Verfahrensgang

ArbG Neumünster (Beschluss vom 16.09.1986; Aktenzeichen 1 Ca 1188/86)

 

Tenor

wird die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluß des Arbeitsgerichts Neumünster vom 16. September 1986 auf ihre Kosten zurückgewiesen.

 

Tatbestand

I. Die Klägerin hat Prozeßkostenhilfe für eine Klage mit folgenden Anträgen beantragt:

  1. Den Beklagten zu verurteilen, auf der Lohnsteuerkarte 1985 sowie auf dem Rentenversicherungsnachweis 1985 die Einkünfte der Klägerin mit dem tatsächlichen Bruttoverdienst von 25.133,38 DM zu bescheinigen und die so berichtigten Arbeitspapiere an die Klägerin herauszugeben.
  2. Außerdem die Lohnsteuerkarte 1986 nach dem Arbeitseinkommen bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 17. Januar 1986 auszufüllen und auszuhändigen.

Mit dem angefochtenen Beschluß hat das Arbeitsgericht die beantragte Prozeßkostenhilfe wegen nicht hinreichender Aussicht auf Erfolg der damit beabsichtigten Rechts Verfolgung verweigert. Wegen der Begründung wird auf die Gründe des angefochtenen Beschlusses Bezug genommen.

Gegen diesen Beschluß wehrt sich die Klägerin mit der am 26. September 1986 beim Arbeitsgericht eingegangenen Beschwerde. Sie meint, die Arbeitsgerichte seien auch für diese Art. von Rechtsstreitigkeiten zuständig und hält ihren Antrag auf Gewährung von Prozeßkostenhilfe und auf Beiordnung ihres Rechtsanwalts aufrecht. Im übrigen wird auf den Inhalt der Beschwerdeschrift verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

II. Die Beschwerde ist nach § 127 Abs. 2 ZPO zulässig, jedoch nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat seine Zuständigkeit zur Berichtigung der Eintragungen in die Arbeitpapiere zu Recht abgelehnt. Seine Ansicht, daß der Rechtsstreit daher keine hinreichende Aussicht auf Erfolg biete (§ 114 ZPO), ist zutreffend.

Die Arbeitsgerichte sind nach § 2 Abs. 1 Ziff. 3 e ArbGG zuständig für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern über Arbeitspapiere. Mit dieser Neufassung des § 2 Abs. 1 Nr. 3 e ArbGG wollte der Gesetzgeber bestehende Schwierigkeiten in der sachlichen Zuständigkeit der Gerichte an sich beseitigen (BT-Drucksache 8/1567, S. 4, 26 und BT-Drucksache 8/2535, S. 5, 34). Wie aus dem Gesetzestext ersichtlich, ist dieses Ziel jedenfalls nur unvollkommen erreicht worden, denn nach wie vor betrifft § 2 Abs. 1 Ziff. 3 ArbGG insgesamt nur bürgerliche Streitkeiten i. S. von § 13 GVG, ein darüber hinausgehender Wille des Gesetzgebers hat im Gesetz keinen Ausdruck gefunden (Rohlfing-Rewolle, ArbGG, Anm. 8 e zu § 2 m. w. Nachw.; auch Welzel, Arbeit und Recht 79, 225, führt aus, daß das Reformvorhaben sich im Gesetzestext nicht ausreichend niedergeschlagen hat).

Dennoch sind Rechtsstreitigkeiten um die Herausgabe und um das Ausfüllen der Arbeitspapiere als bürgerlich-rechtlich einzuordnen, und die Arbeitsgerichte für die Geltendmachung dieser Ansprüche im Klagewege zuständig. Die Neufassung des § 2 Abs. 1 Ziff. 3 e ArbGG läßt nämlich erkennen, daß der Gesetzgeber insoweit die Möglichkeit bürgerlicher Rechtsstreitigkeiten gesehen hat. Dieser Anspruch auf Herausgabe und Ausfüllen der Arbeitspapiere ergibt sich rechtlich als eine Nebenpflicht aus dem Arbeitsvertrag. Wie der Arbeitnehmer aus dem Arbeitsvertrag die Nebenpflicht zur Vorlage der Arbeitspapiere bei der Einstellung hat, damit der Arbeitgeber gegenüber dem Finanzamt und den Sozialversicherungsträgern seine Pflicht zum Abführen der Steuern und Sozialabgaben erfüllen kann, obliegt dem Arbeitgeber bei Entlassung des Arbeitnehmers die arbeitsvertragliche Nebenpflicht, die Arbeitspapiere auszufüllen und herauszugeben (vgl. LAG Frankfurt am Main, Beschluß vom 05.01.1983 – 8 Ta 295/82– für die Arbeitsbescheinigung nach § 133 AFG; Rohlfing-Rewolle a.a.O. mit zahlreichen weiteren Nachw.). Weitergehende Ansprüche hat der Arbeitnehmer auch nach der Änderung des § 2 Abs. 1 Ziff. 3 e ArbGG jedoch nicht, insbesondere nicht auf klageweise Berichtigung der Eintragungen in die Arbeitspapiere. „Der Arbeitnehmer kann nicht auf vollständige oder ordnungsgemäße Ausfüllung klagen –dies wäre so auch gar nicht vollstreckbar–, da insoweit der Anspruch nicht mehr als (auch) bürgerlich-rechtlich, sondern nur noch … als öffentlich-rechtlich zu qualifizieren ist; erst Recht kann der Arbeitnehmer nicht auf konkrete Eintragungen klagen” (Rohlfing-Rewolle, a.a.O. am Ende).

Die Eintragungen in die Arbeitspapiere ersetzen die Zeugenaussage des Arbeitgebers bei den Amtsermittlungen des Finanzamtes oder der Sozialversicherungsträger und in einem etwaigen öffentlich-rechtlichen Rechtsstreit des Arbeitnehmers. Ebensowenig wie ein Zeuge auf die Bekundung einer bestimmten Tatsache in Anspruch genommen werden kann, kann der Arbeitgeber zur Abgabe einer bestimmten Willenserklärung verurteilt werden (vgl. auch LAG Schleswig-Holstein, Beschluß vom 19. August 1984 – 4 Ta 23/84–).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO.

Gegen diesen Beschluß ist kein Rechtsmittel gegeben.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI917285

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