Verfahrensgang

ArbG Mainz (Urteil vom 03.05.2000; Aktenzeichen 4 Ca 248/00)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 19.03.2002; Aktenzeichen 9 AZR 109/01)

 

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 03.05.2000 – Az.: 4 Ca 248/00 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin für die Jahre 1999 und 2000 jeweils vier Tage Zusatzurlaub gemäß § 49 Abs. 1 BAT in Verbindung mit § 16 Nr. 1 b der Urlaubsverordnung für das Land Rheinland-Pfalz (UrlVO) zu gewähren.

Die Klägerin ist seit dem 01.07.1986 auf der Grundlage des schriftlichen Arbeitsvertrages vom 10.07.1986 bei der Beklagten, einer gemeinnützigen Anstalt des öffentlichen Rechts, als medizinisch-technische Assistentin beschäftigt. Gemäß § 2 des schriftlichen Arbeitsvertrags der Parteien richtet sich das Arbeitsverhältnis nach den Bestimmungen des Bundesangestelltentarifvertrages (BAT) und den zusätzlich zur Änderung und Ergänzung des BAT abgeschlossenen bzw. künftig abzuschließenden Tarifverträgen in ihrer jeweils geltenden Fassung. Nachdem die Klägerin zunächst vollzeitig beschäftigt wurde, vereinbarten die Parteien mit Änderungsvertrag vom 31.03.1993 eine Reduzierung der Arbeitszeit auf 50 % der regelmäßigen Arbeitszeit (zur Zeit 19,25 Stunden).

Die Klägerin arbeitet zu ca. 70 % ihrer individuellen regelmäßigen Arbeitszeit mit infektiösem Material. Die Beklagte gewährte der Klägerin von Vertragsbeginn an 4 Tage Zusatzurlaub gemäß § 49 BAT in Verbindung mit § 16 UrlVO. Einen Antrag der Klägerin auf Gewährung von Zusatzurlaub für das Jahr 1999 lehnte die Beklagte hingegen ab.

Mit ihrer am 28.01.2000 beim Arbeitsgericht Mainz eingegangenen Klage begehrte die Klägerin erstinstanzlich zuletzt die Verurteilung der Beklagten zur Gewährung von je 4 Tagen Zusatzurlaub für die Jahre 1999 und 2000.

Die Klägerin hat erstinstanzlich im Wesentlichen geltend gemacht:

Unter Hinweis auf das Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 23.02.1984 – 6 AZR 186/81 – (AP Nr. 3 zu § 49 BAT) sei davon auszugehen, dass eine überwiegende Arbeit mit infektiösem Material im Sinne des § 16 UrlVO dann vorliege, wenn in den letzten sechs Monaten mehr als die Hälfte der persönlichen Arbeitszeit auf derartige Arbeiten entfalle. Mit dem Begriff der „regelmäßigen Arbeitszeit” in § 16 Satz 3 UrlVO sei insoweit nicht die regelmäßige Arbeitszeit im Sinne des § 2 Abs. 1 der Arbeitszeitverordnung Rheinland-Pfalz (ArbZVO) gemeint. Diesem Bezug auf die individuelle Arbeitszeit stehe auch nicht entgegen, dass ein Vollzeitbeschäftigter mit z.B. 14 Stunden gesundheitsschädlicher oder gesundheitsgefährdender Tätigkeit im maßgeblichen Zeitraum den Zusatzurlaub nicht erhalte, während einem Teilzeitbeschäftigten mit gleicher Stundenzahl dieser Anspruch zustehen könne. Dieses Ergebnis könne nur dann als bedenklich erscheinen, wenn der den Zusatzurlaub rechtfertigende gesundheitliche Belastungsgrad in § 16 UrlVO erst ab einer gewissen Dauer der Belastung, nach Stunden gerechnet, angenommen werden könnte. Eine derartige, abstrakte Gefährdungsgrenze normiere aber § 16 UrlVO gerade nicht. Auch die Änderung der Urlaubsverordnung mit Wirkung vom Januar 1986 ändere hieran nichts. Soweit der Verordnungsgeber nunmehr nicht mehr in § 16 Satz 3 UrlVO auf die „gesamte”, sondern auf die „regelmäßige Arbeitszeit” abstelle, komme hierdurch nicht ausreichend deutlich zum Ausdruck, dass damit die Arbeitszeit eines Vollzeitbeschäftigten gemeint sei.

Ein Anspruch auf Gewährung von vier Tagen Zusatzurlaub ergebe sich auch aus betrieblicher Übung. Diese bestehe darin, dass die Beklagte den medizinisch-technischen Angestellten des Zentrallabors Zusatzurlaub gemäß § 16 UrlVO gewährt habe. Die Beklagte habe diese Übung 1986 schon einmal eingestellt. Nachdem die Klage zweier Angestellter rechtskräftig mit der Begründung abgewiesen worden sei, ihnen sei der Beweis nicht gelungen, dass sie überwiegend mit infektiösem Material arbeiten, habe die Beklagte ihnen bis 1999 gleichwohl weiter jeweils vier Tage Zusatzurlaub pro Jahr gewährt. Die Entstehung einer entsprechenden betrieblichen Übung scheitere auch nicht an der vertraglich vereinbarten Schriftform bei der Vereinbarung von Nebenabreden. Eine Berufung auf das Schriftformerfordernis sei arglistig und würde dazu führen, dass das Institut der betrieblichen Übung weitgehend leerlaufen würde.

Die Nichtgewährung des Zusatzurlaubes stelle auch eine Ungleichbehandlung dar. Eine Ungleichbehandlung ergebe sich zum einen gegenüber den vollzeitbeschäftigten medizinisch-technischen

Assistenten. Sinn und Zweck des § 16 UrlVO sei es, die individuelle Belastung der einzelnen Arbeitnehmer zu entgelten. Durch den Zusatzurlaub sollten die grundsätzliche Gesundheitsgefährlichkeit der Tätigkeit und insbesondere die hohe psychische Belastung ausgeglichen werden, die dadurch entstehe, dass vor den Analysen in der Regel nicht abschätzbar sei, wie gefährlich das Material konkret is...

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