Entscheidungsstichwort (Thema)

Geschäftsunfähigkeit. Aufhebungsvertrag. Unbegründeter Feststellungsantrag zur Nichtigkeit eines Aufhebungsvertrags bei fehlendem Nachweis vorübergehender Störung der Geistestätigkeit

 

Leitsatz (amtlich)

Ein Aufhebungsvertrag kann auch wegen partieller Geschäftsunfähigkeit gemäß § 105 Abs. 2 BGB unwirksam sein. Der sich auf die Unwirksamkeit des Aufhebungsvertrags wegen Geschäftsunfähigkeit berufende Arbeitnehmer muss die maßgeblichen Tatsachen substantiiert vortragen. Auf die Wahrscheinlichkeit des Vortrags kommt es für die Schlüssigkeit der Klage nicht an.

 

Normenkette

BGB § 105 Abs. 2, § 104 Nr. 2, § 611 Abs. 1; ZPO § 256 Abs. 1; ArbGG § 61a Abs. 5, § 67 Abs. 1, 2 S. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Flensburg (Entscheidung vom 10.09.2010; Aktenzeichen 3 Ca 1637 a/09)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeits- gerichts Flensburg vom 10.09.2010 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit eines Aufhebungsvertrags.

Der 1960 geborene, verheiratete und 2 Kindern zum Unterhalt verpflichtete Kläger ist seit dem 01.08.1996 als Lehrer zu einem Bruttomonatsgehalt von zuletzt 3.305,18 € beim Beklagten beschäftigt. Der Kläger ist alkoholkrank und steht seit dem 27.11.2009 unter Betreuung. Der Beklagte betreibt mehrere Schulen.

Seit 2007 war der Kläger an der Dänischen Schule in N. eingesetzt. Mit Schreiben vom 11.02.2008 (Bl. 23 bis 25 d. A.) erteilte der Beklagte dem Kläger eine Abmahnung, in welcher er die Arbeitseinstellung des Klägers und die Ausführung seines Dienstes rügte. Zwei weitere Abmahnungen wurden dem Kläger unter dem 17.04.2008 erteilt. In der ersten Abmahnung (Bl. 26 bis 28 d. A.) warf der Beklagte dem Kläger vor, er habe gegenüber vier Schülern der 5. Klasse den Ausdruck "verpisst euch" verwendet. Mit der zweiten Abmahnung (Bl. 29 bis 31 d. A.) beanstandete der Beklagte, der Kläger habe am 16.04.2008 gegenüber vier Schülern der 5. Klasse damit gedroht, sie könnten sich "auf was gefasst machen"; hierbei handele es sich um eine unschickliche Ausdrucksweise. Mit Schreiben vom 14.05.2008 (Bl. 32 bis 34 d. A.) mahnte der Beklagte den Kläger erneut ab. Dem Kläger wurde vorgeworfen, am 13.05.2008 die zweite Stunde nicht gegeben zu haben; außerdem habe der Kläger die Schüler der 3. und 4. Klasse mit in die Stadt genommen, um Fisch zu kaufen, den er für seinen Unterricht in der 5. und 6. Klasse benötigt habe. Während des Einkaufs habe er die Schüler alleine auf der Straße stehen lassen. Außerdem habe er die Schule verlassen, ohne die Schulleitung hierüber zu informieren.

In der Folge wurde der Kläger auf seinen Wunsch an die Schule in B. versetzt und die Stundenzahl reduziert. Am 04.12.2008 führte der Beklagte mit dem Kläger ein Gespräch, in welchem vereinbart wurde, dass der Kläger sich wegen eines Alkoholproblems in Behandlung begeben und diese möglichst dokumentieren solle. Während der Behandlung unterrichtete der Kläger weiter. Mit Schreiben vom 16.12.2008 (Bl. 35 bis 37 d. A.) mahnte der Beklagte den Kläger erneut ab. In dem Abmahnungsschreiben wurde dem Kläger vorgeworfen, am 16.12.2008 in alkoholisiertem Zustand zur Arbeit erschienen zu sein. Eine weitere Abmahnung erfolgte unter dem 09.02.2009 (Bl. 38 bis 40 d. A.) wegen des Vorwurfs verspäteter Krankmeldungen. Der Samarbejdsråd der B. Schule - eine Art Elternbeirat - teilte dem Beklagten mit Schreiben vom 02.04.2009 (Bl. 41 bis 43 d. A.) mit, dass es sehr viele Klagen von Eltern und Schülern wegen des Unterrichts des Klägers und seines Verhaltens gegeben habe, und bat um ein Gespräch. Darüber hinaus beschwerten sich Eltern von Kindern der 5. Klasse mit einem Schreiben vom 30.03.2009 (Bl. 44 bis 47 d. A.) darüber, dass der Kläger gegenüber Schülern sexistische und moralisch bedenkliche Äußerungen getätigt habe, auf Fragen aggressiv reagiere, unverständliche Erklärungen gebe und - vermutlich nach Alkohol - rieche. Der Beklagte stellte den Kläger daraufhin mit Schreiben vom 07.04.2009 (Bl. 48 bis 50 d. A.) von der Arbeitspflicht frei. Am 23.04.2009 kam es zwischen den Parteien zu einem Treffen, an welchem für den Kläger auch ein Gewerkschaftsvertreter teilnahm. Der Beklagte beabsichtigte zunächst, das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger zu beenden. Um dies zu vermeiden, trafen die Parteien eine Vereinbarung, die u. a. vorsah, dass sich der Kläger in eine 6-wöchige stationäre Alkoholbehandlung begibt sowie dass er nach der Alkoholbehandlung an einer neuen Schule seinen Dienst ausüben werde.

Hinsichtlich des weiteren Inhalts der Vereinbarung wird auf Bl. 51 bis 53 d. A. Bezug genommen. Der Kläger begab sich in der Folge in Therapie. Der behandelnde Arzt des Klägers bescheinigte am 23.06.2009, dass der Kläger bis zum 16.06.2009 eine qualifizierte stationäre Entgiftungs- und Rehabilitationsbehandlung absolviert habe, welche zunächst einmal abgeschlossen sei. Die psychiatrisch-psychotherapeutische ambulante Behandlung laufe weiter. Es sei zum jetzigen...

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