Entscheidungsstichwort (Thema)

Offensichtliche Unzuständigkeit der Einigungsstelle. Zuständigkeit des Betriebsrats für Arbeitssicherheit und betriebsärztliche Betreuung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats ist offenkundig nicht gegeben - und damit ist auch eine Einigungsstelle offenkundig unzuständig -, wenn bei fachkundiger Beurteilung durch das Gericht sofort erkennbar ist, dass ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats in der fraglichen Angelegenheit unter keinen denkbaren rechtlichen Gesichtspunkten in Frage kommt. Ebenso liegt offensichtliche Unzuständigkeit vor, wenn das in Anspruch genommene Mitbestimmungsrecht offensichtlich nicht dem antragstellenden Betriebsrat, sondern dem Gesamtbetriebsrat zusteht.

2. Die Regelung von Einsatzzeiten der Fachkraft für Arbeitssicherheit und des Betriebsarztes ergibt sich aus den Gegebenheiten im jeweiligen Betrieb. Ohne eine Delegation nach § 50 Abs. 2 BetrVG verbleibt es bei der Zuständigkeit und dem Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats, nicht aber des Gesamtbetriebsrats, für diesen Regelungsgegenstand.

 

Normenkette

ArbGG § 100 Abs. 1 S. 2; BetrVG § 50 Abs. 1-2, § 87 Abs. 1 Nr. 7; ASiG § 3 Abs. 1, § 6 Abs. 1; DGUV-V2 Anl. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Elmshorn (Entscheidung vom 17.10.2019; Aktenzeichen 1 BV 45 e/19)

 

Tenor

Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Elmshorn - 4 BV 45 e/19 - vom 17.10.2019 wird zurückgewiesen

 

Gründe

A.

Die Beteiligten streiten über die Einsetzung einer Einigungsstelle und insoweit im Beschwerdeverfahren nur noch darüber, ob die Einigungsstelle für den vorgesehenen Regelungsgegenstand "Aufgaben und Einsatzzeiten der Fachkraft für Arbeitssicherheit und des Betriebsarztes nach DGUV-V2" offensichtlich unzuständig ist.

Die Antragsgegnerin (Arbeitgeberin) ist eine Gesellschaft der Freien und Hansestadt H.. . Sie betreibt ein Unternehmen im Bereich des öffentlichen Personennahverkehrs und unterhält in H.. und S.-H. mehrere Betriebshöfe. Es sind verschiedene örtliche Betriebsräte und ein Gesamtbetriebsrat gebildet. Der antragstellende Betriebsrat ist für den Betriebshof in S... gewählt. Ein weiterer Betriebsrat ist für den Betriebshof in E... gebildet.

Für die Betriebe E... und S... gibt es einen gemeinsamen Fahrzeugpool. Insbesondere beim Fahrplanwechsel werden Busse des einen Betriebs im jeweils anderen Betrieb eingesetzt. Im Regelfall wird eine Linie ausschließlich von einem Betriebshof befahren. Die Hauptuntersuchung der Busse findet in der Werkstatt in S... statt, während die Wartungen in der Werkstatt in E... erfolgen. Weitere Werkstätten befinden sich an anderen Betriebshöfen. Gemeinsamer Werkstattleiter ist Herr M. Die Busse sind unternehmenseinheitlich ausgestattet. Technischer Leiter aller Werkstätten ist Herr K. An den Wende- und Parkplätzen befinden sich Sanitäranlagen, die von Arbeitnehmern verschiedener Betriebshöfe genutzt werden. Wegen kurzfristiger Bedarfe kommt es regelmäßig dazu, dass Werkstattarbeitnehmer aus E... im Betrieb S... oder umgekehrt tätig werden.

Die Arbeitnehmer der IT-Abteilung sind bis auf zwei, die am Betriebshof S... tätig sind, dem Betriebshof in B... zugeordnet. Auch Arbeitnehmer der Abteilungen Personal und Marketing halten sich regelmäßig an verschiedenen Betriebshöfen auf, etwa für Bewerbungsgespräche und Werbemaßnahmen.

Seit dem Jahr 2013 besteht eine Vereinbarung der Arbeitgeberin mit dem überbetrieblichen Dienst B... G... und S... GmbH, mit dem auch eine Vereinbarung über die Aufgaben und Einsatzzeiten getroffen wurde. Seit 2018 arbeitet die Arbeitgeberin mit dem überbetrieblichen Dienst der B... GmbH zusammen. Deren Betriebsärztin Frau Dr. F. ist für sämtliche Betriebe der Arbeitgeberin zuständig. Der Gesamtbetriebsrat der Arbeitgeberin hat dem Einsatz des überbetrieblichen Dienstes ausdrücklich zugestimmt. Deren Aufgaben und Einsatzzeiten sind dem Gesamtbetriebsrat bekannt.

Unter dem 26.06.2019 beschloss der Antragsteller (Betriebsrat), die Antragsgegnerin zu Verhandlungen über den Abschluss einer Betriebsvereinbarung zu den Aufgaben und Einsatzzeiten der Fachkraft für Arbeitssicherheit und des Betriebsarztes aufzufordern. Nachdem die Arbeitgeberin am 05.07.2019 eine Regelung mit dem Betriebsrat im Hinblick auf eine nach ihrer Auffassung bestehende Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats abgelehnt hatte, hat der Betriebsrat das vorliegende Verfahren auf Einsetzung einer Einigungsstelle eingeleitet.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstands in erster Instanz und der dort gestellten Anträge wird auf die Akte Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht hat mit Beschluss vom 17.10.2019 die Direktorin des Arbeitsgerichts K... B... zur Vorsitzenden für eine Einigungsstelle mit dem Regelungsgegenstand "Aufgaben und Einsatzzeiten der Fachkraft für Arbeitssicherheit und des Betriebsarztes nach DGUV-V2" bestellt und die Zahl der Beisitzer auf zwei je Seite festgesetzt. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Einigungsstelle sei für den vorgesehenen Regelungsgege...

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