Entscheidungsstichwort (Thema)

Anspruch auf Abschluss eines Altersteilzeitarbeitsvertrages. Altersteilzeit. Anspruch auf Altersteilzeit. Tarifauslegung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Nach den §§ 1 bis 3 des Tarifvertrags zur Förderung der Altersteilzeit im saarländischen Einzelhandel vom 01.04.1999 kommt ein Anspruch des Arbeitnehmers auf eine Entscheidung des Arbeitgebers über den Antrag auf Abschluss eines Altersteilzeitarbeitsvertrags nach billigem Ermessen erst in Betracht, wenn der Arbeitgeber in seinem Betrieb Altersteilzeit überhaupt eingeführt hat.

2. Der Arbeitnehmer hat nach dem Tarifvertrag zur Förderung der Altersteilzeit im saarländischen Einzelhandel vom 01.04.1999 keinen Anspruch darauf, dass der Arbeitgeber die Entscheidung, in seinem Betrieb Altersteilzeit einzuführen, nach billigem Ermessen trifft. Die diesbezügliche Entscheidung des Arbeitgebers ist gerichtlich nicht überprüfbar.

 

Normenkette

BGB § 315; TzBfG § 8; Tarifvertrag zur Förderung der Altersteilzeit im saarländischen Einzelhandel vom 01.04.1999 §§ 1-3

 

Verfahrensgang

ArbG Saarlouis (Urteil vom 20.12.2001; Aktenzeichen 2 Ca 742/01)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 10.02.2004; Aktenzeichen 9 AZR 89/03)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das am 20.12.2001 verkündete Urteil des Arbeitsgerichts Saarlouis, 2 Ca 742/01, wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der 1943 geborene Kläger ist seit dem 7. Dezember 1995 als Verkäufer in der Teppichbodenabteilung des von der Beklagten betriebenen Verbrauchermarktes beschäftigt. Er arbeitet regelmäßig 175 Stunden im Monat und erhält ein monatliches Bruttogehalt von 2198,55 EUR. Mit einem Schreiben vom 4. Januar 2001 (Bl. 11 d.A.) beanspruchte der Kläger, ab dem 1. März 2001 im Rahmen eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses beschäftigt zu werden. Das lehnte die Beklagte mit ihrem Schreiben vom 8. Februar 2001 (Bl. 12) ab. Auch eine daran anschließende Korrespondenz zwischen den Parteien führte nicht zu einer Einigung.

1

Im Hinblick darauf erhob der Kläger Klage, mit der er erreichen will, dass die Beklagte zum Abschluss eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses verurteilt wird. Der Kläger stützt seinen Anspruch auf den Tarifvertrag zur Förderung der Altersteilzeit vom 1. April 1999, der zwischen dem Landesverband Einzelhandel und Dienstleistung Saarland e.V. einerseits sowie der Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen, Landesbezirk Saar, und der Deutschen Angestellten-Gewerkschaft, Landesverband Rheinland-Pfalz-Saar, andererseits abgeschlossen wurde; der Tarifvertrag wurde von dem Ministerium für Frauen, Arbeit, Gesundheit und Sozialordnung des Saarlandes aufgrund einer Bekanntmachung vom 9. Dezember 1999 mit Wirkung ab dem 1. Dezember 1999 für allgemeinverbindlich erklärt (Bundesanzeiger 2000, Nummer 9 vom 14. Januar 2000). Die Präambel und die §§ 1 bis 3 des Tarifvertrages lauten:

2

„Präambel

3

Mit diesem Tarifvertrag wollen die Tarifvertragsparteien einen Beitrag zur Entspannung der von hoher Arbeitslosigkeit gekennzeichneten Arbeitsmarktlage leisten. Durch ein früheres Ausscheiden älterer Arbeitnehmer unter sozial vertretbaren Bedingungen sollen neue Beschäftigungsmöglichkeiten geschaffen, die Berufschancen junger Menschen und/oder Arbeitsloser verbessert und die vorhandenen Arbeitsplätze sicherer gemacht werden.

§ 1

Geltungsbereich

Dieser Tarifvertrag gilt

  1. räumlich: für das Saarland
  2. fachlich: für die Betriebe des Einzelhandels einschließlich der Niederlassungen derjenigen Firmen, die ihren Hauptsitz außerhalb des Saarlandes haben.
  3. persönlich: für alle Arbeitnehmer/innen im Sinne von § 1 Abs. II Altersteilzeitgesetz.

§ 2

Voraussetzungen der Altersteilzeitarbeit

Arbeitnehmer, die das 55. Lebensjahr vollendet haben und in den letzten fünf Jahren vor Beginn der Altersteilzeitarbeit innerhalb der gesetzlichen Rahmenfrist von zur Zeit mindestens 1.080 Kalendertagen eine Vollzeitbeschäftigung gemäß Altersteilzeitgesetz ausgeübt haben, können mit dem Arbeitgeber eine Teilzeitbeschäftigung (Altersteilzeitarbeitsverhältnis) nach Maßgabe des Altersteilzeitgesetzes und der nachfolgenden tariflichen Bestimmungen vereinbaren.

§ 3

Einführung/Vereinbarung von Altersteilzeit

1. Arbeitgeber und Betriebsrat – soweit ein solcher besteht – beraten über die Möglichkeit der Einführung von Altersteilzeitarbeitsverhältnissen.

In den Beratungen sind die wirtschaftlichen Belange des Unternehmens/Betriebes und die sozialen Gesichtspunkte der betroffenen Arbeitnehmer zu erörtern.

Im Anschluss daran entscheidet der Arbeitgeber, ob er Altersteilzeit nach diesem Tarifvertrag in seinem Betrieb/Unternehmen einführt. An diese Entscheidung ist er mindestens ein Kalenderjahr, bei abweichendem Geschäftsjahr zwölf Monate gebunden.

2. Der Antrag auf Abschluss eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses ist beim Arbeitgeber spätestens zwei Monate vor dem vom Arbeitnehmer angestrebten Beginn des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses formlos schriftlich zu stellen. Der Arbeitnehme...

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