Entscheidungsstichwort (Thema)

Gewerkschaftssitzung, Teilnahme an. Freistellung zur Teilnahme an Ortsvorstandsitzungen der Gewerkschaft

 

Leitsatz (amtlich)

Ein Anspruch auf Freistellung von der Arbeitsleistung zur Teilnahme an der Ortsvorstandssitzung einer Gewerkschaft besteht außerhalb des Geltungsbereiches eines den Anspruch regelnden Tarifvertrages nicht.

Der Arbeitnehmer hat lediglich einen Anspruch gegenüber dem Arbeitgeber, dass dieser bei der Dienstplangestaltung im Rahmen der Ausübung billigen Ermessens auf die zeitlich lange Im Voraus terminierten Sitzungen des Ortsvorstandes bei der Einteilung Rücksicht nimmt.

 

Normenkette

BGB § 315; GG Art. 9

 

Verfahrensgang

ArbG Trier (Urteil vom 30.04.2008; Aktenzeichen 4 Ca 232/08)

 

Nachgehend

BAG (Beschluss vom 13.08.2010; Aktenzeichen 1 AZR 173/09)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Trier vom 30.04.2008 – 4 Ca 232/08 unter Aufrechterhaltung im Übrigen teilweise abgeändert.

Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin am 16.12.2008 jeweils ab 12.00 Uhr bis zum Arbeitsende von der Arbeit freizustellen.

Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

Die weitere Berufung wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Frage, ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen die Beklagte verpflichtet ist, die Klägerin von ihrer Arbeitspflicht freizustellen.

Die Klägerin ist Mitglied des Betriebsrates der Beklagten, sie ist nicht freigestellt. Sie gehört der Gewerkschaft IG Metall an. Sie wurde am 07.12.2007 als Beisitzerin in den Ortsvorstand der IG Metall A-Stadt gewählt. Dieser Ortsvorstand hält in regelmäßigen Abständen Sitzungen ab, die in etwa monatlich, überwiegend an Dienstagen, anberaumt sind. Bis im August 2008 war die Klägerin in der Abteilung Qualitätssicherung tätig und hatte dort eine regelmäßige Arbeitszeit von 6.00 Uhr bis 14.00 Uhr. Am Schichtdienst nahm sie bis August 2008 nicht teil.

Nach persönlicher Bitte und einer schriftlichen Aufforderung ihres Prozessbevollmächtigten mit Schreiben vom 23.01.2008, mit dem die Klägerin um Freistellung für die Teilnahme an Sitzungen des Ortsvorstandes nachgesucht hatte, schrieb die Beklagte unter dem 14.02.2008 an die Prozessbevollmächtigten, dass grundsätzliche Bereitschaft bestünde, die Klägerin für Sitzungen des Vorstandes freizustellen, so weit betriebliche Belange nicht entgegenstehen. Weiter führt die Beklagte wörtlich aus:

„Wenn Frau C. sich bereit erklärt, ihre vormalige Tätigkeit im Schichtdienst wieder aufzunehmen, könnten bei rechtzeitiger Mitteilung der Sitzungstermine diese bei den Schichtplänen Berücksichtigung finden, so dass Frau C. außerhalb der Schichten die Teilnahme an den Vorstandssitzungen möglich wäre.”

Weiter wird ausgeführt, eine unbezahlte Freistellung von der derzeitigen Tätigkeit im Qualitätswesen könne nicht in Aussicht gestellt werden, da insoweit erhebliche betriebliche Belange entgegenstünden. So weit die Klägerin für die Teilnahme an den Vorstandssitzungen Urlaub beantrage, würden dieser im Grundsatz genehmigt werden, wenn im Einzelfall betriebliche Belange nicht entgegenstünden. Urlaub könne allerdings grundsätzlich nur tageweise gewährt werden.

Mit am 19.02.2008 beim Arbeitsgericht T. eingegangener Klage hat die Klägerin Verurteilung der Beklagten beantragt, sie an im Einzelnen bezeichneten Tagen der Vorstandssitzungen ab 12.00 Uhr bis zum Arbeitsende von der Arbeit freizustellen. Weiter hat sie die Feststellung begehrt, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Klägerin jeweils für die Teilnahme an Ortsvorstandssitzungen freizustellen, so weit keine zwingenden betrieblichen Gründe entgegenstehen.

Die Klägerin hat geltend gemacht, sie habe keinen Einfluss auf die Festsetzung der Sitzungstermine und könne sie nicht verlegen. Die Beklagte habe keine betrieblichen Gründe dargelegt, die der Freistellung entgegenstünden, die Ablehnung beruhe vielmehr darauf, dass sie Betriebsratsarbeit und Gewerkschaftsarbeit kritisch gegenüberstehe. Das Angebot in den Schichtdienst zu wechseln sei eine Verschlechterung der Arbeitsbedingungen, außerdem sei es unzumutbar, für die zwei Stunden einen ganzen Tag Urlaub zu opfern. Sie selbst habe verschiedene Lösungsmöglichkeiten aufgezeigt, so das Nacharbeiten von Stunden angeboten oder die Stunden aus dem Überstundenkonto zu nehmen. Der Anspruch ergebe sich aus der grundgesetzlich geschützten Koalitionsfreiheit.

Die Klägerin hat beantragt,

  1. die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin am 26.02.2008 ab 12.00 Uhr bis zum Arbeitsende von der Arbeit freizustellen,
  2. die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin am 31.03.2008 ab 12.00 Uhr bis zum Arbeitsende von der Arbeit freizustellen,
  3. die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin am 27.05.208 ab 12.00 Uhr bis zum Arbeitsende von der Arbeit freizustellen,
  4. die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin am 24.06.2008 ab 12.00 Uhr bis zum Arbeitsende von der Arbeit freizustellen,
  5. die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin a...

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