Entscheidungsstichwort (Thema)

Außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines Kraftfahrers wegen Treibstoffdiebstahls

 

Leitsatz (redaktionell)

Der wiederholte Diebstahl von Dieselkraftstoff durch Abpumpen aus dem Tank des von dem Arbeitnehmer für Firmenzwecke benutzten Lkw ist an sich geeignet, die fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses zu rechtfertigen.

 

Normenkette

BGB §§ 280, 626; ZPO § 286 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Koblenz (Entscheidung vom 22.10.2019; Aktenzeichen 11 Ca 3691/18)

 

Tenor

  1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 22.10.2019 - 11 Ca 3691/18 - teilweise aufgehoben.
  2. Der Kläger wird verurteilt, 4.943,32 € an die Beklagte nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.01.2019 zu zahlen.
  3. Die weitergehende Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.
  4. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 22.10.2019 - 11 Ca 3691/18 - wird zurückgewiesen mit der Maßgabe, dass die Beklagte zur Zahlung von 216,- € Spesen für November 2018 nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 01.12.2018 verurteilt wird.
  5. Von den Kosten beider Rechtszüge hat die Beklagte 3/5, der Kläger 2/5 zu tragen.
  6. Die Revision wird nicht zugelassen.
 

Tatbestand

Die Parteien des vorliegenden Rechtsstreits streiten darüber, ob das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis aufgrund einer außerordentlichen, im Berufungsverfahren nicht mehr auch darüber, ob das Arbeitsverhältnis aufgrund einer hilfsweisen ordentlichen Arbeitgeberkündigung beendet worden ist, sie streiten des Weiteren über rückständige Vergütung und Zahlungsansprüche des Klägers gegenüber der Beklagten sowie im Wege der Widerklage über von der Beklagten geltend gemachten Schadensersatzansprüche, u.a. wegen der Entwendung von Dieselkraftstoff durch den Kläger.

Die Beklagte betreibt ein Speditionsunternehmen. Sie verfügt über eine Lkw-Flotte von ca. 115 Fahrzeugen.

Der Kläger ist seit 2007 nach Maßgabe eines schriftlichen Arbeitsvertrages vom 16.06.2007, hinsichtlich dessen Inhalts auf Bl. 109 ff. d.A. Bezug genommen wird, als Lkw-Fahrer zu einem Bruttomonatsgehalt von zuletzt 2675,00 EUR beschäftigt. Zusätzlich hat der Kläger jedenfalls im Zeitraum August bis Oktober 2018 eine monatliche "Zusatzzahlung" in Höhe von 200,00 EUR brutto uns Spesen in monatlich wechselnder Höhe erhalten. Gemäß § 14 des schriftlich abgeschlossenen Arbeitsvertrages verfallen sämtliche Ansprüche der Parteien, wenn sie nicht innerhalb von drei Monaten ab Fälligkeit oder Kenntnis der anspruchsbegründenden Tatsachen geltend gemacht werden.

Die LKWs der Beklagten waren ursprünglich mit verschließbaren Tankdeckeln versehen. Allerdings hat die Beklagte am LKW des Klägers, wie auch an den LKWs der anderen von ihr beschäftigten Fahrer, die Verriegelungstechnik der Tankanlage entfernen lassen, weil im Falle von Treibstoffdiebstahl die Schäden an der Tankanlage bei Öffnung mit Gewalt höher wären als die Verluste durch die Treibstoffeinbußen. Die LKWs der Beklagten sind mit sogenannten Fleetboards ausgestattet. Damit werden die Fahrzeugdaten, wie z. B. der Kraftstoffverbrauch, die Standzeit und die Kilometerleistung erfasst. Die Daten werden der jeweils eingesteckten Fahrerkarte und damit dem Fahrzeugführer zugeordnet. Der Standort des Fahrzeuges wird GPS gestützt auch dann erfasst, wenn der LKW während der Standzeit geparkt ist. Die Sensoren, die den Tankinhalt erfassen sind auch die, die die Tankanzeige im Fahrzeug steuern. Die Daten des Fleetboards werden per Mobilfunk an die Beklagte übertragen und dort per Computer erfasst und gespeichert. Innerhalb des Fahrzeugs wird der Tankinhalt mit einer analogen Tankanzeige dargestellt. Die Kapazität eines LKW-Tanks beträgt durchschnittlich 660 Liter. Die Betankung des Fahrzeuges erfolgt durch den Fahrer und wird per Tankkarte von ihm unmittelbar bezahlt.

Die Beklagte hat für die bei ihr beschäftigten Fahrer eine Prämie ausgelobt, wenn sie durch kraftstoffsparende Fahrweise Kraftstoffe einsparen.

In der Vergangenheit kam es bei den LKWs der Beklagten wiederholt zu unbefugten Kraftstoffentnahmen. Wenn Fahrer dementsprechende Meldungen an die Beklagte erstatteten, hat diese in einigen Fällen zwischen 2013 bis 2016 Strafanzeige erstattet bzw. die jeweilige Auslandsbehörde informiert. Etwaige strafrechtliche Ermittlungen wurden allerdings eingestellt, jeweils mangels Tatverdachts.

Die Tankkapazität der LKW der Beklagten beträgt ca. 660 Liter. Der Kläger betankt den von ihm geführten LKW selbst und zahlt per Tankkarte.

Der Kläger parkte den LKW regelmäßig in der Nähe seines Wohnhauses (A-Straße, L.) in der K-Straße, L.. Von dort trat der Kläger nach einer Standzeit unmittelbar die Folgefahrt an. Die entsprechenden Zeiten wurden durch das Fleetboard-System erfasst. Während dieser und weiterer, nicht am Wohnort des Klägers erfasster Standzeiten ergaben sich bei Auswertung der durch das Fleetboard-System erfassten Tankfüllstände im streitgegenständlichen Zeitraum bei A...

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