Entscheidungsstichwort (Thema)

Interessenabwägung bei Widerrufsvorbehalt

 

Leitsatz (redaktionell)

Die Änderung zugesagter Leistungen durch Ausübung des Widerrufsvorbehaltes durch den Arbeitgeber muss für den Arbeitnehmer zumutbar sein. Dies betrifft auch freiwilligen Leistungen. Der Arbeitgeber muss von dem Vorbehalt nach billigem Ermessen Gebrauch machen.

 

Normenkette

BGB §§ 133, 157, § 305 ff., § 308 Nr. 4, § 315

 

Verfahrensgang

ArbG Mainz (Entscheidung vom 11.04.2018; Aktenzeichen 1 Ca 1923/16)

 

Tenor

  1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des ArbG Mainz vom 11.4.2018 - 1 Ca 1923/16 - aufgehoben, soweit es die Klage abgewiesen hat.
  2. Die Beklagte wird verurteilt, weitere 1.756,20 € brutto nebst Zinsen i.H.v. 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 2.5.2017 an den Kläger zu zahlen.

    Die hinsichtlich der Zinsen weitergehende Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.

  3. Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.
  4. Die Beklagte hat die Kosten beider Rechtszüge zu tragen.
  5. Die Revision wird nicht zugelassen.
 

Tatbestand

Die Parteien des vorliegenden Rechtsstreits streiten darüber, ob der Kläger gegenüber der Beklagten einen Anspruch auf Zahlung weiterer Beträge aus einer Kilometerpauschale hat.

Der 1955 geborene Kläger ist bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin seit 1986, zuletzt zu einem Bruttomonatsverdienst in Höhe von 9723,72 €, im Vertrieb beschäftigt.

In der Nutzungsüberlassungsvereinbarung vom 21.01./23.01.2014, hinsichtlich deren weiteren Inhalts auf Bl. 7 ff d.A. Bezug genommen wird, heißt es in § 9:

"Abrechnung von Reisekosten

Von der Bank bekommt der Mitarbeiter die per Reisekostenabrechnung nachgewiesenen dienstlich gefahrenen Kilometer gemäß der festgelegten Kilometerpauschale monatlich verrechnet..."

Gemäß § 18 der Nutzungsüberlassungsvereinbarung wird als Anlage 6 das "Firmenwagen ABC" in Bezug genommen. Das Firmenwagen ABC, hinsichtlich dessen weiteren Inhalts auf Bl. 24 ff d.A. Bezug genommen wird, enthielt zum damaligen Zeitpunkt unter dem Buchstaben K folgende Regelung:

"Die Kilometerpauschale für dienstlich gefahrene Kilometer beträgt z.Zt. 0,45 € brutto. Diese Kilometerpauschale wird ggf. vom ZB Personal überprüft und angepasst."

Im Rahmen einer Veröffentlichung vom 25.04.2016, hinsichtlich deren weiteren Inhalts auf Bl. 33 d.A. Bezug genommen wird, hat die Beklagte folgendes mitgeteilt:

"Im Rahmen der notwendigen Kostenoptimierung fand im Herbst 2015 eine Überprüfung einzelner Kostenblöcke statt. Im Kostenblock der Reisekosten wurde dabei festgestellt, dass die aktuellen Erstattungen bei Nutzung des Privat-KfZ bzw. Firmenwagen für Dienstwagen historisch über dem Branchendurchschnitt liegen.

Der Vorstand hat nach erneuter Abwägung die Umsetzung einer Absenkung der Erstattung auf das Marktniveau beauftragt. In Konsequenz wird Wegstreckenentschädigung für Dienstfahrten mit privat genutzten Fahrzeugen bzw. Firmenwagen zum 01.05.2016 von derzeit 0,45 €/km auf künftig 0,30 € pro Kilometer reduziert.

Die Reiseordnung der L. (Bank) sowie die Nutzungsüberlassungsvereinbarung für Firmenwagen inkl. zugehöriger Anlagen werden in den kommenden Tagen entsprechend angepasst."

Am 27.12.2016 schloss der Kläger eine neue Nutzungsüberlassungsvereinbarung, hinsichtlich deren weiteren Inhalts auf Bl. 66 ff d.A. Bezug genommen wird, in der das Firmen ABC nicht mehr einbezogen ist.

Mit der streitgegenständlichen Klage begehrt der Kläger die Fortzahlung einer Kilometerpauschale in Höhe von 0,45 € statt der tatsächlich von der Beklagten nur gezahlten 0,30 € pro dienstlich zurückgelegten Kilometer für den Zeitraum von Mai 2016 bis April 2017.

Der Kläger hat vorgetragen,

aus der Nutzungsüberlassungsvereinbarung vom 21.01./23.01.2014 i.V.m. dem Firmenwagen ABC ergebe sich, dass er einen Anspruch auf eine Kilometerpauschale in Höhe von 0,45 € gehabt habe. Da ein Änderungs- oder Widerrufsvorbehalt in der Nutzungsüberlassungsvereinbarung nicht vereinbart sei, habe die Beklagte die Kilometerpauschale nicht einseitig kürzen können. Er habe dieser auch widersprochen. Tatsächlich sei er im Zeitraum von Mai 2016 bis einschließlich April 2017 dienstlich veranlasst insgesamt 22.478 Kilometer gefahren. Die Differenz zwischen der gezahlten Kilometerpauschale in Höhe von 0,30 € und 0,45 € sei Klagegegenstand. Es treffe zwar zu, dass er am 27.12.2016 eine neue Nutzungsüberlassungsvereinbarung unterzeichnet habe. Diese betreffe indes den neuen Leasingwagen, den er ab dem 01.05.2017 erhalten habe und sei daher ohne Belang für das vorliegende Verfahren.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 3.371,70 € brutto nebst Zinsen i.H.v. 5 % Punkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat vorgetragen,

der Kläger unterscheide nicht zutreffend zwischen Dienstwagen und Firmenwagen. Bei einem Dienstwagen stehe dem Mitarbeiter aufgrund seiner Stellung im Betrieb ein solcher zu und die Beklagte trage dessen Kosten. Ein Firmenwagen - wie vorliegend...

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