Entscheidungsstichwort (Thema)

Auslegung. Beschäftigung, Klage auf Betriebsvereinbarung. Rückkehrgarantie. Rückkehrzusage. Wiedereinstellung, Klage auf Wiedereinstellungsanspruch. Wiedereinstellungszusage. Wiedereinstellungsanspruch aus einer Betriebsvereinbarung anlässlich eines Betriebsübergangs infolge Ausgründung einer Tochtergesellschaft

 

Leitsatz (amtlich)

1. Garantiert der Arbeitgeber in einer Betriebsvereinbarung anlässlich der Ausgründung einer Tochtergesellschaft den durch Betriebsübergang in die Tochtergesellschaft überwechselnden Arbeitnehmern einen Anspruch auf Rückkehr für den Fall, dass „eine Weiterbeschäftigung innerhalb der neuen Gesellschaft aus betrieblichen Gründen nicht mehr möglich ist”, so erfasst die Rückkehrzusage lediglich einen Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit bei der ausgegründeten Tochtergesellschaft und nicht bei etwaigen späteren Rechtsnachfolgern.

2. Die Rückkehrzusage steht nicht unter dem ungeschriebenen Vorbehalt der Zugehörigkeit der Tochtergesellschaft zum Konzern der Muttergesellschaft bei Eintritt der Bedingung, wenn sich weder dem Wortlaut der Zusage noch dem Gesamtzusammenhang aus den übrigen Bestimmungen der Betriebsvereinbarung der Wille der Betriebsparteien zu einer solchen zeitlichen Beschränkung des Anspruchs entnehmen lässt. Eine Beschränkung der Geltungsdauer einer Betriebsvereinbarung nur für die Zeit der Zugehörigkeit der ausgegründeten Tochtergesellschaft zum Konzern kann insbesondere dann noch nicht angenommen werden, wenn weder die Rückkehrzusage selbst noch der weit überwiegende Teil der sonstigen in der Betriebsvereinbarung geregelten Vergünstigungen in dieser Weise zeitlich befristet sind.

3. Erklärt die Muttergesellschaft gegenüber dem einzelnen Arbeitnehmer anlässlich der späteren Verschmelzung der ursprünglich ausgegründeten Tochtergesellschaft und dem daraus folgenden Betriebsübergang der Tochtergesellschaft auf einen Rechtsnachfolger, die Rückkehrzusage bleibe von dem Betriebsübergang/der Verschmelzung unberührt, so kann diese Erklärung als einzelvertragliche Zusage der Weitergeltung der Rückkehrmöglichkeit auch bei Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit bei der rechtsnachfolgenden Gesellschaft auszulegen sein.

 

Normenkette

BGB §§ 133, 157, 242

 

Verfahrensgang

ArbG Ludwigshafen (Urteil vom 14.04.2010; Aktenzeichen 4 Ca 2641/09)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 14.04.2010 – 4 Ca 2641/09 – teilweise abgeändert, soweit das Arbeitsgericht die Beklagte verurteilt hat, das Angebot des Klägers auf Abschluss eines Arbeitsvertrages als kaufmännischen Angestellten mit einem Jahresbruttoarbeitsentgelt in Höhe von 62.994,73 EUR unter Anrechnung einer Betriebszugehörigkeit seit dem 01.01.1972 anzunehmen. Im Umfange der Abänderung wird die Klage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

Der Tenor des Urteils wird zur Klarstellung wie folgt gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, das Angebot des Klägers auf Abschluss eines Arbeitsvertrages ab dem 1. Februar 2010 auf einem adäquaten Arbeitsplatz in der A. zu den bei der Beklagten üblichen Bedingungen anzunehmen.

Die Anschlussberufung des Klägers wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger zu 7/24 und der Beklagten zu 17/24 auferlegt.

Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um einen Anspruch des Klägers auf Beschäftigung, hilfsweise auf Wiedereinstellung bei der Beklagten.

Der Kläger war nach Absolvierung einer Berufsausbildung bei der Beklagten ab dem 21.01.1975 bis zum 31.12.1986 zuletzt als Wirtschaftsassistent bei der Beklagten beschäftigt. Mit Wirkung zum 01.01.1987 ging sein Arbeitsverhältnis durch Betriebsübergang auf die damals neu gegründeteC. Informationssysteme GmbH über. Zuletzt war der Kläger bei derC. Deutschland GmbH als kaufmännischer Angestellter im Rechnungswesen zu einem Bruttomonatsgehalt von etwa 5.250,– Euro beschäftigt.

Mit Beschluss vom 01.10.2009 eröffnete das Amtsgerichts M. über das Vermögen derC. Deutschland GmbH das Insolvenzverfahren. Der Insolvenzverwalter stellte den Kläger ab dem 01.10.2009 von der Erbringung seiner Arbeitsleistung unwiderruflich frei und kündigte das Arbeitsverhältnis des Klägers am 23.10.2009 zum 31.01.2010 wegen einer völligen Schließung des Betriebes im Rahmen des Insolvenzverfahrens. Gegen diese Kündigung erhob der Kläger Kündigungsschutzklage, verkündete der Beklagten im Kündigungsschutzverfahren den Streit und machte gegenüber der Beklagten am 16.10.2009 einen Anspruch auf Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bzw. auf Wiedereinstellung bei ihr geltend.

Die Beklagte hatte zum 01.01.1987 ihr Geschäftsfeld der kompatiblen Großrechner und Peripheriesysteme in die C. Informationssysteme GmbH, einer im Rahmen eines Joint-Venture mit der S. AG neugegründeten Gesellschaft, ausgegliedert. Im Vorfeld hatte die Beklagte mit dem Betriebsrat über die Modalitäten für die von der Ausgründung und dem damit verbundenen Betriebsübergang...

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