Entscheidungsstichwort (Thema)

Auszubildende. Übernahme

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Übernimmt der Arbeitgeber einen Auszubildenden nach Abschluss der Berufsausbildung nicht, obwohl eine anwendbare Tarifnorm dies vorsieht, kann ein Schadensersatzanspruch des Auszubildenden gegeben sein.

2. Ist die im Verfahrensablauf nach Widerspruch des Betriebsrats vorgesehene tarifliche Schlichtungsstelle bei Beendigung des Ausbildungsverhältnisses noch nicht errichtet, entfällt ein Schadensersatzanspruch mangels Verschuldens des Arbeitgebers jedenfalls dann, wenn diese nach Errichtung unverzüglich angerufen wird und ihrerseits eine Befassung mit der Angelegenheit ablehnt.

 

Normenkette

TVG § 1

 

Verfahrensgang

ArbG Kaiserslautern (Urteil vom 13.11.2002; Aktenzeichen 4 Ca 794/02)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 29.09.2005; Aktenzeichen 8 AZR 573/04)

 

Tenor

1.Die Berufung der Kläger gegen die Urteile des Arbeitsgerichts Kaiserslautern – Auswärtige Kammern Pirmasens – vom 13.11.2002 – 4 Ca 692/02, 4 Ca 693/02, 4 Ca 794/02, 4 Ca 795/02 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

2.Jeder Kläger hat ¼ der Kosten des Berufungsverfahrens ab der Verbindung der Verfahren zu tragen.

3.Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien des vorliegenden Rechtsstreits streiten darüber, ob die Beklagte den Klägern zum Schadensersatz verpflichtet ist, weil sie mit ihnen nach Abschluss der Ausbildungsverhältnisse keinen befristeten Arbeitsvertrag abgeschlossen hat.

Die Kläger/in waren bei der Beklagten als Auszubildende im Lehrberuf des Energieanlagen-Elektronikers beschäftigt. Am 25.01.2002 bestanden die Kläger ihre Gesellenprüfung. Mit der Klage machen die Kläger Schadensersatz wegen des nicht Zustandekommen eines befristeten Arbeitsverhältnisses für den Zeitraum von 12 Monaten, beginnend ab dem Tag nach Bestehen der Prüfung, geltend.

Auf die Rechtsverhältnisse zwischen den Parteien fand unter anderem die „Tarifvereinbarung zur Beschäftigungssicherung” zwischen dem Verband der Metall- und Elektroindustrie Rheinland-Rheinhessen e.V. und dem Verband der Pfälzischen Metall- und Elektroindustrie e.V. sowie der IG-Metall vom 26.11.2001 Anwendung.

§ 3 dieser Tarifvereinbarung hat folgenden Wortlaut:

Übernahme von Auszubildenden

  1. Auszubildende werden bei erfolgreich bestandener Abschlussprüfung im Grundsatz für mindestens 12 Monate in ein Arbeitsverhältnis übernommen, soweit dem nicht personenbedingte Gründe entgegenstehen.

    Der Betriebsrat ist hierüber unter Angabe der Gründe zu unterrichten.

  2. Mit Zustimmung des Betriebsrates kann von der Verpflichtung nach Ziffer 1) abgewichen werden, wenn das Angebot eines Arbeitsverhältnisses wegen akuter Beschäftigungsprobleme im Betrieb nicht möglich ist oder der Betrieb über seinen Bedarf hinaus Ausbildungsverträge abgeschlossen hat.
  3. Verweigert der Betriebsrat die Zustimmung, die Zustimmung, so entscheidet auf Antrag des Arbeitgebers die in § 2 Ziffer 7 genannte tarifliche Schlichtungsstelle.

§ 2 Ziffer 7 der Tarifvereinbarung hat folgenden Wortlaut:

Können sich Arbeitgeber und Betriebsrat bei vorübergehenden Beschäftigungsproblemen nicht über die Absenkung der tariflichen Arbeitszeit gemäß Ziffer 1) einigen, so kann auf Initiative des Betriebsrates oder des Arbeitgebers eine tarifliche Schlichtungsstelle angerufen werden. Die Schlichtungsstelle setzt sich aus je 2 Vertretern der Tarifvertragsparteien und einem neutralen Vorsitzenden zusammen. Die Schlichtungsstelle trifft eine verbindliche Entscheidung innerhalb einer Frist von vier Wochen, nur einmal beim gleichen Sachverhalt und längstens sechs Monate. Die Tarifvertragsparteien treffen im Voraus eine Vereinbarung über die Vorsitzenden der Schlichtungsstellen.

Gemäß § 5 tritt die Tarifvereinbarung am 01.01.2002 in Kraft.

Am 06.12.2001 hat der Betriebsrat der Beklagten beschlossen, dem Antrag der Geschäftsleitung, die Auszubildenden, die demnächst ihre Lehre beenden, nicht zu übernehmen, keine Zustimmung zu erteilen. Danach müssen nach Tarifvertrag diese für 12 Monate übernommen werden (vgl. Bl. 70 d. A.).

Am 17.01.2002 hat die Beklagte den Klägern mitgeteilt, dass nach bestandener Abschlussprüfung das Ausbildungsverhältnis beendet ist und eine Übernahme in ein Arbeitsverhältnis nicht erfolgt.

Am 20.02.2002 haben die Tarifvertragsparteien erstmals eine Vereinbarung über die Errichtung einer Schlichtungsstelle getroffen, die in § 1 ihren Geltungsbereich, in § 2 die Errichtung, in § 3 die Anrufung, in § 4 die Kosten und schließlich in § 5 das Inkrafttreten (zum 01. Januar 2002) regelt. Hinsichtlich des weiteren Inhalts dieser Vereinbarung wird auf Blatt 88, 89 der Akte Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 27.02.2002 an den vorgesehenen Vorsitzenden der Schlichtungsstelle, Herrn Direktor des Arbeitsgerichts, hat die Beklagte diesem angezeigt, dass sie dieses Schlichtungsverfahren im Sinne der zuvor dargestellten tariflichen Regelung durchführen möchte. Hinsichtlich des näheren Inhalts des Schreibens wird auf Blatt 74, 75 der Akte Bezug genommen. Mit Schreiben vom 12.03.20...

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