REVISION / RECHTSBESCHWERDE /REVISIONSBESCHWERDE ZUGELASSEN NEIN

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Betriebliche Übung. tarifliche Ausschlußfrist. Nichtauslage des Tarifvertrages im Betrieb. unzulässige Rechtsausübung

 

Leitsatz (amtlich)

Ein Arbeitgeber, der sich im Rahmen betrieblicher Übung auf die Geltung der einschlägigen Tarifverträge und damit auf die Anwendbarkeit der tarifvertraglich vorgesehenen Verfallfristen beruft, muß sich den Einwand der unzulässigen Rechtsausübung entgegenhalten lassen, wenn er den entsprechenden Tarifvertrag nicht in seinem Betrieb ausgelegt hat.

 

Normenkette

TVG § 8; BGB § 242

 

Verfahrensgang

ArbG Flensburg (Urteil vom 18.11.1985; Aktenzeichen 1 Ca 842 + 843/85)

 

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Flensburg vom 18. November 1985 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob der Beklagte verpflichtet ist, an die Kläger jeweils einen Monatsverdienst zu zahlen.

Für den Sach- und Streitstand in erster Instanz wird gemäß § 543 ZPO auf das angefochtene Urteil des Arbeitsgerichts Flensburg vom 18. November 1985 nebst seinen Verweisungen Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht hat den Zahlungsansprüchen der Kläger mit der Begründung entsprochen, daß der Beklagte sich durch einzelvertragliche Abrede zur Zahlung der Monatsverdienste verpflichtet habe; die Ansprüche der Kläger seien durch Ablauf der tariflichen Ausschlußfristen nicht verfallen.

Gegen dieses ihm am 27. November 1985 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 24. Dezember 1985 Berufung eingelegt und diese am 22. Januar 1986 begründet.

Der Beklagte trägt vor: Das erstinstanzliche Urteil gehe zu Unrecht davon aus, daß dem Anspruch der beiden Kläger der Ablauf der tarifvertraglichen Verfallfrist nicht entgegenstehe. Ob die Parteien die Anwendbarkeit von Vorschriften des Manteltarifvertrages ausdrücklich vereinbart hätten, könne dahingestellt bleiben; auszugehen sei jedoch davon, daß die tariflichen Bestimmungen durch betriebliche Übung zum Inhalt des Arbeitsvertrages der Parteien geworden seien. Der Beklagte wende nämlich seit Eröffnung des Betriebes die einschlägigen Tarifverträge für alle Arbeitnehmer an, d. h. auch für diejenigen Arbeiter und Angestellten, die nicht gewerkschaftlich organisiert seien.

An den Kläger zu 2) habe er seit dem 01. Januar 1980 die tariflichen Lohnerhöhungen weitergegeben; auch die Urlaubsansprüche des Klägers zu 2) würden nach dem Manteltarifvertrag geregelt, ferner das Weihnachts- und Urlaubsgeld. Die Klägerin zu 1) habe ein übertarifliches Gehalt bezogen. Die Urlaubsansprüche sowie die Ansprüche auf Weihnachtsgeld und Urlaubsgeld hätten sich für die Klägerin zu 1) nach der tarifvertraglichen Regelung gerichtet. Den Klägern sei auch bekannt gewesen, daß die einschlägigen Tarifverträge auf ihre arbeitsvertraglichen Ansprüche angewandt würden. So habe der Kläger zu 2) regelmäßig bei der Kreishandwerkerschaft angerufen, um den jeweils geltenden Tarif Urlaub für sich und die anderen Arbeitnehmer zu erfragen. Auch hätten die Kläger zusammen mit dem Mitarbeiter G. mehrfach über ihre tariflichen Lohn-, Urlaubs- und sonstigen Ansprüche gesprochen. Dem Mitarbeiter Gerhard sei es darum gegangen, nach den Bestimmungen des Tarifvertrages ein Werkstattleitergehalt zu bekommen (Beweis: Zeugnis Doris B.). Nach dieser betrieblichen Praxis seien die Bereiche, die üblicherweise in Lohn- und Manteltarifverträgen geregelt würden, aufgrund betrieblicher Übung zum Inhalt der Arbeitsverträge der Arbeitnehmer geworden, die, wie die Kläger, nicht tarifgebunden seien.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Flensburg vom 18. November 1985 – 1 Ca 842 + 843/85 –, zugestellt am 27. November 1985, aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Kläger beantragen,

die Berufung kostenpflichtig abzuweisen.

Sie tragen vor: Das erstinstanzliche Urteil sei zu Recht davon ausgegangen, daß die tarifvertraglichen Verfallfristen nicht zur Anwendung kämen.

Wegen weiterer Einzelheiten des Parteivorbringens im Berufungsrechtszuge wird auf den vorgetragenen Inhalt der Schriftsätze der Parteien Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die Berufung des Beklagten ist zulässig. Sie ist der Beschwer nach statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. In der Sache konnte sie jedoch keinen Erfolg haben.

In Übereinstimmung mit dem erstinstanzlichen Urteil geht die Berufungskammer davon aus, daß die Zahlungsansprüche der Kläger gegen den Beklagten durch Ablauf der tariflichen Ausschlußfristen nicht verfallen sind.

Die Bestimmungen des Manteltarifvertrages für die Arbeiter bzw. Angestellten des metallverarbeitenden Handwerks in Schleswig-Holstein, insbesondere der die Ausschlußfrist regelnde Paragraph 16, sind auf das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht anwendbar. Die Kläger sind, wie sie unwidersprochen vorgetragen haben, nicht gewerkschaftlich organisiert, so daß sie nicht kraft Mitgliedschaft bei einem Tarifvertragspartner tarifunterworfen sind. Die Parteien haben nicht vereinba...

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