete Rechtsverhältnis zwischen den Arbeitsvertragsparteien selbst. Die Beklagte habe ihn über seine Verpflichtung, sich unverzüglich bei der Agentur für Arbeit arbeitssuchend zu melden, informieren müssen. Da sie diese Hinweispflicht verletzt habe, sei ihm durch die Leistungskürzung der Agentur für Arbeit ein Schaden entstanden, den die Beklagte zu ersetzen habe. Wenn eine Nichtbeachtung der gesetzlich geregelten Hinweispflicht sanktionsfrei bleibe, habe die Vorschrift keinen Sinn. Der Kläger könne auch nicht darauf verwiesen werden, dass er sich habe selbst über die geltende Gesetzeslage informieren müssen, da er nur bedingt deutsch spreche.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Lübeck vom 10.12.2004 zum Aktenzeichen – 4 Ca 2762 b/04 – wird aufgehoben und die Beklagte verurteilt, an den Kläger 1.050,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB hieraus seit dem 17.04.2004 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil sowohl in tatsächlicher, als auch in rechtlicher Hinsicht für zutreffend. Sie behauptet, der Kläger sei am 16.07.2003 mündlich darüber informiert worden, sich umgehend beim Arbeitsamt arbeitslos zu melden. Im Übrigen begründe § 2 Abs. 2 Ziff. 3 SGB III keine vertragliche Verpflichtung gegenüber Arbeitnehmern, sondern lediglich eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung des Arbeitgebers. Dies ergebe sich insbesondere aus der Gesetzesbegründung. Die Vorschrift diene allein der Unterstützung frühzeitiger Anstrengungen des Arbeitnehmers bei der Suche nach einer neuen Beschäftigung. Sie stehe lediglich im Kontext mit der Konkretisierung der Meldepflicht bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Ein unterlassener Hinweis nach § 2 Abs. 2 Satz 2 Ziff. 3 SGB III befreie den Versicherten nicht von seiner eigenen Verpflichtung nach § 37b SGB III. Insoweit handele es sich um eine rein ordnungsrechtliche Vorschrift, die deshalb auch keine Sanktionen regele. Ein Individualanspruch sei damit nicht verbund...

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