Entscheidungsstichwort (Thema)

Außerordentliche Kündigung des Berufsausbildungsverhältnisses wegen herabsetzenden Äußerungen über den Betriebsleiter

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Grobe Beleidigungen des Arbeitgebers oder seiner Vertreter und Repräsentanten oder von Arbeitskollegen, die nach Form und Inhalt eine erhebliche Ehrverletzung für den Betroffenen bedeuten, stellen einen die fristlose Kündigung "an sich" rechtfertigenden Grund dar.

2. Die Wiedergabe einer gegebenenfalls unzutreffenden Mitteilung einer Äußerung eines Repräsentanten des Arbeitgebers durch einen anderen Auszubildenden stellt sich jedenfalls nicht als derart schwerwiegende Pflichtverletzung dar, dass sie ohne vorherige Abmahnung eine außerordentliche Kündigung des Ausbildungsverhältnisses rechtfertigt.

 

Normenkette

ArbGG § 111 Abs. 2; BBiG §§ 16, 21 Abs. 2, § 22 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3; BGB § 626 Abs. 1; ZPO § 256 Abs. 1, § 301 Abs. 1, § 318

 

Verfahrensgang

ArbG Koblenz (Entscheidung vom 07.09.2017; Aktenzeichen 7 Ca 4072/16)

 

Tenor

  • I.

    Die Berufung des Beklagten gegen das Teil-Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 07.09.2017 - 7 Ca 4072/16 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

  • II.

    Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung des Berufsausbildungsverhältnisses.

Der 1996 geborene Kläger nahm aufgrund Berufsausbildungsvertrags vom 20. Februar 2014 (Bl. 5 d. A.) zum 01. August 2014 beim Beklagten, der in B-Stadt das Hotel-Restaurant "Z" betreibt, eine Ausbildung zum Koch auf. Die Ausbildungszeit sollte zum 31. Juli 2017 enden.

Unter dem 02. November 2016 übersandte der Kläger dem Beklagten folgendes Schreiben (Bl. 6 d. A.):

"Hallo Chef,

beigefügt sende ich Ihnen meine Krankmeldung. Montag und Dienstag war die Arztpraxis geschlossen.

Aber es gibt noch etwas anderes zu klären. Als N.O. am Sonntag von meiner Krankmeldung erfahren hat, hat er gesagt, dass mir folgendes mitgeteilt werden soll: "Der soll verrecken, das Arschloch. Der kann seine Messer und Kochjacken holen. Der braucht nicht mehr kommen."

Am Montag wurde mir mitgeteilt, dass N. wiederholt hat, dass er mich rausschmeißen will und ich nicht mehr kommen brauche. Später sagte er: "Den schicke ich für eine Woche in Urlaub. Aber ich mache es wie mit der M.. Ich lasse ihn am Donnerstag kommen und teile ihm dann mit, dass er Urlaub hat."

Das hat er schon einmal getan. Als ich aus meinem letzten Urlaub zurückkam, hat mir N. ebenfalls mitgeteilt, dass mein Urlaub sich verlängert hat.

Da N. mir in der Vergangenheit auch schon mehrfach mit Schlägen und Verbrennungen gedroht hat, kann und werde ich dieses erbärmliche und bösartige Verhalten jetzt nicht mehr länger tolerieren.

Ich habe mich niemals darüber beschwert, jeden Tag 12 - 14 Stunden zu arbeiten oder immer wieder mal die Mittagspause durcharbeiten zu müssen. Ich habe auch schon manches Mal gearbeitet, obwohl bekannt war, dass ich krank war. Das habe ich getan, weil mir der Beruf des Kochs Spaß macht und ich meine Kollegen nicht im Stich lassen wollte.

Wenn ich aber zuhause bleibe, weil es mir wirklich dreckig geht und ich mich über Nacht mehrfach übergeben muss und dann nach meiner Krankmeldung vom Küchenchef aufs Übelste beschimpft werde, ist das nicht nur absolut asozial, sondern es nimmt engagierten Mitarbeitern jeglichen Spaß an der Arbeit.

Deshalb bitte ich Sie, N. sehr deutlich klarzumachen, dass ich mir zukünftig solche Unverschämtheiten nicht mehr gefallen lassen werde und er das zukünftig zu unterlassen hat. Weiter erwarte ich, dass N. sich vor allen Beteiligten bei mir für seine Äußerungen zu entschuldigen hat.

(...)"

Weiterhin wandte sich der Vater des Klägers mit Schreiben vom 06. November 2016 (Bl. 7, 8 d. A.) an den Beklagten und bat um ein gemeinsames Gespräch. Am 12. November 2016 fand zwischen den Parteien ein Personalgespräch statt, an dem auch der Vater des Klägers und der Prozessbevollmächtigte des Beklagten teilnahmen.

Mit Schreiben vom 15. November 2016 (Bl. 9 d. A.), dem Kläger am gleichen Tag zugegangen, kündigte der Beklagte das mit dem Kläger bestehende Berufsausbildungsverhältnis außerordentlich zum 15. November 2016 unter Angabe folgender Kündigungsgründe:

"Der Kündigung wird folgende Begründung gegeben.

Am 03.11.2016 schickten Sie eine Krankmeldung, wie Sie es bezeichneten persönlich ab. Sie führten aus, die Arztpraxis habe Montag und Dienstag geschlossen. Am 04.11. überreichten Sie persönlich eine weitere Krankmeldung.

In einem persönlichen Gespräch wurde Ihnen versucht näher zu bringen, dass eine Krankmeldung und die Übergabe eines Krankenscheins unterschiedliche Rechtsvorgänge sind und dass Sie bei einer Erkrankung verpflichtet sind sich bei Bekanntwerden der Erkrankung arbeitsunfähig bzw. einsatzunfähig zu melden und dies im Weiteren durch eine entsprechende ärztliche Bescheinigung zu belegen.

Daraufhin veranlassten Sie die Fertigung eines Schreibens durch Ihren Vater mit Datum vom 06.11.2016, die zusammen mit Ihrem Schreiben und den weiteren Vorfällen G...

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