Entscheidungsstichwort (Thema)

Ablehnungsgesuch. Besorgnis der Befangenheit. Voreingenommenheit. gefestigte Rechtsprechung. Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit

 

Leitsatz (amtlich)

Die Richterablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit ist kein geeignetes Mittel, sich gegen unrichtige bzw. für unrichtig gehaltene Rechtsauffassungen eines Richters zu wehren, es sei denn, die mögliche Fehlerhaftigkeit beruhte auf einer unsachlichen Einstellung des Richters oder auf Willkür (BAG, Beschl. v. 29.10.1992 – 5 AZR 377/92 –).

Allein der Umstand, dass sich die Vorsitzenden unterschiedlicher Kammern über die Beurteilung von abstrakten Rechtsfragen ins Benehmen setzen, rechtfertigt keinen Befangenheitsantrag. Solches kammerübergreifendes Brainstorming dient dem argumentativen Austausch von Rechtsauffassungen mit dem Ziel, die rechtlich einwandfreie Lösung zu finden. Aufgrund eines solchen kollegialen Rechtsgesprächs kann sich eine einheitliche Rechtsprechung verschiedener Kammern herausbilden, zwingend ist dies indessen nicht.

 

Normenkette

ZPO § 42 ff.

 

Verfahrensgang

ArbG Neumünster (Entscheidung vom 08.06.2007; Aktenzeichen 4 Ca 576 a/07)

 

Tenor

Das Gesuch des Klägers, die Vizepräsidentin des Landesarbeitsgerichts, Frau …, wegen der Besorgnis der Befangenheit abzulehnen, wird als unbegründet zurückgewiesen.

 

Tatbestand

I.

Der Kläger führt vor dem Arbeitsgericht Neumünster eine Lohnklage. Eine Entscheidung in der Sache steht noch aus.

Mit Beschluss vom 08.06.2007 hat das Arbeitsgericht den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung des Klägervertreters unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein mit der Begründung abgelehnt, dass es bei einfachen (abgerechneten oder einfach zu berechnenden) Zahlungsansprüchen dem Kläger zuzumuten sei, ggf. die Rechtsantragsstelle des Arbeitsgerichts in Anspruch zu nehmen und den Gütetermin abzuwarten, wenn der Anspruch vorgerichtlich nicht bestritten worden sei und der Arbeitgeber nicht anwaltlich vertreten sei. Auch die Beiordnung eines Rechtsanwalts sei in diesen Fällen nach § 121 Abs. 2 S. 1 ZPO nicht erforderlich.

Gegen diesen ihm am 13.06.2007 zugestellten Beschluss hat der Kläger am 12.07.2007 beim Arbeitsgericht sofortige Beschwerde eingelegt und zugleich die Vorsitzende Richterin am Arbeitsgericht …, als auch den Präsidenten des Landesarbeitsgerichts … als Vorsitzenden der 1. Kammer als auch die Vizepräsidentin des Landesarbeitsgerichts … als Vorsitzende der 2. Kammer wegen der Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Mit Beschluss vom 22.08.2007 hat das Arbeitsgericht das gegen die Richterin am Arbeitsgericht … gerichtete Ablehnungsgesuch für unbegründet erklärt. Mit Beschluss vom 05.10.2007 hat das Arbeitsgericht sodann der sofortigen Beschwerde gegen den ablehnenden PKH-Beschluss nicht abgeholfen, da die Klagforderungen des Klägers unstreitig seien und der Beklagte bislang auch keine Einwendungen hiergegen erhoben habe. Das Arbeitsgericht hat die sofortige Beschwerde dem Landesarbeitsgericht zu Entscheidung vorgelegt. Die Beschwerdesache ist der 2. Kammer unter Vorsitz der Vizepräsidentin des Landesarbeitsgericht … zugeteilt worden.

Der Kläger begründet die

Besorgnis der Befangenheit des Präsidenten des Landesarbeitsgerichts … sowie der Vizepräsidentin des Landessarbeitsgerichts … damit, dass in einem anderen Verfahren (2 Ca 725 c/05) die Beiordnung des hiesigen Klägervertreters ebenfalls mangels Notwendigkeit abgelehnt worden sei. Der damals zuständige Richter am Arbeitsgericht … habe auf Befragen einer etwaigen sofortigen Beschwerde keine Erfolgsaussichten beigemessen und darauf hingewiesen, dass sich die beiden Kammern, die für die Beschwerden beim Landesarbeitsgericht zuständig seien, diese von ihm praktizierte Rechtsprechung verträten und sich in ihrer Rechtsprechung abgesprochen hätten.

In ihrer dienstlichen Stellungnahme vom 15.10.2007 führt die Vizepräsidentin aus, dass sie an dem zwischen dem Klägervertreter und dem Richter am Arbeitsgericht … geführten Gespräch nicht zugegen gewesen sei. Zudem sei ihr die Fallkonstellation des zitierten Rechtsstreits nicht bekannt.

Der Kläger hält

an dem Ablehnungsgesuch fest. Zu dem eigentlichen Vorwurf habe die Vizepräsidentin in ihrer Dienstlichen Äußerung keine Stellung bezogen. Im Übrigen liege auch noch keine Dienstliche Äußerung des Präsidenten des Landesarbeitsgerichts, gegen den sich der Befangenheitsantrag ebenfalls richte, vor.

 

Entscheidungsgründe

II.

Über das Befangenheitsgesuch hatte die 2. Kammer des Landesarbeitsgerichts unter Hinzuziehung der ehrenamtlichen Richter unter Ausschluss der abgelehnten Vizepräsidentin … zu befinden. Dies gilt auch in Anbetracht des Umstands, dass über die Beschwerde gegen den angefochtenen PKH-Beschluss die Vorsitzende der Kammer alleine entscheidet. Gemäß § 64 Abs. 7 ArbGG gelten die Vorschriften gemäß § 49 Abs. 1 und 2 ArbGG über die Ablehnung von Gerichtspersonen entsprechend. § 49 Abs. 1 ArbGG bestimmt, dass über die Ablehnung von Gerichtspersonen ...

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