Entscheidungsstichwort (Thema)

Selbstständiger Betriebsteil

 

Leitsatz (redaktionell)

Voraussetzung für die Annahme einer eigenständigen Organisation i.S.d. § 4 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG ist eine eigenständige institutionalisierte Leitung, die insbesondere in mitbestimmungspflichtigen sozialen und personellen Angelegenheiten Entscheidungen trifft. Ausreichend ist eine im Vergleich zu einem Betrieb im Sinne von § 1 Abs. 1 BetrVG „relative” Eigenständigkeit, das heißt die Leitung muss sich nicht auf alle Gegenstände erstrecken, auf die sie sich typischerweise bei einem Betrieb erstreckt.

 

Normenkette

BetrVG § 4 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Naumburg (Beschluss vom 01.12.2004; Aktenzeichen 4 BV 7/04)

 

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des ArbG Naumburg vom 01.12.2004 – 4 BV 7/04 – wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

I. Die Beteiligten streiten darüber, ob es sich bei dem Krankenhaus der Antragsstellerin und Arbeitgeberin in Z. um einen als selbständigen Betrieb geltenden Betriebsteil im Sinne von § 4 Abs. 1 BetrVG handelt oder das Krankenhaus in Z. unselbstständiger Betriebtriebsteil des Krankenhauses der Arbeitgeberin in N. ist.

Die Arbeitgeberin betreibt ein Krankenhaus in N. (S.-Klinikum N.) mit 622 wahlberechtigten Arbeitnehmern sowie in 33 km Entfernung ein Krankenhaus in Z. (G.-Klinikum Z.) mit 375 wahlberechtigten Arbeitnehmern. Es handelt sich um ehemalige Eigenbetriebe des Burgenlandkreises, die ausgegliedert und am 19.04.2004 auf die zu diesem Zweck gegründete Arbeitgeberin, eine gemeinnützige GmbH, übertragen worden sind. Im Personalüberleitungsvertrag wurde bestimmt, dass in dem Betrieb in N. der Übergangspersonalrat N., der ursprüngliche Beteiligte zu 3), und in dem Krankenhaus in Z. der Übergangspersonalrat Z., der ursprüngliche Beteiligte zu 2), das Übergangsmandat ausübt.

Sitz der Arbeitgeberin ist N.. Dort ist die zentrale Unternehmensleitung ansässig bestehend aus dem Geschäftsführer, der Personalleiterin sowie ihren Stellvertretern. In jedem der Krankenhäuser gibt es eine Pflegedienstleitung sowie einen ärztlichen Direktor und Chefärzte für die jeweiligen Abteilungen. Zu den Aufgaben der Pflegedienstleitung gehört die Planung und Einteilung der Dienste einschließlich der Erstellung der Dienstpläne. Die Pflegedienstleitung ist befugt, das Pflegepersonal in den verschiedenen Stationen einzusetzen. Ihr obliegt zudem die Urlaubsplanung für das Pflegepersonal unter Berücksichtigung vorgegebener allgemeiner Grundsätze. In Bezug auf die Ärzte nimmt der jeweilige Chefarzt diese Aufgaben für seine Abteilung war. Die Arbeitgeberin hat geplant, einen Teil der Verwaltung des Krankenhauses Z., nämlich die Bereiche Controlling, Personal und Finanzen, im Jahre 2005 nach N. umzusetzen (7 Mitarbeiter). Die übrige Verwaltung soll vor Ort bleiben.

Am 17.09.2004 teilte der Übergangspersonalrat N. der Arbeitgeberin die Absicht mit, in beiden Betriebsstätten Betriebsräte zu wählen. Die Arbeitgeberin leitete daraufhin das vorliegende Feststellungsverfahren beim Arbeitsgericht N. ein, an dem die Übergangsbetriebsräte N. und Z. und die dort jeweils gebildeten Wahlvorstände beteiligt worden sind. Am 07. und 08.12.2004 wurden in beiden Krankenhäusern Betriebsräte gewählt.

Die Arbeitgeberin ist der Auffassung, dass das Krankenhaus Z. einen unselbstständigen Betriebsteil des Krankenhauses N. bilde. Sie hat vorgetragen, dass die räumliche Entfernung von 33 km im Regelfall in 35 bis 40 Minuten zurückgelegt werden könne und hierfür Dienstfahrzeuge zur Verfügung stünden oder jedenfalls km-Entschädigung gezahlt werde. Darüber hinaus fehle es im Krankenhaus Z. an einer eigenständigen institutionalisierten Leitung. Der ärztliche Direktor habe keine Leitungsfunktion mehr, sondern sei noch in der Zeit des öffentlich rechtlichen Eigenbetriebs berufen worden. Die Funktion entfalle nach Ablauf der befristeten Berufung. Die Chefärzte entschieden in ihrem Bereich völlig eigenständig. Die Pflegedienstleitung nehme keine wesentlichen Leitungsfunktionen wahr. Alle betriebsverfassungsrechtlich relevanten Entscheidungen treffe der Geschäftsführer. Auch sei zu berücksichtigen, dass die betriebliche Mitbestimmung eingeschränkt sei, da es sich bei den Krankenhäusern um Tendenzbetriebe handele. Schließlich sei der Aufgabenbereich des Krankenhauses Z. nicht eigenständig, weil in beiden Betriebsstätten die anliegende Bevölkerung medizinisch versorgt werde.

Dem gegenüber haben die in erster Instanz beteiligten Übergangspersonalräte N. und Z. sowie die Wahlvorstände geltend gemacht, dass beide Krankenhäuser betriebsratsfähige Betriebe bzw. Betriebsteile seien. Die Wegstrecke zwischen beiden Häusern erfordere ca. eine Stunde Fahrtzeit. Der Aufgabenbereich beider Krankenhäuser sei eigenständig, da sie jeweils für die medizinische Versorgung der umliegenden Bevölkerung zuständig seien. Darüber hinaus böten beide Häuser eine Reihe spezieller medizinischer Leistungen an, die im jeweils anderen Haus nicht vorh...

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