Entscheidungsstichwort (Thema)

Wirksamkeit eines Aufhebungsvertrages. Vorübergehender Störung der Geistestätigkeit. Voraussetzungen einer Anfechtung

 

Leitsatz (redaktionell)

Im Hinblick auf eine Anfechtung nach § 119 BGB hat der Anfechtende sowohl für das Vorliegen des Irrtums und für den bestimmenden Einfluss des Irrtums auf die Abgabe der angefochtenen Willenserklärung als auch dafür, dass er bei verständiger Würdigung die Erklärung nicht abgegeben haben würde, die Darlegungs- und Beweislast.

 

Normenkette

BGB §§ 119, 123, 105 Abs. 2; SGB IX § 87 Abs. 3

 

Verfahrensgang

ArbG Darmstadt (Entscheidung vom 08.11.2012; Aktenzeichen 6 Ca 73/12)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Darmstadt vom 08. November 2012 - 6 Ca 73/12 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten auch im Berufungsverfahren um den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses und in diesem Zusammenhang um die Wirksamkeit eines Aufhebungsvertrages.

Der am A geborene und seit 1971 bei der Beklagten beschäftigte Kläger war zuletzt freigestellter Gesamtschwerbehindertenvertreter und erzielte ein monatliches Bruttogehalt von etwa 4.000,00 Euro. Er hielt sich in der Zeit vom 29. September bis 11. November 2010 in der psychiatrischen Fachklinik B auf. In der entsprechenden Stellungnahme der Fachklinik B vom 25. November 2010 heißt es unter anderem, dass auf Grund charakteristischer Symptome die Diagnose einer schweren depressiven Episode gestellt wurde. Am Ende des Schreibens heißt es: "Wir konnten Herrn C in deutlich gebessertem Befinden in ihre geschätzte ambulante Weiterbehandlung entlassen" (Bl. 123 - 126 d. A.). Noch während des Klinikaufenthaltes nahm der Kläger Kontakt zur Beklagten auf, zum Zwecke des Abschlusses eines Aufhebungsvertrages. Dabei hat er gegenüber der für das Abfindungsprogramm zuständigen Personalreferentin Frau D geäußert, dass er erst 2012 ohne Abschläge in Rente gehen könne und bis dahin die Zeit mit Arbeitslosigkeit überbrücken wolle. Am 26. November 2010 haben die Vertrauensperson der Schwerbehindertenvertretung und die stellvertretende Betriebsratsvorsitzende zur Vorlage beim Integrationsamt für den Kläger ein Schreiben erstellt, in dem es unter anderem heißt: "Hiermit bestätigen wir, dass der Arbeitsplatz von Herrn C, dem die Geschäftsleitung einen Aufhebungsvertrag anbietet, dauerhaft entfällt und kein Ersatzarbeitsplatz angeboten werden kann. Herr C befindet sich damit in der Zwangslage, entweder den Aufhebungsvertrag zu schließen oder von Arbeitslosigkeit bedroht zu werden. Ein Abwarten ist nicht zumutbar, da dies die Chancen auf dem Arbeitsmarkt schmälert", wegen der Einzelheiten des Schreibens wird auf Bl. 37 d. A. Bezug genommen.

Am 30. November 2010 unterschrieb der Kläger einen Aufhebungsvertrag, in welchem vereinbart wurde, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien zum 30. Juni 2011 betriebsbedingt endete und die Beklagte an den Kläger eine einmalige Abfindung nach den §§ 9, 10 KSchG in Höhe von 10.000,00 Euro brutto zahlt. Wegen der weiteren Einzelheiten des Aufhebungsvertrages wird auf Bl. 10 - 13 d. A. Bezug genommen. Mit Schreiben vom 07. Dezember 2010 teilte der Landeswohlfahrtsverband zur Vorlage bei der Agentur für Arbeit mit, dass die erreichte gütliche Einigung der Parteien analog § 87 Abs. 3 SGB IX unterstützt werde, wegen der Einzelheiten des Schreibens wird auf Bl. 38 d. A. Bezug genommen.

Vom 20. bis 21. Dezember 2010 befand sich der Kläger wegen akuter Anpassungsstörung, rezidivierender depressiver Episode im Zentrum für Psychiatrie, Psychotherapie, Psychosomatik und Neurologie der E, wegen der Einzelheiten eines Kurzentlassungsberichts wird auf Bl. 140 u. 141 d. A. Bezug genommen. Vom 27. bis 28. Dezember 2010 befand sich der Kläger auf Veranlassung der Polizei in einer geschlossenen Abteilung der E. In der Zeit vom 10. Januar bis 04. Februar 2011 befand sich der Kläger in der Fachklinik B. In der Stellungnahme zu diesem Aufenthalt vom 09. Februar 2011 heißt es unter Anderem unter der Überschrift "Therapie und Verlauf", dass der Kläger auf Grund einer erneuten Verschlechterung der depressiven Symptomatik aufgenommen worden sei. Er habe schließlich in stabilem Befinden in die ambulante Weiterbehandlung entlassen werden können, wegen der Einzelheiten des Berichts wird auf Bl. 118 - 122 d. A. Bezug genommen.

Die vom nunmehrigen Prozessbevollmächtigten des Klägers mit Schreiben vom 06. Februar 2012 von der Beklagten begehrte Weiterbeschäftigung unter gleichzeitiger Anfechtung des Aufhebungsvertrages vom 30. November 2010 (Bl. 14 d. A.) lehnte die Beklagte ab. Mit am 23. April 2012 bei Gericht eingegangener Klage begehrte der Kläger zunächst seine Weiterbeschäftigung, zuletzt die Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis der zwischen den Parteien fortbesteht.

Wegen des weiteren unstreitigen Sachverhaltes, des streitigen Vortrages der Parteien im ersten Rechtszug und der dort gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des angefoch...

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