Entscheidungsstichwort (Thema)

Entgeltrahmenabkommen Metallindustrie. ERA-Strukturkomponente

 

Leitsatz (redaktionell)

Wenn ein nicht tarifgebundener Arbeitgeber mit seinen Arbeitnehmern einzelvertraglich ein Leistungspaket vereinbart, das ua die freiwillige Weitergabe von tarifvertraglichen Gehaltssteigerungen vorsieht, bedeutet das nicht, dass der Arbeitgeber sich die Leistung immer wieder vorbehalten will.

Der Begriff „freiwillig” muss nicht so verstanden werden, dass ein Rechtsanspruch ausgeschlossen werden soll.

 

Normenkette

BGB §§ 133, 157

 

Verfahrensgang

ArbG Lübeck (Teilurteil vom 13.01.2005; Aktenzeichen 2 Ca 3254/03)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 09.11.2005; Aktenzeichen 5 AZR 351/05)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Lübeck vom 13.01.2005 – 2 Ca 3254/03 – teilweise abgeändert:

Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger bezogen auf die ERA-Strukturkomponente als Einmalzahlung für die Zeit vom 01.01.2003 bis 31.05.2003 in der Metallindustrie Schleswig-Holstein (berechnet nach der Formel 5,00 × 0,9 %: 1,031 × individuelles regelmäßiges Monatsentgelt des Auszahlungsmonats) Auskunft über die Höhe der von der Beklagten gem. Ziffer 4.3 Satz 6 des von der Beklagten betriebseinheitlich angewendeten „Leistungspakets” für den Kläger vorgesehenen Tarifweitergabe zu geben.

Die Beklagte wird weiter verurteilt, dem Kläger, bezogen auf die ERA-Strukturkomponente als Einmalzahlung für die Zeit vom 01.06.2003 bis 31.12.2003 in der Metallindustrie Schleswig-Holstein (berechnet nach der Formel 8,24 × 0,5 % : 1,026 × individuelles regelmäßiges Monatsentgelt des Auszahlungsmonats) Auskunft über die Höhe der von der Beklagten gem. Ziff. 4.3 Satz 6 des von der Beklagten betriebseinheitlich angewendeten „Leistungspakets” für den Kläger vorgesehenen Tarifweitergabe zu geben.

Die Berufung des Klägers wird im Übrigen hinsichtlich der Hauptanträge zurückgewiesen.

Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um eine einzelvertragliche Verpflichtung der Beklagten zur Weitergabe von Tariflohnerhöhungen der Metallindustrie Schleswig-Holstein im Zusammenhang mit der Einführung des Entgelt-Rahmen-Abkommens (ERA).

Der Kläger ist bei der Beklagten seit dem 01.04.1986 als Angestellter beschäftigt. Er ist Vorsitzender des bei der Beklagten gebildeten Betriebsrats. Im Monat April 2003 erhielt er ein Grundgehalt von 3.515,10 EUR brutto zuzüglich einer erfolgsbezogenen Prämie in Höhe von 249,29 EUR. Im Monat September 2003 belief sich sein Grundgehalt auf 3.590,39 EUR. Die erfolgsbezogene Prämie betrug 277,41 EUR.

Die Beklagte ist nicht tarifgebunden. Inhalt des zwischen den Parteien vereinbarten Arbeitsverhältnisses ist das sog. Leistungspaket der Beklagten (BI. 10 d. A. ff.), das auf das Arbeitsverhältnis mit dem Stand Juli 1996 Anwendung findet. Dieses lautet auszugsweise:

4.1 In der A. GmbH werden marktgerechte Gehälter gezahlt. Es erfolgt mangels Tarifbindung keine Eingruppierung, z.B. entsprechend den Bestimmungen der Metallindustrie. Das Gehalt unterteilt sich in ein Grundgehalt als anforderungsbezogenem Entgeltbestandteil und einen freiwilligen, erfolgsbezogenen Prämienanteil.

4.2 Es wird ein Jahresgehalt vereinbart, welches sich unterteilt in 12 Monatsentgelte. Das Monatsentgelt besteht aus einem anforderungsbezogenen und einem erfolgsbezogenen Teil gemäß Ziffer 1.4.

4.3 Die A. GmbH wird die in der Metallindustrie Schleswig-Holstein zwischen den Tarifvertragsparteien ausgehandelten Gehaltssteigerungen in Summe, bezogen auf das anforderungsbezogene Entgelt freiwillig an alle Beschäftigten weitergeben, soweit dies aus wirtschaftlichen Gründen vertretbar ist und soweit es sich nicht um strukturelle Änderungen handelt. Die Beurteilung der wirtschaftlichen Situation wird dabei an den Plan- und Ist-Zahlen sowie der generellen Einschätzung der weiteren Geschäftssituation erfolgen. Hierüber entscheidet die Geschäftsleitung jeweils nach entsprechendem Tarifabschluss. Die Entscheidung ist mit dem Betriebsrat vor Umsetzung zu beraten. Die zur Verfügung stehende Summe wird zu 50 % als generelle, kollektive Erhöhung auf das anforderungsbezogene Gehalt weitergegeben. Die übrigen 50 % sind der individuellen Gehaltsüberprüfung vorbehalten.

Die Mitglieder des Nordverbund e.V., bestehend aus Nordmetall (Hamburg), Nordmetall (Wilhelmshaven) und der IG Metall Bezirk Küste (Hamburg), haben u.a. für das Tarifgebiet Schleswig-Holstein ihr Verhandlungsergebnis in einer Erklärung vom 24. Mai 2002 niedergelegt (BI. 6 ff d. A.). Dort heißt es:

3. Mit Wirkung ab 1. Juni 2002 erhöht sich das Tarifvolumen um insgesamt 4 %, mit Wirkung ab 1. Juni 2003 um weitere 3,1 %. Diese Erhöhungen werden jeweils wie folgt auf zwei Komponenten verteilt:

3.1 Mit Wirkung ab 1. Juni 2002 werden die Löhne und Gehälter um 3,1 % erhöht, mit Wirkung ab 1. Juni 2003 um weitere 2,6 %.

3.2 Das restliche Erhöhungsvolumen von 0,9 % bzw. 0,5 % fließt...

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