Entscheidungsstichwort (Thema)

Anhörung des Betriebsrats. Spesenbetrug. Darlegungs- und Beweislast. Außerordentliche Kündigung bei Spesenbetrug. unbegründete Kündigungsschutzklage bei unzureichenden Darlegungen des Arbeitnehmers zur betriebsüblichen Kostenerstattung für Begleitpersonen

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Ein Arbeitnehmer hat die angefallenen Spesen grundsätzlich korrekt abzurechnen; Ungenauigkeiten berechtigen regelmäßig zur fristlosen Kündigung.

2. Macht der Arbeitnehmer zur Rechtfertigung der Abrechnung eines Doppelzimmers auch für seine Lebensgefährtin mit einer betriebsüblichen Handhabung der Arbeitgeberin geltend, hat er im Hinblick auf das substantiierte Vorbringen der Arbeitgeberin, dass ein solcher Vorfall bisher niemals bei ihr vorgekommen und es ganz im Gegenteil gar nicht gestattet ist, Lebenspartner auf Kosten Arbeitgeberin an dienstlichen Veranstaltungen teilnehmen oder auf deren Kosten übernachten zu lassen, seinen Sachvortrag im Einzelnen zu vertiefen; der Arbeitnehmer kann sich insbesondere dann nicht pauschal auf eine entgegenstehende Abrechnungspraxis bei der Arbeitgeberin berufen, wenn unklar bleibt, was damit eigentlich gemeint ist.

 

Normenkette

BetrVG §§ 102, 102 Abs. 1 S. 2; BGB §§ 626, 626 Abs. 1; StGB § 263

 

Verfahrensgang

ArbG Trier (Entscheidung vom 09.06.2010; Aktenzeichen 4 Ca 1578/08)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Trier vom 09.06.2010 - 4 Ca 1578/08 - hinsichtlich der Ziffer 5 teilweise wie folgt abgeändert:

Die Beklagte wird verurteilt, 39.471,21 Euro brutto zu zahlen.

Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen; hinsichtlich der erstinstanzlichen Kosten wird Ziffer 7 des Urteils des Arbeitsgerichts Trier vom 09.06.2010 - 4 Ca 1758/08 - dahin abgeändert, dass der Kläger 52,7 %, die Beklagte 47,3% mit Ausnahme der vom Kläger zu tragenden Säumniskosten zu tragen hat.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien des vorliegenden Rechtsstreits streiten um die Wirksamkeit von insgesamt drei außerordentlichen, zum Teil hilfsweise erklärten ordentlichen Kündigung der Beklagten sowie um Annahmeverzugslohn und um weitere Zahlungsansprüche, insbesondere um Bonusleistungen und Karenzentschädigung.

Der zum Zeitpunkt der Klageerhebung 48-jährige Kläger war seit dem 15.07.2003 bei der Beklagten zuletzt als Verkaufsleiter für Deutschland (gesamt) und für weitere Länder tätig. Der Kläger ist inzwischen verheiratet. Die Beklagte beschäftigt ca. 400 Arbeitnehmer. Der Kläger hat zuletzt ein Bruttomonatsgehalt in Höhe von 10.883,00 EUR zuzüglich 13,29 EUR VL sowie weitere 1.089,30 EUR als geldwerten Vorteil für die auch privat gestattete Kfz-Nutzung seines Dienstwagens erhalten.

Nach § 1 des schriftlich zwischen den Parteien abgeschlossenen Arbeitsvertrages gilt der Kläger als leitender Angestellter. Er nahm bei den letzten Betriebsratswahlen nicht teil. Hinsichtlich des Inhalts des Arbeitsvertrages im Übrigen wird auf Bl. 76 bis 79 d. A. Bezug genommen. In einem Anhang zum Anstellungsvertrag haben die Parteien ein Wettbewerbsverbot vereinbart (vgl. Bl. 127, 128 d. A.). Hinsichtlich der Höhe der Karenzentschädigung wird auf Ziffer 3 dieser Regelung Bezug genommen. Die Vertragsergänzung vom 30.04.2008 enthält neben der An-gabe zum aktuellen Monatsgehalt eine Bonusregelung für das Jahr 2008. Diese hat, soweit vorliegend von Belang, unter anderem folgenden Wortlaut:

"Für 2008 wird folgende Bonusregelung getroffen:

Wird der Planumsatz 2008 in Höhe von 35,522 Mio. Euro zuzüglich Mehrwertsteuer für D, A, CH erreicht, erfolgt eine Bonuszahlung in Höhe von brutto 25.000 Euro. Der Bonus verringert sich linear bei Nichterreichen des vorgenannten Umsatzes bis auf Null, wenn in oben genannten Ländern lediglich der Vorjahresumsatz (2007) erreicht wird.

Wird der in D, A, CH als Gesamtheit in 2007 inkl. Objektrabatt erreichte Durchschnittsrabatt von 44,69 Prozent in 2008 gehalten, erfolgt eine weitere Bonuszahlung von 25.000 Euro. Dieser Bonus verringert sich linear mit steigendem Durchschnittsrabatt und erreicht Null, wenn sich der oben genannte 2007er Durchschnittsrabatt in 2008 um 1 Prozent auf 46,69 Prozent inkl. Objektrabatt erhöht.

Die Prämienvereinbarung 2008 ist eine freiwillige Leistung. ... Bei Kündigung durch das Unternehmen wird die Prämie anteilig zum Zeitpunkt der Tätigkeitsbeendigung auf Gesamtjahresbasis 2008 gezahlt. Die Prämien werden mit der Lohnabrechnung Februar 2009 ausbezahlt."

Am 10.10.2008 fand bei der Firma A., einem wichtigen Kunden der Beklagten, eine große Einweihungsfeier statt, an der unter anderem der Kläger zusammen mit seiner damaligen Lebensgefährtin und derzeitigen Ehefrau teilnahm. Der Kläger übernachtete vom 10. auf den 11.10.2008 zusammen mit ihr in einem Doppelzimmer im Landgasthof B.. Die Rechnung für das Doppelzimmer in Höhe von 80,00 EUR (vgl. Bl. 33 d. A.) reichte er bei der Buchhaltung der Beklagten ein, die diesen Betrag in voller Höhe an ihn auszahlte. Die ...

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