Entscheidungsstichwort (Thema)

Tariflicher Krankengeldzuschuss. Auslegung des Begriffs Nettobetrag

 

Leitsatz (amtlich)

1. Nach § 16 Ziff. 2 des MTV Nr. 9 zwischen dem Arbeitgeberverband Energie Rheinland-Pfalz und der Gewerkschaft ÖTV steht einem Beschäftigten nach mindestens einjähriger Beschäftigungszeit nach Ablauf von 6 Wochen der Arbeitsunfähigkeit ein Krankengeldzuschuss zu, der sich aus dem Unterschied zwischen den Brutto-Geldleistungen des Sozialversicherungsträgers und dem Nettobetrag der für die ersten sechs Wochen der Arbeitsunfähigkeit gezahlten, regelmäßigen Vergütung einschließlich der laufenden Sozialleistungen bestimmt.

2. Der Begriff des Nettobetrages im Sinne dieser Bestimmung ist nicht deckungsgleich mit demjenigen des Nettoentgelts, wie er in ħ 47, I S.3 SGB V, 185, I SGB III definiert wird; damit ist für den Begriff des Nettoarbeitsentgelts eine terminologische Fixierung durch den Gesetzgeber erfolgt, die grundsätzlich bei der Tarifauslegung zu berücksichtigen ist.

3. Der Begriff des Nettobetrags im Sinne des § 16 Ziff. 2 MTV ist jedoch mit dem terminologisch fixierten Begriff des Nettoarbeitsentgelts nicht gleichzusetzen. Bei freiwillig versicherten Arbeitnehmern ergibt sich der Nettobetrag aus den Bezügen, gemindert um die gesetzlichen Abzüge, sowie um die Arbeitnehmerbeiträge zur freiwilligen Krankenversicherung. Letztere zählen zwar nicht zu den gesetzlichen Abgaben; nach Sinn und Zweck des Tarifvertrages müssen sie jedoch bei der Ermittlung des Nettobetrages berücksichtigt werden. Über diese Auslegung erhalten freiwillig Versicherte und Pflichtversicherte einen Krankengeldzuschuss, der zusammen mit dem jeweiligen Krankengeld der Krankenkasse eine einheitliche Höhe erreicht. Der Zuschuss für die freiwillig Versicherten ist danach zwar geringer als derjenige für die Pflichtversicherten; daraus ergibt sich jedoch kein Nachteil für die freiwillig versicherten Arbeitnehmer, da sie ein höheres Krankengeld erhalten.

 

Normenkette

MTV Nr. 9 zwischen dem Arbeitgeberverband Energie Rheinland-Pfalz und der Gewerkschaft ÖTV § 16 Ziff. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Mainz (Urteil vom 03.05.2001; Aktenzeichen 9 Ca 206/01)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz – Aktz. 9 Ca 206/01 – vom 03.05.01 abgeändert und wie folgt neu gefasst:

  1. Die Klage wird abgewiesen.
  2. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

II. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger nimmt die Beklagte auf Zahlung eines tariflichen Krankengeldzuschusses in Höhe von 3.185,00 DM in Anspruch. Er ist langjährig bei der Beklagten beschäftigt und zuletzt als Sachbearbeiter in der Abteilung Stromverkauf/Sonderkunden gegen ein Monatsgehalt von 7.080,00 DM beschäftigt. Er ist arbeitsunfähig seit dem 22.09.2000. Der Entgeltfortzahlungsanspruch endete am 02.11.2000. Ab 03.11.2000 erhält der Kläger Krankengeld.

Der Kläger stützt seinen Anspruch auf § 16 Ziff. 2 des auf das Arbeitsverhältnis anwendbaren Manteltarifvertrages Nr. 9 zwischen dem Arbeitgeberverband Energie Rheinland-Pfalz und der Gewerkschaft ÖTV. Diese Bestimmung lautet:

㤠16 Fortzahlung des Arbeitsentgeltes

Krankengeldzuschuss bei Arbeitsunfähigkeit 2.

Nach einer mindestens einjährigen Beschäftigungszeit erhalten Beschäftigte nach Ablauf von sechs Wochen einen Krankengeldzuschuss; dieser ergibt sich aus dem Unterschiedsbetrag zwischen den Brutto-Geldleistungen des Sozialversicherungsträgers oder der Versorgungsbehörde und dem Nettobetrag der für die ersten sechs Wochen der Arbeitsunfähigkeit gezahlten regelmäßigen Vergütung einschließlich der laufenden Sozialleistungen.

3.

Der Krankengeldzuschuss nach Ziff. 2 wird gezahlt für dieselbe Krankheit innerhalb von zwölf Monaten bei einer Dienstzeit (gerechnet bis zum Ende der jeweiligen Arbeitsunfähigkeit).

Bis zu drei Jahren für die Dauer von dreizehn Wochen.

Von mehr als drei Jahren für die Dauer von sechsundzwanzig Wochen.”

Der Kläger erhält ein Krankengeld von DM 146,84. Den Krankengeldzuschuss nach § 16, II MTV errechnet die Beklagte mit 0,48 DM pro Tag, während der Kläger der Auffassung ist, ihm stehe ein Krankengeldzuschuss in Höhe von 17,98 DM täglich zu.

Die Differenzen der Parteien bei der Berechnung des Krankengeldzuschusses beruhen darauf, dass die Beklagte den Nettobetrag der für die ersten sechs Wochen der Arbeitsunfähigkeit gezahlten, regelmäßigen Vergütung gem. § 16, II MTV dadurch ermittelt, dass sie das Bruttoverdienst des Klägers um die gesetzlichen Abzüge sowie um den Arbeitnehmerbeitrag des Klägers zur Krankenversicherung kürzt. Der Kläger ist bei der DAK freiwillig versichert; die Beklagte gewährt einen Zuschuss zu den Kosten der freiwilligen Krankenversicherung in Höhe von 445,05 DM und zur freiwilligen Pflegeversicherung in Höhe von 54,83 DM.

Der Kläger wendet sich dagegen, dass bei der Ermittlung seines Nettoentgelts sein Beitrag zur freiwilligen Kranken- und Pflegeversicherung berücksichtigt wird.

Er hat vorgetragen:

Der Tarifvertrag sehe nicht vor, dass die Beklagte ihm einen fiktiv...

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