Entscheidungsstichwort (Thema)

Weitergabe von Tariferhöhungen nach Betriebsübergang. Rechtsbekundende Bedeutung einer Vertragsklausel mit der Überschrift "Deklaratorische Eingruppierung, freiwillige anrechenbare Zulage". Unbegründete Zahlungsklage bei unzureichenden Darlegungen des Arbeitnehmers zur Vereinbarung einer dynamischen Bezugnahmeklausel im Rahmen einer Vertragsänderung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Gemäß § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB werden die Normen eines bei der ehemaligen Betriebsinhaberin angewendeten Tarifvertrages Inhalt des Arbeitsverhältnisses zwischen dem Arbeitnehmer und der neuen Betriebsinhaberin; die Tarifvertragsnormen gelten jedoch ausschließlich statisch in ihrer im Zeitpunkt des Übergangs geltenden Fassung fort.

2. Legt eine Änderungsvereinbarung unter der Überschrift "Deklaratorische Eingruppierung, freiwillige anrechenbare Zulage" die Eingruppierung als Mitarbeiter Kasse "in die Tarifgruppe G3 im 05. Berufs-/Tätigkeitsjahr" und das Gesamtentgelt bei einer Arbeitszeit von 25 Wochenstunden als "Tarifentgelt" (1.517,74) und "Mankogeld" (5,34) auf 1.534,08 brutto fest, wird damit nicht das tarifliche Gehalt als Maßstab für die Vergütung dynamisch in Bezug genommen; die Angabe "Tarifentgelt" und die Nennung der maßgeblichen Tarifgruppe "G3 im 5. Tätigkeitsjahr" begründet im Hinblick auf die Überschrift "deklaratorische Eingruppierung" keine dynamische Bezugnahme, da dem Wortlaut der Vereinbarung nach gerade nicht das "jeweilige" Tarifentgelt zum Maßstab bestimmt wird.

3. Eine mit "Deklaratorische Eingruppierung, freiwillige anrechenbare Zulage" überschriebene Vertragsklausel hat keine rechtsbegründende (konstitutive) sondern nur rechtsbekundende (deklaratorische) Bedeutung, wenn die vertragliche Vereinbarung im Übrigen weder ausdrücklich noch stillschweigend auf die jeweiligen Lohn- und Gehaltstarifverträge Bezug nimmt.

4. Der Umstand, dass der Arbeitnehmer und die Rechtsvorgängerin der Arbeitgeberin als Teilzeitgehalt eine Vergütung vereinbart hatten, das sich aus einem "Tarifentgelt" und einem "Mankogeld" zusammensetzt, hat für die Frage künftiger Erhöhungen keine Bedeutung.

5. Enthält das Unterrichtungsschreiben der früheren Arbeitgeberin (§ 613a Abs. 5 BGB) die Mitteilung, dass die Betriebserwerberin tarifgebunden ist und die Tarifverträge des Einzelhandels weiterhin Anwendung finden, kann diese Mitteilung der Rechtsnachfolgerin nicht zugerechnet und aus ihr auch nicht ihr Wille entnommen werden, sämtliche auch in ferner Zukunft liegende Tariferhöhungen an die Beschäftigten weiterzugeben.

 

Normenkette

BGB §§ 133, 305c Abs. 2, §§ 613a, 611 Abs. 1, § 613a Abs. 1 S. 1, Abs. 5

 

Verfahrensgang

ArbG Kaiserslautern (Entscheidung vom 06.11.2014; Aktenzeichen 2 Ca 881/14)

 

Tenor

  1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 6. November 2014, Az. 2 Ca 881/14, abgeändert und die Klage abgewiesen.
  2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz zu tragen.
  3. Die Revision wird nicht zugelassen.
 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte das Gehalt des Klägers entsprechend der Tarifentwicklung erhöhen muss.

Der Kläger ist seit 1976 im SB-Warenhaus der Beklagten und ihren Rechtsvorgängerinnen in K. angestellt. Seit April 2007 wird er als Kassierer in Teilzeit mit 25 Wochenstunden beschäftigt. Der Betrieb ist zum 01.07.2008 gem. § 613a BGB auf die Beklagte übergegangen.

Die Beklagte ist nicht tarifgebunden. Sie vergütete den Kläger bis einschließlich Juli 2013 nach den jeweiligen Gehaltssätzen der Gehaltsgruppe G III/ 5. Tätigkeitsjahr des Gehaltstarifvertrages für die Beschäftigten des Einzelhandels Rheinland-Pfalz (im Folgenden: GTV). Die im August 2013 und Mai 2014 in Kraft getretenen Tariferhöhungen um 3 % und 2,1 % gab die Beklagte nicht an den Kläger weiter. Mit seiner im Juli 2014 erhobenen Klage verlangt der Kläger die Differenz zwischen der tariflichen und der ihm tatsächlich gezahlten Vergütung für die Monate August 2013 bis Juni 2014 in rechnerisch unstreitiger Höhe.

Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn € 581,88 nebst Zinsen iHv. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 26.07.2014 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Von einer weitergehenden Darstellung des unstreitigen Tatbestandes und des erstinstanzlichen Parteivorbringens wird gem. § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen und auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils vom 06.11.2014 (dort Seite 2-4) Bezug genommen. Das Arbeitsgericht hat der Klage mit dem genannten Urteil stattgegeben und die Berufung zugelassen. Zur Darstellung der maßgeblichen Entscheidungsgründe wird auf Seite 5-6 dieses Urteils verwiesen.

Gegen das ihr 22.11.2014 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 16.12.2014 Berufung eingelegt und diese innerhalb der bis zum 23.02.2015 verlängerten Begründungsfrist am 23.02.2015 begründet.

Sie macht im Wesentlichen geltend, kein Arbeitsvertrag, den der Kläger mit ihren Rechtsvorgängerinnen abgeschlossen habe, e...

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