Entscheidungsstichwort (Thema)

Jubiläumszuwendung. Jubiläumsdienstzeit. Verfallfrist. Unzulässige Rechtsausübung. Verstoß gegen Treu und Glauben

 

Leitsatz (redaktionell)

Die Berufung auf die tarifvertragliche Verfallfrist des § 70 BAT-O stellt eine unzulässige Rechtsausübung des öffentlichen Arbeitgebers dar, wenn er zunächst die Jubiläumsdienstzeiten feststetzt und Jahre später von sich aus durch die Anerkennung von zu berücksichtigenden Ausbildungszeiten ein um Jahre früheres Dienstjubiläum festsetzt.

 

Normenkette

BAT-O §§ 39, 70; BGB § 242

 

Verfahrensgang

ArbG Dessau (Urteil vom 09.11.2005; Aktenzeichen 7 Ca 238/05)

 

Tenor

Die Berufung des beklagten Landes gegen dasUrteil des ArbG Dessau vom09.11.2005 – 7 Ca 238/05 – wird auf Kosten des Landes zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt die Zahlung einer Jubiläumszuwendung gemäß § 39 BAT-O. Die Berufung des beklagten Landes auf die Ausschlussfrist des § 70 BAT-O hält sie für treuwidrig.

Die 1945 geborene Klägerin ist bei dem beklagten Land als Lehrerin an der M. des B. D. beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis findet der BAT-O kraft vertraglicher Vereinbarung wie auch beiderseitiger Tarifbindung Anwendung. Mit Formularmitteilung vom 29.07.1992 setzte das beklagte Land den Beginn der Jubiläumsdienstzeit der Klägerin auf den 03.07.1965 und die Vollendung des 40jährigen Dienstjubiläums auf den 03.07.2005 fest (Bl. 11 – 12 d. A.). Die Ausbildungszeit der Klägerin an der M. am B. D. in der Zeit vom 01.09.1962 bis 02.07.1965 erkannte es nicht als Jubiläumsdienstzeit an, da es sich nicht um eine Tätigkeitszeit im öffentlichen Dienst gehandelt habe.

Mit Schreiben vom 26.04.2005, der Klägerin zugegangen am 23.05.2005, änderte das Land die Festsetzung des Beginns der Jubiläumsdienstzeit auf den 01.09.1962 und demgemäß der Vollendung des 40jährigen Dienstjubiläums auf den 01.09.2002 (Bl. 13 – 15 d. A.). Die Ausbildungszeit erkannte es nunmehr als Tätigkeitszeit im öffentlichen Dienst an, da es sich bei der M. um eine überführte Einrichtung im Sinne von § 19 Abs. 2 BAT-O i. V. m. Nr. 1 der dazu ergangenen Übergangsvorschrift handele. Auf die mehrfache schriftliche Geltendmachung der Jubiläumszuwendung durch die Klägerin, u.a. mit Schreiben v. 09.05.2005, zugegangen am 24.05.2005, lehnte das Land eine Zahlung nachhaltig jeweils mit der Begründung ab, dass der Anspruch bereits am 01.09.2002 entstanden und daher gemäß § 70 BAT-O verfallen sei; der Klägerin sei die rechtzeitige Geltendmachung des Anspruchs unbenommen gewesen (vgl. Bl. 17 – 23 d. A.).

Auf die am 24.08.2005 eingegangene Klage hat das Arbeitsgericht das beklagte Land antragsgemäß

verurteilt, an die Klägerin 409,03 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 31.08.2005 zu zahlen.

Weiterhin hat es die Berufung gemäß 64 Abs. 3 Nr. 3 ArbGG wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Berufung des beklagten Landes auf die Ausschlussfrist eine unzulässige Rechtsausübung gemäß § 242 BGB darstelle.

Gegen das frühestens am 23.11.2005 dem beklagten Land zugestellte Urteil wendet sich seine am 22.12.2005 beim Landesarbeitsgericht eingelegte und am 19.01.2006 begründete Berufung, mit der es an seiner Rechtsauffassung festhält. Der Klägerin hätte es frei gestanden, den Anspruch jederzeit rechtzeitig geltend zu machen. Auch eine unzutreffende Auskunft des Arbeitgebers stehe dessen späterer Berufung auf eine Ausschlussfrist nach der Rechtssprechung des BAG nicht entgegen. Das beklagte Land beantragt,

das erstinstanzliche Urteil des Arbeitsgerichts Dessau vom 09.11.2005 – 7 Ca 238/05 – abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen, und bezweifelt die Zulässigkeit der Berufung, da diese sich nicht mit den Gründen des angegriffenen Urteils auseinandersetze. In der Sache sei die Berufung jedenfalls unbegründet, da die Berufung auf die Ausschlussfrist gegen Treu und Glauben verstoße.

Wegen des weiteren Berufungsvorbringens der Parteien wird auf ihre in zweiter Instanz gewechselten Schriftsätze nebst beigefügten Anlagen sowie ihre Protokollerklärungen Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die Berufung ist zulässig. Sie setzt sich insbesondere noch ausreichend mit den Gründen des Urteils auseinander, soweit sie geltend macht, dass es der Klägerin unbenommen gewesen sei, den Anspruch rechtzeitig geltend zu machen, und weiterhin auf das Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 22.01.1997 – 10 AZR 459/96 – verweist, wonach eine unzutreffende Auskunft des Arbeitgebers diesen nicht an der Berufung auf die Ausschlussfrist hindere.

Die Berufung ist jedoch unbegründet. Zu Recht und mit im Wesentlichen zutreffender Begründung hat das Arbeitsgericht der Klage stattgegeben.

1. Die Parteien gehen richtig davon aus, dass der Anspruch der Klägerin auf Zahlung der Sonderzuwendung für ihr 40jähriges Dienstjubiläum am 01.09.2002 entstanden ist. Die Ausbildungszeit der Klägerin in der Zeit vom 01.09.1962 bi...

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