Entscheidungsstichwort (Thema)

Kürzung. Sonderzuwendung. Kürzung von tariflicher Sonderzuwendung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die in § 18 Abs. 6 Bundesrahmentarifvertrag-Apotheken vorgesehene Kürzungsmöglichkeit bezüglich Sonderzahlungen, „sofern sich dies dem Apothekeninhaber aus wirtschaftlichen Gründen als notwendig darstellt” bedeutet nicht, dass allein auf die subjektive Einschätzung des Apothekeninhabers abzustellen ist.

2. Ein Anspruch des Arbeitnehmers auf Zahlung einer Gratifikation aus betrieblicher Übung wird Arbeitsvertragsinhalt und kann folglich auf individualrechtlichem Wege nach allgemeinen Regeln des Vertragsrechts ohne die Mitwirkung dieses Arbeitnehmers nicht mehr untergehen.

 

Normenkette

BundesrahmenTV-Apotheken § 18 Abs. 6; TVG § 1; BGB § 242

 

Verfahrensgang

ArbG Ludwigshafen (Urteil vom 06.07.2006; Aktenzeichen 4 Ca 562/06)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 20.02.2008; Aktenzeichen 10 AZR 119/07)

 

Tenor

1. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 06.07.2006, Az.: 4 Ca 562/06, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird, soweit die Berufung bezüglich der Klägerin zu 2) zurückgewiesen wurde, zugelassen; im Übrigen wird die Revision nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Zahlung von restlicher Sonderzuwendung.

Die Klägerin zu 1. ist bei dem Beklagten, der eine Apotheke betreibt, und dessen Rechtsvorgängern seit dem 01.11.1993 als Pharmazeutisch-Technische Assistentin gegen Zahlung eines monatlichen Arbeitentgeltes in Höhe von zuletzt 1.132,88 EUR brutto beschäftigt. Die Parteien haben keinen schriftlichen Arbeitsvertrag geschlossen.

Die Klägerin zu 2. ist bei dem Beklagten und dessen Rechtsvorgängern seit dem 01.04.1966 als Pharmazeutisch-Kaufmännische Assistentin gegen Zahlung eines monatlichen Arbeitsentgeltes in Höhe von zuletzt 2.368,16 EUR brutto beschäftigt. Am 29.12.1997 unterzeichneten sie und der Beklagte einen schriftlichen Arbeitsvertrag (vgl. Bl. 6 f. d. A.).

Beide Klägerinnen bezogen seit Beginn ihrer Beschäftigungsverhältnisse eine jährliche Sonderzuwendung, die vorbehaltlos am 30.11. des jeweiligen Kalenderjahres in Höhe eines übertariflichen Monatsverdienstes gezahlt wurde. Zum 01.01.2005 trat der neue Bundesrahmentarifvertrag vom 02.11.2004, geschlossen vom Arbeitgeberverband Deutscher Apotheken und der Apothekergewerkschaft X. (im Folgenden: BRTV), in Kraft. Dieser Tarifvertrag sah erstmals die Möglichkeit einer Kürzung der tariflichen Sonderzuwendung, die bislang in Höhe eines tariflichen Monatsverdienstes geschuldet war, vor.

Am 17.06.2005 wurden beide Klägerinnen Mitglied in der Apothekergewerkschaft X. Der Beklagte zahlte für das Kalenderjahr 2005 – unter Berufung auf die tarifliche Kürzungsmöglichkeit – an beide Klägerinnen eine Sonderzuwendung in Höhe der Hälfte eines tariflichen Monatsverdienstes. Beide Klägerinnen baten, zusammen mit weiteren Arbeitskolleginnen, den Beklagten mit Schreiben vom 29.11.2005 (Bl. 17 d. A.) um schriftliche Darlegung der wirtschaftlichen Gründe, welche die Kürzung notwendig machten.

Hierauf erwiderte der Beklagte in einem Schreiben ohne Datum (Bl. 20 f. d. A.), dem als Anlage ein Schreiben seines Steuerberaters vom 04.11.2005 (Bl. 18 f. d. A.) nebst einer grafischen Darstellung (Bl. 19 d. A.) beigefügt waren.

Anschließend haben die Klägerinnen beim Arbeitsgericht Ludwigshafen Klage auf Leistung einer restlichen Sonderzuwendung für das Kalenderjahr 2005 in Höhe der Differenz zwischen einem übertariflichen Monatsverdienst und dem gezahlten Betrag eingereicht.

Wegen der weiteren Einzelheiten des unstreitigen Tatbestandes und hinsichtlich des erstinstanzlichen Parteivorbringens wird auf die Zusammenfassung im Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 06.07.2006 (dort S. 2 – 5 = Bl. 69 – 72 d. A.) verwiesen.

Die Klägerinnen haben beantragt,

  1. den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin zu 1. EUR 566,44 brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit dem 01.12.2005 zu zahlen;
  2. den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin zu 2. EUR 879,33 brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit dem 01.12.2005 zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Arbeitsgericht Ludwigshafen hat den Klagen mit Urteil vom 26.07.2006 (Bl. 68 ff. d. A.) vollumfänglich stattgegeben und die Berufung zugelassen. Wegen der Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichtes wird auf Seite 5 ff. seines Urteiles (Bl. 72 ff. d. A.) Bezug genommen.

Der Beklagte hat gegen diese Entscheidung, die ihm am 21.07.2006 zugestellt worden ist, am 08.08.2006 Berufung zum Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz eingelegt und am 06.10.2006 sein Rechtsmittel begründet, nachdem die Berufungsbegründungsfrist bis einschließlich 06.10.2006 verlängert worden war.

Der Beklagte macht geltend,

das Arbeitsgericht habe nicht hinreichend berücksichtigt, dass bei beiden Klägerinnen eine betriebliche Übung schon deshalb nicht habe entstehen können, weil...

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