rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Teilnahme an Klassenfahrten. Lehrer

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Durchführung von mehrtägigen Klassenfahrten gehört zu dem herkömmlichen Berufsbild eines Lehrers.

2. Lehrer im Landesdienst von Sachsen-Anhalt, deren regelmäßige wöchentliche Unterrichtsverpflichtung durch eine niedrigere besondere regelmäßige Unterrichtsverpflichtung nach dem TV-LSA Schulen 2008 i. V. m § 3 TV – Soziale Absicherung – L ersetzt wird (vorliegend 21 statt 25 Stunden/Woche Unterrichtsverpflichtung), werden durch diese Absenkung nicht zu Teilzeitbeschäftigten, sondern gelten weiterhin als vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmer.

3. Solche Lehrer mit einer tariflich abgesenkten Unterrichtsverpflichtung nach dem TV-LSA Schulen 2008, die eine einwöchige Klassenfahrt betreuen, haben keinen Anspruch auf Bezahlung einer Vergütung, die der bisherigen Vollzeitbeschäftigung ohne Anwendung des TV-LSA Schulen 2008 (= 25 Stunden Unterrichtsverpflichtung/Woche) entspricht. Sie sind auch während der Klassenfahrt weiterhin nach der abgesenkten tariflichen Arbeitszeit (= vorliegend 21 Stunden/Woche) zu vergüten. Ein Verstoß gegen § 4 Abs. 1 S. 1 TzBfG ist hierin nicht zu erblicken.

4. Die Geltendmachung von Überstunden während einer Klassenfahrt bleibt unberührt. Solche Überstunden sind jedoch im Einzelnen nach den Grundsätzen der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts unter Herausrechnung der jeweiligen Pausen darzulegen.

 

Normenkette

TV-SozAb-L § 3; TV-LSA Schulen 2008

 

Verfahrensgang

ArbG Magdeburg (Urteil vom 08.07.2009; Aktenzeichen 2 Ca 3414/08)

 

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin und Berufungsklägerin vom 25. 08. 2009 gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Magdeburg vom 08. 07. 2009 – 2 Ca 3414/08 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

2. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über eine Gutschrift von 4 Unterrichtsstunden auf einem Arbeitskonto der Klägerin.

Die am … geborene Klägerin und Berufungsklägerin (im Folgenden: Klägerin) ist seit 1977 als Lehrerin beschäftigt. Ausweislich § 1 des Arbeitsvertrages der Parteien wurde sie ab dem 01. 08. 1991 bei dem beklagten Land als vollbeschäftigte Angestellte auf unbestimmte Zeit weiterbeschäftigt, Bl. 18 ff. d. A.. Im streitgegenständlichen Zeitraum im September 2008 war sie an der Sekundarschule in E. – einer allgemeinbildenden Schule – eingesetzt. Nach § 2 des Arbeitsvertrages bestimmt sich das Arbeitsverhältnis nach dem BAT-O und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Bereich der Tarifgemeinschaft deutscher Länder jeweils geltenden Fassung. Außerdem finden die für den Arbeitgeber jeweils geltenden sonstigen einschlägigen sonstigen Tarifverträge Anwendung. Im Land Sachsen-Anhalt gilt der Tarifvertrag zu § 3 des Tarifvertrages zur sozialen Absicherung für Lehrkräfte an allgemeinbildenden Schulen Sachsen-Anhalts vom 30. 10. 2007 (TV Schulen LSA 2008). Diesem (Regional-)Tarifvertrag unterliegen die von dem Geltungsbereich des TV-L erfassten vollbeschäftigten Lehrkräfte an allgemeinbildenden Schulen des Landes Sachsen-Anhalt. Nach § 2 Abs. 1 TV Schulen LSA 2008, der am 01. 08. 2008 in Kraft trat, wird die regelmäßige Arbeitszeit für die unter den Geltungsbereich des TV-L fallenden vollzeitbeschäftigten Lehrkräfte an allgemeinbildenden Schulen u. a. für den Zeitraum vom 01. 08. 2008 bis 31. 07. 2009 – somit für das Schuljahr 2008/2009 – für den Bereich der Sekundarschulen auf 84 vom Hundert herabgesetzt. Die volle Unterrichtsverpflichtung einer vollbeschäftigten Lehrerin an einer Sekundarschule beträgt gemäß § 44 Nr. 1 S. 1 TV-L i. V. m. § 3 Abs. 2 Nr. 2 der Verordnung über die Arbeitszeit der Lehrkräfte an öffentlichen Schulen (ArbzVO-Lehr i. d. F. der Bekanntmachung vom 06. 09. 2001) 25 Unterrichtsstunden im Durchschnitt, wobei eine Unterrichtsstunde zu 45 Minuten berechnet wird (Regelstundenzahl). Die besondere regelmäßige durch den TV Schulen LSA 2008 herabgesetzte Arbeitszeit betrug im Schuljahr 2008/2009 an Sekundarschulen somit 21 Unterrichtsstunden. Von der Absenkung sind lediglich die beamteten Sekundarschullehrer und Lehrer mit Schulleiteraufgaben bzw. stellvertretende Schulleiter ausgenommen, vgl. § 1 Abs. 2 TV Schulen LSA 2008, Bl. 117 ff. d. A..

In der Zeit vom 22. – 26. 09. 2008 begleitete die Klägerin – zusammen mit einer ehemaligen, nunmehr im Ruhestand befindlichen Lehrerin – eine 10. Klasse auf eine genehmigte Studienfahrt nach Tschechien. Für die Klassenfahrt wurden der Klägerin 21 Unterrichtsstunden – somit 84 vom Hundert von 25 Unterrichtsstunden – angerechnet. Die Klassenfahrt hatte folgenden Ablauf (vgl. Aufstellung der Klägerin Bl. 24/25 d. A.):

Mo. 22.09.08

11.00

ab E.

(Busfahrt nach H.)

ca. 20.00

Ankunft

- 22.00

Zimmeraufteilung, Abendbrot

- 1.00

Kontrolle der Nachtruhe

Di 23.09.08

7.00

Frühstück

7.45

Abfahrt nach P.

- 16.00

Stadtrundgang

Mittagessen

Betreuung von 2 Schülerinnen, die nicht in einer

Kleingruppe gehen wollen

18.30

Ankunft im Hotel

Abendbrot, ges. Zusammensein im Hot...

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