Entscheidungsstichwort (Thema)

Ausgleich eines Arbeitszeitguthabens durch Freistellung von der Arbeitspflicht. Unbegründete Leistungsklage einer Krankenschwester bei Arbeitsunfähigkeit während der Freistellungszeit

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Eine Arbeitsbefreiung zum Ausgleich eines Arbeitszeitguthabens kann grundsätzlich durch Freistellung der Arbeitnehmerin von ihrer Arbeitspflicht erfolgen; das geschieht durch eine entsprechende Erklärung der Arbeitgeberin gegenüber der Arbeitnehmerin, durch die die Arbeitgeberin auf ihr vertragliches Recht auf Leistung der versprochenen Dienste in einem bestimmten Umfang verzichtet und damit die entsprechende Dienstleistungspflicht der Arbeitnehmerin zum Erlöschen bringt.

2. Der Umstand, dass die Arbeitnehmerin im Freistellungszeitraum arbeitsunfähig erkrankt und deshalb an den Tagen, für die sie von der Arbeitspflicht befreit ist, ohnehin nicht arbeiten kann, steht einer Anrechnung auf ihr Arbeitszeitkonto nicht entgegen; die einen Überstundenausgleich bezweckende Arbeitsbefreiung erfordert nur die Entbindung der Arbeitnehmerin von ihrer vertraglichen Arbeitspflicht im Umfang der geleisteten Überstunden, nicht jedoch darüber hinaus die Verschaffung einer zu Erholungszwecken nutzbaren arbeitsfreien Zeit.

3. Etwas andere ergibt sich auch nicht aus den Bestimmungen zur Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall (§ 22 TVöD, § 3 EFZG); diese Bestimmungen sichern nur den Vergütungsanspruch der Arbeitnehmerin vor einem ansonsten eintretenden Anspruchsverlust nach § 326 Abs.1 BGB infolge krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit, nicht jedoch die Freizeitnutzung.

 

Normenkette

BGB § 611

 

Verfahrensgang

ArbG Koblenz (Entscheidung vom 30.08.2012; Aktenzeichen 2 Ca 4371/11)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 30.8.2012, Az.: 2 Ca 4371/11, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über den Ausgleich eines Arbeitzeitguthabens.

Die Klägerin ist seit dem 01.01.1988 in dem von der Beklagten betriebenen Krankenhaus als Krankenschwester beschäftigt. Gemäß § 2 des zwischen den Parteien geschlossenen Arbeitsvertrages richtet sich das Arbeitsverhältnis nach den Vorschriften des BAT und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen. Dementsprechend finden nunmehr auf das Arbeitsverhältnis unstreitig die Bestimmungen des TVöD sowie dessen Besonderer Teil "Krankenhäuser" (TVöD BT-K) Anwendung.

Am 11.04.2006 schloss die Beklagte mit dem bei ihr bestehenden Gesamtbetriebsrat eine Betriebsvereinbarung "zur Auslegung von tariflichen Bestimmungen des TVöD in Verbindung mit dem BT-K u. TVÜ-VKA". Diese Betriebsvereinbarung sieht unter anderem die Errichtung eines sogen. "Übertragungskontos" vor, auf dem die Überschreitung von Sollarbeitszeiten sowie Mehr- und Überstunden verbucht werden, wobei das Zeitguthaben höchstens 60 Stunden betragen darf. Die Betriebsvereinbarung, hinsichtlich deren Inhalts im einzelnen auf Bl. 31 bis 40 d. A. Bezug genommen wird, enthält u. a. folgende Bestimmung:

Vereinbarung zu § 10 TVöDArbeitszeitkonto Zurzeit wird auf die Errichtung oder Einführung eines Arbeitszeitkontos beiBeschäftigten in Wechselschicht- und Schichtarbeit gem. § 10 TVöD in beiden Betriebsstätten verzichtet.

In den Monaten Juni bis Oktober 2011 sammelte die Klägerin auf ihrem Übertragungskonto ein Zeitguthaben von 57,05 Stunden an.

Am 22.11.2010 wurde ärztlicherseits die Notwendigkeit einer Handoperation bei der Klägerin festgestellt. Die Operation wurde sodann, wie vorgesehen, im Januar 2011 im Krankenhaus der Beklagten durchgeführt.

Bereits am 30.11.2010 wurde der Dienstplan für den Monat Januar 2011 erstellt. In diesem Dienstplan wurde die Klägerin für den Zeitraum vom 03.01. bis 28.01.2011 zum Ausgleich ihres Arbeitszeitguthabens in einem Umfang von 51,35 Stunden freigestellt, wodurch sie rechnerisch das Zeitguthaben der Klägerin auf 5,70 Stunden reduzierte. Ob der Personalabteilung der Beklagten im Zeitpunkt der Erstellung des Dienstplans bereits bekannt war, dass sich die Klägerin im Januar 2011 eine Handoperation unterziehen werde, ist zwischen den Parteien streitig.

Von einer weitergehenden Darstellung des unstreitigen Tatbestandes sowie des erstinstanzlichen streitigen Parteivorbringens wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen. Insoweit wird Bezug genommen auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Koblenz vom 30.08.2012 (Bl. 66 bis 70 d. A.).

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, weitere 51,35 abgeleistete Überstunden in ihrem Arbeitszeitkonto aufzunehmen,

hilfsweise,die Beklagte zu verurteilen, an sie 859,09 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Arbeitsgericht hat die Klage mit Urteil vom 30.08.2012 abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, der geltend gemachte Anspruch sei gemäß § 37 Abs. 1 TVöD verfallen.

Gegen das ihr am 28.09.2012...

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