Entscheidungsstichwort (Thema)

Diebstahl. Selbstmordabsicht. Tabellen. Entwendung und Kündigung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Wegnahme eines fremden Gegenstands, kann grundsätzlich einen wichtigen Grund i.S.v. § 626 Abs. 1 BGB für eine außerordentliche Kündigung darstellen, selbst wenn ein Verschulden des Arbeitnehmers fehlen sollte.

2. Entwendet ein Altenpfleger geringe Mengen von Medikamenten, die bereits einzelnen Patienten zugeteilt sind, ohne dass die Zuteilung der Medikamente durch das Verhalten gefährdet ist, liegt keine grobe Verletzung der Vertrauensstellung vor, auch wenn der Altenpfleger Zugang zu sämtlichen Medikamenten hat.

 

Normenkette

BGB § 626

 

Verfahrensgang

ArbG Koblenz (Urteil vom 13.09.2005; Aktenzeichen 10 Ca 4394/03)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 13.09.2005 – Az: 10 Ca 4394/03 – wie folgt abgeändert:

Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis mit Ablauf des 31.01.2004 aufgrund ordentlicher arbeitgeberseitiger Kündigung vom 24.09.2003, 08.10.2003 endet. Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens auch des Revisionsverfahrens haben die Parteien je zur Hälfte zu tragen.

Die Revision an das Bundesarbeitsgericht wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob das Arbeitsverhältnis der Parteien, in dessen Rahmen die Klägerin seit 1992 als examinierte Altenpflegerin beschäftigt war, durch die Kündigung der Beklagten vom 24.09.2003, welche als außerordentliche und vorsorglich ordentliche Kündigung erklärt wurde, beendet worden ist.

Die Kündigung hat die Beklagte auf einen am 23.09.2003 entdeckten Diebstahls von Medikamenten gestützt, wobei die Klägerin insgesamt 17 Tabletten des Schlafmittels Adumbran unstreitig entnommen hat. Das Landesarbeitsgericht hat in dem Verfahren 6 Sa 844/05 am 05.01.2006 auf die Berufung der Klägerin das Urteil des Arbeitsgerichtes Koblenz vom 13.09.2005 – Az: 10 Ca 4394/03 – dahingehend abgeändert, dass das Arbeitsverhältnis mit Ablauf des 31.01.2004 aufgrund ordentlicher arbeitgeberseitiger Kündigung endet und hat der außerordentlich erklärten fristlosen Kündigung die Wirksamkeit versagt.

Die Beklagte hat ein Verfahren wegen Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör eingeleitet, woraufhin das Bundesarbeitsgericht mit Beschluss vom 18.01.2007 der Beschwerde stattgegeben, das Urteil aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung zurückverwiesen hat.

Im Wesentlichen ist dies damit begründet worden, dass der Vorsitzende im Prozesskostenhilfebeschluss vom 27.12.2005 für die Berufung der Klägerin keine Erfolgsaussicht sah, während das Berufungsgericht in voller Besetzung der außerordentlichen Kündigung ihre Wirksamkeit versagte. Hierauf hätte der Beschwerdeführer, die Beklagte, hingewiesen werden müssen, damit die Beklagte hätte zum Zusammenhang zwischen der strafbaren Handlung und den arbeitsvertraglichen Aufgaben der Klägerin ergänzend Stellung nehmen können.

Die Klägerin führt weiter aus,

dass jeder der 76 Heimbewohner ein so genanntes Medikamenten-Kästchen habe, in denen jeweils ca. 20 Adumbran Schlaftabletten auf Vorrat gehalten würden. Aus diesem Grunde sei es, da sie die 17 Tabletten aus verschiedenen Kästchen der Heimbewohner unerlaubt an sich genommen habe, die Medikamentierung, die in der Ruhigstellung bestünde, nicht gefährdet gewesen, zumal insgesamt 500 bis 1.000 Schlaftabletten Adumbran vorhanden gewesen seien.

Das Alter, die Betriebszugehörigkeit und der Zeitpunkt der beanstandungsfreien Zeit der Klägerin bei der Beklagten würden dazu führen, den geringfügigen Verfehlungstatbestand nicht zu einem wichtigen Grund werden zu lassen.

Die Klägerin beantragt:

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz zu Aktenzeichen 10 Ca 4394/03 vom 13.09.2005 aufgehoben und die Beklagte gemäß dem erstinstanzlichen Antrag zu 1 verurteilt.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.

Sie führt ergänzend aus,

dass die Wegnahme der Medikamente durch die Klägerin den objektiven Tatbestand des Diebstahls verwirkliche und damit eine erhebliche Vertragsverletzung und damit einen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung darstelle. Die Frage, ob bei der Klägerin ein schuldhaftes Verhalten vorgelegen habe, interessiere nicht, da es nicht auf die strafrechtliche Bewertung im engeren Sinne ankommen könne. Auch die Geringwertigkeit der Sache stehe der Annahme nicht entgegen, in der Entwendung einen wichtigen Grund zu sehen.

Das Landesarbeitsgericht hätte die Arbeitsunfähigkeit der Klägerin nicht in der Interessensabwägung berücksichtigen dürfen, da der maßgebliche Zeitpunkt der Beurteilung der Ausspruch der Kündigung sei.

Zudem sei eine Weiterbeschäftigung auch nur bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist aufgrund der Schwere des Fehlverhaltens der Klägerin nicht zumutbar gewesen, zumal die Klägerin aufgrund ihres Aufgabenbereiches als Altenpflegerin in der von ihr eingenommenen Vertrauensstellung Zugang zu sämtlichen Medikamenten...

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